Marktl
Vor dem Menschen kommt die Puppe

Einweihung der Schulerweiterung gibt Einblick in die Ausbildung der Pflege in der Hans-Weinberger-Akademie

07.05.2023 | Stand 07.05.2023, 10:43 Uhr |

Die Einweihung fand auf der Dachterrasse, dem Pausenhof der Schule, statt. Mit dabei waren (von links): Pfarrer Peter Meister, Landrat Erwin Schneider, stv. HWA-Vorsitzender Dr. Claus Heislbetz, Referatsleiterin für die HWA-Schulen Isabel Kalberlah, Bürgermeister Benedikt Dittmann, AWO-Landesvorsitzende Nicole Schley, Altbürgermeister Hubert Gschwendtner und Schulleiter Werner Karl. −Fotos: Wetzl

Seit zwölf Jahren ist die Hans-Weinberger-Akademie (HWA) mit ihrer Pflegefachschule in Marktl und in dieser Zeit mehr als heimisch geworden. Die Notwendigkeit, genügend Pflegekräfte auszubilden, ist mit dem oft zitierten Pflegenotstand deutlicher geworden, und so haben sich die Schülerzahlen in den letzten fünf Jahren rasant erhöht. Ihre Zahl stieg von 76 auf nun 145. Dieser Andrang hatte zur Folge, dass die Schule in der Bruckbergstraße mit ihren vier Klassenzimmern entschieden zu klein geworden ist und eine Erweiterung akut wurde. In weniger als einem Jahr errichtete die Gemeinde für 1,8 Millionen Euro einen Erweiterungsbau, der bereits seit Jahresbeginn genutzt wird und nun am Samstag in einer Feierstunde auch offiziell in Betrieb genommen wurde. Daran schloss sich ein Tag der offenen Tür. Insbesondere Interessenten an einer Pflegeausbildung konnten sich detailliert über das Niveau und das so praxisnahe Lernen an Puppen informieren.

Dabei hat sich seit zwei Jahren die Ausbildung grundsätzlich geändert. Vorbei sind die Zeiten, in denen zwischen Krankenschwestern und Altenpflegerinnen unterschieden wurde. Es gibt nur noch eine einheitliche Ausbildung zur Pflegefachkraft. Geblieben ist allerdings eines: die Pflege ist weiblich. Laut Schulleiter Werner Karl liegt der Frauenanteil auch heute noch bei gut 80 Prozent. Die Ausbildung selbst dauert drei Jahre, ist für die Bewerber selbst kostenfrei, die Träger, also Heime und Krankenhäuser, müssen sich aber beteiligen. Die aktuelle Ausbildung ist grundsätzlicher, betrifft alle Bereiche der Pflege. Auch wer Altenpflegerin werden will, muss sich damit befassen, wie Säuglinge oder Kinder richtig behandelt werden. Umgekehrt gilt das ebenso. Wer als Berufsziel anstrebt, in einem OP zu arbeiten, muss erst einmal das grundsätzliche Programm durchlaufen und lernt alles über die richtige Pflege. Zusätzlich gibt es die einjährige Ausbildung zum Pflegehelfer bzw. zur Pflegehelferin.

Die HWA hat mit der Erweiterung die Ausbildung noch einmal deutlich verbessert und rund 250000 Euro ihrerseits investiert. Im Mittelpunkt stehen dabei lebensecht geformte Puppen, an denen die Schülerinnen üben können, um Abläufe, die richtigen Handgriffe und das passende Vorgehen so lange zu trainieren, bis alles vertraut ist. Dafür gibt es auch einen eigenen Raum für die Pädiatrie-Ausbildung mit entsprechenden Geräten und Puppen. Isabel Kalberlah leitet das Referat Schulen bei der HWA und freut sich über die gute Ausstattung der Marktler Einrichtung. Sie nutzte den Tag auch, um bei jungen Besuchern Interesse am Pflegeberuf zu wecken.

Der Festakt zur Einweihung fand auf der Dachterrasse des Neubaus statt. Diese Terrasse ist teilweise überdacht, der Lift fährt bis zu ihr hinauf und sie dient als Pausenhof. Die Fassade aus Lärchenholz unterstreicht das schöne Ambiente.

Schulleiter Werner Karl eröffnete die Feierstunde mit einer Rückschau auf die dramatische Zeit der Ansiedlung vor zwölf Jahren. Dringend suchte die Akademie damals Räume, weil die zuvor genutzten in Neuötting weggefallen waren. Marktl hatte eine neue Grundschule gebaut und nun im Altbau freie Räume. Altlandrat Seban Dönhuber und der damalige Bürgermeister Hubert Gschwendtner fädelten den Umzug an den neuen Standort ein. Schon zwei Monate später begann der Unterricht. Was die damit eingeleitete Zusammenarbeit mit Marktl betrifft, so verteilt Karl viel Lob: „Alle Beschlüsse im Gemeinderat, die unsere Schule betreffen, fielen einstimmig; das zeugt von großem Einverständnis.“

Bürgermeister Benedikt Dittmann sprach von einer Erfolgsgeschichte für Marktl und drückte seine Freude aus, dass die nunmehrige Erweiterung unfallfrei verlaufen sei. Probleme seien stets schnell gelöst worden. So half die Grundschule in der Bauzeit mit Ersatzräumen aus und am Dultplatz wurden Parkplätze für die Schüler eingerichtet. Für den Bau habe die Gemeinde noch eine KfW-Förderung bekommen, ansonsten keine überregionalen Zuschüsse, aber vom Landkreis 150000 Euro. Beheizt werde die Schule mit Hackschnitzel, die örtliche Landwirte liefern.

Landrat Erwin Schneider betonte die Bedeutung persönlicher Kontakte im „Biotop der Politik“ und wie wichtig der richtige Umgang miteinander sei. Die Pflegeausbildung nannte Schneider ganz wichtig, weil die Zahl der Pflegebedürftigen in den nächsten Jahren noch deutlich steigen werde.

Den kirchlichen Segen erteilte dem Neubau Pfarrer Peter Meister. „Der Segen ist keine Versicherung, aber er drückt aus, was wir von Gott erhoffen“, betonte Meister. Als Ministranten standen ihm Dr. Claus Heislbetz aus Franken, stv. Vorstandsvorsitzender der HWA, sowie Bürgermeister Dittmann zur Seite. Zu Gast waren auch Altbürgermeister Hubert Gschwendtner und AWO-Landesvorsitzende Nicole Schley. Arbeiterwohlfahrt und HWA sind ja eng miteinander verbunden.

Umrahmt wurde die Einweihung vom Duo Cathie Stevens und Udo Dzierzankowski aus Kirchdorf am Inn. Mit Gitarre und Bratsche spielten sie englisch-irische Reels und auch einige Eigenkompositionen. Für das Büfett zuständig waren Christa Grabmeier und Hanni Schneidermeier. Die HWA betreibt in Bayern acht Schulen an sechs Standorten; neben Marktl sind das München, Eichstätt, Fürth, Schweinfurt und Aschaffenburg.

− rw


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