„Ich möchte den Moment einfangen – des Gefühls, des Empfindens, der visuellen Eindrücke. Es ist ja immer alles gleich wieder verschwunden und weg. Wenn man es in Worte fasst und niederschreibt, bleibt es einfach“, beschreibt Elfriede Wagner aus Dietzling ihre Triebfeder für ihr zweites Buch „Meine Waldgedanken“.
Die Idee entstand letztlich dadurch, dass sie von ihrem Haus in Dietzling immer durch ein kleines Waldstückerl am Högl zu Fuß zur Arbeit geht. „Ich habe gemerkt, wie gut mir das tut, wenn man sich bewusst im Wald bewegt und wenn man mit den Jahreszeiten so ein bisserl mitgeht und mitfühlt. Dann sind irgendwann die Gedanken dazu entstanden.“ Aufgrund der wohltuenden Wirkung durch den Wald ließ sie sich auch zur Waldbaden-Trainerin ausbilden.
Arbeit mit Sinneseindrücken
Das Buch habe sie in erster Linie für sich selber geschrieben, verrät sie – aus dem inneren Bedürfnis heraus, ihre Gedanken festzuhalten. „Wenn sich der eine oder andere von einem Satz in meinem Buch berühren lässt, ist das für mich eine doppelte Freude.“ Im Gegensatz zu ihrem ersten Buch „Weil Bäume deine Wegbegleiter sind“, das Anfang 2021 erschienen ist, ein Übungsbuch mit viel Recherchearbeit dahinter, ist das neue Werk sehr subjektiv und persönlich geprägt.
Welchen Bezug Wagner zur Natur hat, zeigt der von ihr an den Anfang des Büchleins gestellte Text von Hermann Hesse. Er beginnt so: „Jede Erscheinung auf Erden ist ein Gleichnis, und jedes Gleichnis ist ein offenes Tor, durch welches die Seele, wenn sie bereit ist, in das Innere der Welt zu gehen vermag.“ Alles ist im Fluss. So geht der Leser und die Leserin zunächst mit der Autorin im Geiste an einen kleinen Waldbach, an den er/sie auch am Ende zurückkehren darf, und sinnt der Frage eines Kindes nach: „Wie alt ist das Wasser, das wir trinken?“
Fotografien und Sinneseindrücke
Die Kapitel zu den einzelnen Monaten, von Januar bis Dezember, sind aufgelockert durch Fotografien von Maximiliane Altendorfer und allgemeine Betrachtungen zu bestimmten Sinneseindrücken, zum Beispiel „Sommerregentag“. Elfriede Wagner malt mit ihren Worten Bilder, geht wie ein Kind auf Entdeckungsreise und nimmt wie mit einer Lupe, einem Makroobjektiv, die Details zu den Wundern im Wald wahr. Ein Zitat aus dem Kapitel „Herbstschlaraffenland“ zeigt ihre Herangehensweise: „Was raschelt da? Ich bleibe stehen, bewege mich nicht, keinen Millimeter.
Es sind Tannenmeisen, eine ganze Kolonie, die um mich herumschwirrt. Unbeeindruckt von meiner Anwesenheit fliegen sie hin und her und picken sich den Samen aus dem verblühten bunten Hohlzahl. Wie Kolibris tanzen die kleinen Vögel um die Pflanzen, klemmen sich mit ihren kleinen Füßchen an die Stiele, zupfen hier und da die Leckerbissen aus dem Blütengrund heraus...“ Im Winter spürt sie unter dem Schnee mit den vielen Tierspuren, wie lebendig der Waldboden im Dezember immer noch ist, und tastet sich im Laufe der Monate immer mehr an das Gefühl der Winterruhe heran. Anfang März beginnt die Frühjahrsvorfreude. „Da sind sie wieder, die weißen Teppiche der Buschwindröschen, die blauen Leber- und Josefsblümchen, die wie kleine Sterne den Waldboden überziehen.“
Forststraße als schmerzliche Trennlinie
Ab Mai nimmt die Autorin bewusst das dichte, satte Grün wahr und im Sommer die angenehme Kühle und das beruhigende diffuse Licht. Im Oktober schlendert die Leserschaft mit Elfriede Wagner durch den schillernden Herbstwald, eine ihrer Lieblingsbeschäftigungen.
Traurig macht sie, wenn breite Forststraßen eine schmerzliche Trennlinie durch den Wald ziehen, und, dass der Mensch oft gedankenlos in eine perfekt aufeinander abgestimmte Lebensgemeinschaft eindringt. Daher hofft sie, auch andere inspirieren zu können, eine achtsame neue Beziehung zum Wald aufzubauen und so auch sich selber was Gutes zu tun.
Das Buch ist erhältlich im Buchhandel, im Internet oder direkt bei Elfriede Wagner unter der Homepage www.waldbaden-im-berchtesgadener-land.de
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