Ein Sommer als Sennerin
Helena Planitscher (20) erlebt aufregenden Sommer in den Berchtesgadener Alpen

05.10.2024 | Stand 05.10.2024, 13:58 Uhr |

Helena Planitscher führte als Sennerin die Herde heimwärts: traditionell mit weißer Schürze und mit Almrausch geschmücktem Holzstecken. Zusätzlich verteilte sie kleine Almrauschbüscherl. − Fotos: Molkerei

Am Wochenende fand traditionell einer der Almabtriebe in der Ramsau im Berchtesgadener Land statt. Es war der erste Almsommer von Helena Planitscher – und es wurde ein sehr aufregender.

  

Der Unfall einer trächtigen Kuh ging zum Glück glimpflich aus, als Einhorn brachte sie am Ende allen Glück, so dass aufgekranzt – also mit Fuikl geschmückten Kühen – abgetrieben werden konnte. Das Scheffaulehen ist eine von 16 Ramsauer Bauernhöfen der Molkerei Berchtesgadener Land, die ihre Kühe im Sommer auf die Kallbrunn treiben. Hinzu kommen 14 weitere Betriebe von Weißbach bei Lofer von Österreich. Mit insgesamt 30 Almbauern ist die Kallbrunnalm eines der größten Almgebiete in den Ostalpen.

Vier Wochen wird gemeinsam gekäst



Die ersten vier Wochen wird in der eigenen Käserei auf dem Almgelände gemeinsam gekäst. Die restliche Almzeit wird die Milch der bayerischen Kühe alle zwei Tage in Tanks auf einen Unimog gehoben, zum Triebenbachlehen in die Ramsau gefahren und dort in den Milchsammelwagen der Molkerei Berchtesgadener Land gepumpt, wie die Molkerei berichtet.

Einer der 16 bayerischen Betriebe ist das Scheffaulehen mit dem dazugehörigen Scheffaukaser auf dem Kallbrunner Almgelände. Dieses Jahr betreute die aus Königssee stammende Helena Planitscher die neun Kühe, sechs Jungrinder und drei Kälber vom Scheffaulehen. Der Bergbauernhof wird seit 2008 nach Naturland-Bio-Richtlinien bewirtschaftet. Es war Helenas erster Almsommer.

Gamsei wäre fast 200 Meter abgestürzt



Im richtigen Leben ist die 20-jährige Fleischfachverkäuferin und hat sich nach der abgeschlossenen Winterschule in der Landwirtschaftsschule in Traunstein diese Auszeit auf der Alm gegönnt. „Tiere hat die Helena schon von klein auf geliebt, egal ob Katzen, Hunde oder Ziegen – und jetzt sind es die Kühe, die sie ins Herz geschlossen hat“, erzählt ihre Oma Lydia. Doch dass der Sommer so aufregend verlaufen würde, das hätte sich Helena nicht vorstellen können. Gamsei, die hochträchtige Fleckviehkuh rutschte am 13. Juli unglücklich aus und wäre dann fast 200 Meter abgestürzt.

Wie durch ein Wunder blieben aber Kuh und Kalb unverletzt – zumindest fast. Seither ist Gamsei die Einhorn-Kuh in der Herde. Während der überraschende Wintereinbruch Mitte September auf vielen Almen für Aufregung sorgte, war das auf dem Scheffaukaser kein Problem. Denn dort gehen Mensch und Tier traditionell bereits Ende August talwärts.

Helena will nächsten Sommer wieder dabei sein



Von der 1450 Meter hoch gelegenen Kallbrunnalm wird die Herde auf die Engert-Alm getrieben. Sie befindet sich geschützt im 700 Meter hochgelegenen Klausbachtailm Nationalpark Berchtesgaden. Auch sie gehört schon seit 1386 als Niederalm zum Scheffaulehen. Zur Alm gehören 12,5 Hektar Licht- und Waldweide. Dort verbrachten die Kühe die letzten vier Wochen ihres Almsommers, um Ende September endgültig nach Hause zu kehren.

Weil abgesehen vom „Einhorn“ alle Tiere den Almsommer über gesund und wohlbehalten geblieben sind und auch sonst in der Familie kein Todesfall war, konnte Helena die Kühe mit über viele Stunden und Wochen angefertigten Fuikl und Bauchkränze geschmückt nach Hause treiben. Und das Fazit der Erstsennerin: „Mich hat das Almfieber gepackt, dieser Sommer auf der Alm war wunderschön und aufregend – im nächsten Jahr bin ich auf jedem Fall wieder dabei.“

− red

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