Freilassing
Bürokratie bremst den Rettungsdienst aus

JU und CSU besichtigen Rettungswache und informieren sich über Schwierigkeiten

17.01.2023 | Stand 17.09.2023, 5:17 Uhr

Nicht immer ist alles so sonnig: Den Rettungswachen wie jener in Freilassing wird das Leben manchmal schwer gemacht. −Foto: BRK Freilassing

Knöllchen in Österreich und mehr Bewerber als freie Stellen: Wie Rettungswachen des Bayerischen Roten Kreuzes das Leben schwer gemacht wird.

Die Junge Union Berchtesgadener Land und die CSU Freilassing besichtigten gemeinsam die Freilassinger Rettungswache. Wachleiter Hermann Emminger und BRK-Kreisgeschäftsführer Tobias Kurz stellten die Arbeit auf der Wache vor und sprachen über aktuelle Herausforderungen.

Emminger gab zu Beginn einen Überblick über die Aufgaben der Rettungswache. Sie ist eine von insgesamt vier Rettungswachen im Berchtesgadener Land und führt überwiegend Rettungseinsätze und Krankentransporte im nördlichen Landkreis durch, heißt es im Pressebericht. Dazu stehen tagsüber ein Rettungswagen (RTW), ein Krankentransportwagen (KTW) und ein Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) zur Verfügung. Der RTW dient vorrangig der Abwicklung echter medizinischer Notfälle, der KTW hingegen führt weniger zeitkritische, in der Regel vorbestellte Krankentransporte durch. „In der Nacht entfällt der KTW und wir haben eine kleinere Besetzung“, so Emminger. Warum Berchtesgaden trotz vergleichbarer Einsatzzahlen einen RTW mehr habe, wollte JU-Mitglied Florian Mader wissen. Emminger erklärte dies mit der unterschiedlichen Einsatzstruktur und dem größeren Einsatzgebiet im Talkessel.

Insgesamt beschäftigt die Rettungswache Freilassing 20 hauptamtliche Mitarbeiter, dazu kommen 22 Ehrenamtliche. Das Berufsbild „Notfallsanitäter“ gibt es erst seit 2014 und löste den Rettungsassistenten ab.

Notfallsanitäter: Mehr Bewerber als Stellen

Der Notfallsanitäter hat mehr Befugnisse als die Rettungssanitäter und wird regelmäßig auch ohne Notarzt tätig. „Der Notfallsanitäter ist wohl einer der wenigen Lehrberufe im Gesundheitswesen, für den es aktuell mehr geeignete Bewerber gibt, als Ausbildungsstellen zur Verfügung gestellt werden dürfen. Eine Aufstockung der Ausbildungsplätze wäre daher wünschenswert und notwendig“, sagte Tobias Kurz, als er nach der Personallage gefragt wurde.

Der allgemeine Fachkräftemangel im Gesundheitswesen sei ein großes Thema und eine gewaltige Herausforderung auch für den Rettungsdienst, wie Kurz weiter ausführt. „Es werden Rettungsdienste mehr und mehr für Aufgaben herangezogen, für die sie eigentlich nicht zuständig sind. Darüber hinaus werben die Krankenhäuser und Integrierten Leitstellen um die gut ausgebildeten Notfallsanitäter.“ Kurz blickt auch deshalb mit großer Sorge in die Zukunft, wenn es um die Gesundheits- und Pflegebranche geht.

Peter Zeuner, CSU-Mitglied und VdK-Vorsitzender in Freilassing, vermutete, ob dies nicht vor allem eine finanzielle Frage sei und ob nicht eine bessere Bezahlung helfen würde. Kurz wollte dies so pauschal nicht gelten lassen und meinte, Geld allein könne das Problem nicht lösen, der demografische Wandel bedinge zunächst weniger verfügbare Mitarbeiter und um einige Jahre zeitversetzt einen stark steigenden Pflegebedarf.

Fahrten nach Österreich im rechtlichen Graubereich

Eine weitere Problematik in der täglichen Arbeit ergebe sich bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Bei Fahrten nach Österreich bewege man sich leider im rechtlichen Graubereich, da im Ausland meist andere Vorschriften gelten als in Deutschland. „Besser wäre es, wenn ein Einsatzwagen sein Recht bei Grenzübertritt ‚mitnehmen‘ könne, um die Arbeit zu vereinfachen“, so der Wunsch der örtlichen Rot-Kreuz-Führung.

Auch bei Autobahnfahrten in Österreich müsse ein hoher bürokratischer Aufwand betrieben werden, damit keine Maut gezahlt werden müsse. Das sei so umständlich, dass der BRK-Kreisverband dazu übergegangen sei, die Einsatzfahrzeuge mit einer Vignette auszustatten, da dies einfacher sei, als ständig alle Bußgeldbescheide zeitaufwändig nachzubearbeiten. „Die EuRegio ist in diesen Fragen schon tätig geworden, auch das Bayerische Innenministerium ist an Bord. Wir hoffen, dass diese Dinge bald im Sinne eines praxisgerechten grenzübergreifenden Rettungsdienstes geregelt werden können“, sagt Tobias Kurz. Die Junge Union unterstützt die Bemühungen der EuRegio, will aber noch einen Schritt weitergehen: „Hier müssen im besten Fall Verbesserungen auf europäischer Ebene geschehen, denn unsere Region wird diese Probleme nicht alleine habe“, so JU-Kreisvorsitzende Hannah Lotze.

Zuletzt gab Kurz noch einen Einblick in die Gründungsgeschichte des Roten Kreuzes, das ursprünglich vor allem in Kriegen zur Versorgung der Verwundeten gedacht war. Erst später kam die zivile Rettung und die Krankenpflege hinzu. Die besondere Stellung des Bayerischen Roten Kreuzes als Körperschaft öffentlichen Rechts stammt aus der Nachkriegszeit, als schnell eine handlungsfähige Organisation zur Betreuung der vielen Kriegsflüchtlinge aufgebaut werden musste.

Nach dem Vortrag führte Hermann Emminger noch durch das Wachgebäude. Dabei wurden auch die einzelnen Fahrzeuge vorgestellt, die alle nötigen Geräte für den Einsatz enthalten. Die Notärzte rücken zusammen mit einem Fahrer im Notarzteinsatzfahrzeug aus, wobei der Fahrer als Rettungssanitäter auch bei der eigentlichen Patientenversorgung unterstützt.

Zum Abschluss bedankten sich die Teilnehmer bei den Rot-Kreuzlern für die Diskussion und interessante Führung.

− red