Bischofswiesen
Fast täglich grüßt der Fischotter

Teichwirt Thomas Resch: „Alles steht auf dem Spiel“ – Unterstützung aus der Politik gefordert

28.12.2022 | Stand 17.09.2023, 6:43 Uhr

Die Brut und die Sömmerlinge wachsen geschützt im Keller des Hauses auf. −Fotos: Kilian Pfeiffer

Von Kilian Pfeiffer

Als es vor gut einer Woche schneite waren die Fischotterspuren gut zu sehen. „Er ist fast jeden Tag da“, sagt Thomas Resch, Teichwirt und 2. Bürgermeister Bischofswiesens. In der 19 Becken umfassenden Fischzucht Stanggaß gedeihen 40000 Regenbogenforellen, von der Brut bis zum ausgewachsenen Fisch. Mehrere Becken sind gesperrt, weil die Forellen dort für den Otter ein gefundenes Fressen sind. „Der Räuber ist schlau“, weiß Landwirt Resch, „der Schaden groß.“

Die kleine Rutschbahn im Schnee führt direkt ins Wasser. „Das war der Fischotter“, sagt Thomas Resch. „Beim Rutschen hat er Spaß.“ Gemeinsam mit seiner Ex-Frau Veronika führt er die Fischzucht unweit des Böcklweihers in Bischofswiesen. Der Schwiegervater hatte diese Mitte der 1950er-Jahre aufgebaut. Resch, ausgebildeter Zimmerermeister, stieg Mitte der 1990er-Jahre mit ins Fischgeschäft ein. Von der Zucht über die Pflege der Becken bis hin zum Schlachten und Räuchern machen die Beiden alles gemeinsam. Vergleichbare Teichwirtschaften dieser Größe gibt es in der Region nicht viele. Das Geschäft gilt als schwierig, auch wenn die Nachfrage nach Fisch allgemein groß ist. Die bürokratischen Auflagen mit denen Teichwirte konfrontiert sind, seien gewaltig, weiß Thomas Resch. Kleine Forellenzuchten schließen, neue kommen nicht hinzu. Zu teuer, zu wenig lukrativ, sagt der Teichwirt.

Stromführende Zäune keine Abschreckung

Eine weitere Schwierigkeit kommt auf krallenbewehrten Pfoten daher: Seit nunmehr zwei Jahren kommt der Fischotter zu Thomas und Veronika Resch auf Besuch, ungebeten und regelmäßig. Er dringt lautlos ein und meist ohne Spuren zu hinterlassen – bis auf jene kürzlich im Schnee. Fünf der Becken liegen direkt am Zulauf des kleinen Bächleins, das die Fischzucht speist und das aus einem quellenreichen Gebiet weiter oben entspringt. Die Becken am Bachrand sind so angelegt, dass der Fischotter problemlos aus dem Bach heraus einsteigen kann. Da helfen selbst die stromführenden Zäune nichts, die die Becken im besten Fall schützen sollen. Kürzlich wurde der Stromfluss am Zaun durch all den Neuschnee behindert. „Ich konnte meine Fische wiederholt nicht verteidigen“, sagt Resch. Er wirkt ratlos. Vergleichbar sei das mit einem „Kampf gegen Windmühlen“.

Eine vierstellige Anzahl an Fischen hat der Fischotter bereits getötet. Anfangs fiel es Thomas Resch nicht mal auf, denn ein Blutbad hinterließ er nicht. Bis der Bestand in einem der Becken augenscheinlich schrumpfte – und Thomas Resch plötzlich klar war, dass ein ungebetener Gast das reichhaltige Nahrungsangebot nutzt. Bei einem der Otterschäden bekam er Entschädigung. Die reichte aber bei Weitem nicht aus, um den Ausfall zu kompensieren. Resch hat Sorge, dass sich solche Vorfälle wiederholen.

Keine Subventionen für Teichwirte

Untätig an der Seite des Fischotters zu leben, sei wie ein „betriebswirtschaftlicher Selbstmord“, so der Teichwirt. Das Problem: Angekündigte EU-Förderungen zum Schutz der Becken lassen auf sich warten. „Wenn ich jetzt selbst Geld in weitere Schutzmaßnahmen stecke, kann es sein, dass morgen alles wieder anders ist“, sagt Thomas Resch. „Ich sitze da mit den Almbauern, die gegen den Wolf aufbegehren, im selben Boot.“ Fragen, auf die er noch keine Antwort weiß, quälen Thomas Resch: Wie kann er sich bestmöglich gegen den Fischotter schützen? Auf Raubzug könnte eine Fischotterfamilie den Betrieb in deutliche Schieflage bringen. Erschwerend kommt hinzu, dass Teichwirte zwar als landwirtschaftlicher Betrieb gewertet werden. „Das alles steht nun auf dem Spiel“, sagt er. Subventionen gibt es für Teichwirte im Übrigen keine. „Ich mag von meinem eigenen Betrieb leben können“, sagt Resch.

Die Zahlen klingen gut: Zehntausende Brütlinge und Sömmerlinge – Forellen, die weniger als ein Jahr alt sind – gedeihen in weitestgehender Dunkelheit im Keller der Fischzucht. Rund 20 Monate dauert es, bis ein Fisch schlachtreif ist. In industriellen Betrieben geht der Prozess schneller. „Aber genau davon wollen wir uns ja unterscheiden“, sagt Thomas Resch, dessen Kunden zum großen Teil Gastronomen aus der Region sind. Der Selbstvermarktungsanteil, etwa über den Hofladen oder bei Bauernmärkten, ist spätestens seit der Corona-Pandemie gewachsen, sagt Thomas Resch.

In der Natur würden von den vorhandenen 40000 Brütlingen, Sömmerlingen und Setzlingen, die Teichwirt Resch in den Becken hat, weit mehr als 99 Prozent verenden oder gefressen werden. Die Ausfallquote bei der Aufzucht liegt bei rund zehn Prozent. Unter Beihilfe eines unerwünschten, aber fleißigen Fischotters könnte der Wert schnell nach oben schießen. Der Fischreiher, ebenfalls Jäger rund um die Fischzuchtbecken, sei mittlerweile das deutlich geringere Übel. Zumal dessen Beutezug mengenmäßig geringer ausfalle.

Durch die Becken getaucht und verschwunden

Thomas und Veronika haben schon alles versucht, um dem schlauen Fischotter Herr zu werden – bislang ohne nachhaltigen Erfolg. An einem Becken haben die Reschs Spuren des Otters gefunden. Einer wollte sich durch das Erdreich graben, ein anderer hat Teile des Betons „herausgearbeitet“. Am Ende blieb er erfolglos. Die Wildtierkameras haben das Dasein des Otters mehrfach bestätigt. „Ich habe ihn schon durch die Becken tauchen sehen“, sagt Resch. Am Ende verschwand das possierliche Tier so schnell wie es gekommen war. Ein anderes Mal barg Resch eine Wasserleiche: Ein Fischotter war im Becken verendet. „So kann das nicht weitergehen“, sagt Resch und erwartet sich politische Unterstützung. Der Fischotter ist streng geschützt und dessen Appetit ist groß, denn auch die im Bach in unmittelbarer Umgebung lebenden Edelkrebse, Handteller große Süßwasserkrebse, fallen in das Beuteschema und gehören zur Leibspeise des Räubers. Der Bestand habe sich in den vergangenen Jahren deutlich reduziert, weiß Resch. „Sie sind leichte Beute. Seitdem der Otter Präsenz zeigt, trifft man den Krebs nur noch selten an.“