Was für eine herausragende Leistung: Erik Thiele nutzte beim Welt-Olympia-Qualifikationsturnier in Istanbul seine letzte Chance, noch auf den Zug nach Paris mit aufzuspringen. Nach drei Siegen in Folge löste er als einziger deutscher Freistilringer das Olympia-Ticket. Für die weiteren Starter aus dem Bundesligakader des SV Wacker Burghausen blieb jedoch der Traum von der Paris-Teilnahme unerfüllt.
Oftmals spricht man vom Glück des Tüchtigen, das Thiele im Rahmen des Turniers für sich beanspruchte. Denn: Nachdem der Wackerianer in den vergangenen Jahren immer wieder durch unfassbares Pech an Medaillen bei Welt- und Europameisterschaften vorbeigeschrammt war, wandte sich nun endlich das Blatt zu seinen Gunsten. Der an Nummer 1 gesetzte Deutsche traf im Achtelfinale der Klasse bis 97kg auf den Nord-Mazedonier Magomedgadji Nurov, den er bei den Europameisterschaften ’24 bereits knapp besiegte. Diesmal lief hingegen zunächst alles gegen Thiele: Wenige Sekunden vor dem Ende lag er mit 1:1 aufgrund der zuletzt erzielten Wertung seines Gegners in Rückstand, bevor sich Nurov in der letzten Sekunde zu einem unnötigen Schlag hinreißen ließ, der vom Kampfgericht mit einer Verwarnung und dem entscheidenden Punkt zu Thieles Sieg sanktioniert wurde.
Nicht weniger spannend und dramatisch verlief das Viertelfinalduell, in dem Thiele auf den Usbeken Magomed Ibragimov traf. Wieder entwickelte sich ein Kampf, in dem bis zuletzt nichts auf einen Sieg des Burghausers hindeutete. Der Usbeke führte zur Pause 2:0. Doch Thiele bewies, dass es sich lohnt, bis zum Ende alles zu geben: Mit dem Mute der Verzweiflung griff er vier Sekunden vor dem Ende nochmals ungestüm an, brachte seinen Gegner damit total aus dem Konzept und drehte ihn Bruchteile einer Sekunde noch einmal um seine Längsachse. Damit glich der Burghauser zum 2:2 aus und sicherte sich gerade noch den Halbfinaleinzug.
Dort traf er im entscheidenden Kampf um das Ticket nach Paris auf Radu Lefter. Thiele war von Minute eins an am Drücker und beförderte den Moldawier dreimal aus der Ringfläche, was jeweils mit einem Wertungspunkt belohnt wurde. Am Ende ließ er die letzten Sekunden souverän von der Uhr laufen, um mit einem 3:0-Punktsieg die Qualifikation einzufahren.
Im Limit bis 57 kg war mit Vladimir Egorov ein weiterer Burghauser am Start, der sich in der Hoffnungsrunde geschlagen geben musste, genauso wie der Franzose Zelimkhan Khadjiev bis 74kg. SVW-Neuzugang Mohammad Mottaghinia aus Spanien verabschiedete sich bereits nach dem Achtelfinale aus dem Turnier. Auch für die weiteren deutschen Freistilringer war spätestens im Viertelfinale Schluss, darunter Horst Lehr (bis 57kg), Andre Clarke (bis 65k), Shamil Ustaev (74kg), Lars Schäfle (bis 86kg) und Gennadij Cudinovic (Schwergewicht). Bei den Damen erfüllte sich Anastasia Blayvas bis 50kg ihren Olympia-Traum: Nach einem 6:1 im entscheidenden Halbfinalkampf gegen Miesinnei Mercy Genesis (Nigeria) schnappte sich die Deutsche das Ticket.
Bei den deutschen Greco-Ringern konnte sich in Istanbul hingegen niemand qualifizieren. Lukas Lazogianis (bis 98kg), Etienne Kinsinger, der für den Verletzten Wackerianer Witalis Lazovski ins 67-kg-Limit rückte, und Hannes Wagner (bis 87 kg) konnten ihre Chancen nicht nutzen. Das galt auch für die SVW-Akteure im griechisch-römischen Stil. Christopher Kraemer ging nach überstandener Verletzung in der Klasse bis 60kg an den Start, in der er in der Hoffnungsrunde verlor. Auch für Idris Ibaev (bis 77kg) sollte sich sein Traum von den Olympischen Spielen nicht erfüllen – er schied knapp im Viertelfinale aus. Das gleiche Schicksal widerfuhr dem Norweger Felix Baldauf.
− rh
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