Altötting
Soja und Zeder trotzen der Trockenheit

Geringer Niederschlag in Herbst und Winter hinterlässt Spuren – Bauern und Förster reagieren

19.03.2023 | Stand 17.09.2023, 0:47 Uhr

Bäume wie diese Elsbeere werden künftig häufiger im Landkreis zu sehen sein. Die Elsbeere kommt mit Wärme und Trockenheit gut zurecht. −Foto: dpa/ Christiane Gläser

Fast kein Schnee in den Wintermonaten, in der Folge kaum Schmelzwasser und viel zu wenig Regen – die Trockenheit hinterlässt ihre Spuren in der Natur. Land- und Forstwirte sind immer mehr gefragt, sich auf die Veränderungen des Klimas einzustellen. Im Landkreis Altötting tun sie das auch mit der Suche nach Pflanzen, die mit steigenden Temperaturen und anhaltender Trockenheit besser zurechtkommen als manche heimische Art.

In Nachbarländern wie beispielsweise Italien hat die Dürre drastische Folgen: Am Gardasee strömen Touristen zu Hunderten zur Isola dei Conigli, der sogenannten Kanincheninsel. Allerdings nicht per Boot, wie üblicherweise. Sondern zu Fuß. Wegen des extrem niedrigen Wasserstandes liegt die Insel auf dem Trockenen und ist über eine Landzunge zu erreichen. Doch der neue Touristenmagnet ist nur auf den ersten Blick eine Attraktion. Für die Einheimischen bedeutet die Trockenheit ein großes Problem: Nicht nur der Gardasee ist regelrecht ausgetrocknet. Auch Flüsse wie der Po gleichen einem dünnen Bach, Schiffe liegen auf Grund.

Auch wenn es derartige Bilder in der Region nicht gibt – am Landkreis Altötting sind die trockenen Monate ebenfalls nicht spurlos vorübergegangen. „Die Niederschläge waren deutlich geringer“, sagt Dr. Bernhard Hübner, Leiter des Bereichs Landwirtschaft im Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Töging. Die Trockenheit habe bereits im vergangenen Sommer und Herbst begonnen. Trotzdem, sagt Dr. Bernhard Hübner, „haben wir immer noch Glück.“ Verglichen mit anderen Regionen in Bayern seien die Niederschlagsmengen im Landkreis recht hoch und damit „ausreichend Wasser für unsere landwirtschaftlichen Kulturen vorhanden.“ Dabei kommt den Bauern zugute, dass sie vor allem Mais anbauen, und „der braucht verhältnismäßig wenig Wasser“, erklärt Hübner. „Mais verträgt auch hohe Temperaturen.“ Schwieriger werde es mit dem Grünland, das eine wichtige Futtergrundlage ist. Das Gras komme mit den Trockenperioden deutlich schlechter zurecht, sagt Hübner. „Normalerweise wird Grünland fünf bis sechsmal gemäht.“ Müsse ein Grasschnitt ausfallen, weil es zu trocken ist und das Grün nicht wächst, bedeute das einen Verlust „von 15 bis 20 Prozent des Futters“. Das Grundfutter reiche zwar in der Regel trotzdem aus, „doch es ist auch wichtig, dass es immer einen gewissen Vorhalt an Futter gibt.“ Schließlich kann es das Grünland auch einmal sprichwörtlich verhageln oder andere Ereignisse dazu führen, dass es Einbußen bei der Futterernte gibt.

Um sich auf die veränderten Wetterbedingungen einzustellen, suchen die Landwirte in der Region nach Alternativen. Immer mehr Bauern setzten inzwischen auch auf Soja, berichtet Dr. Bernhard Hübner. Vor zehn Jahren sei Soja nur vereinzelt angebaut worden, „jetzt wird es jedes Jahr mehr.“ Für die Pflanze spreche beispielsweise, dass auch sie hohe Temperaturen mag. Neben Mais werde daher verstärkt Soja als Futterpflanze angebaut, „und zum Teil auch für Tofu“, sagt Hübner.

Auch die Förster und Waldbesitzer schauen sich angesichts des Klimawandels nach Alternativen zu den bekannten Baumarten um. Nach dem trockenen und heißen Spätsommer 2022 hätten die Bäume „sehr gelitten“, sagt Förster Gerd Eisgruber, der stellvertretender Leiter des Bereichs Forsten im Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Töging. Noch schwieriger werde die Situation dadurch, dass es in den vergangenen Monaten zu wenig geschneit habe und Schmelzwasser, das langsam in den Boden einsickert, fehlte. So sei es den Böden weniger gut gelungen, sich über den Winter von der Trockenheit des vergangenen Jahres zu erholen und das Wasserdefizit auszugleichen. „Wenn der nächste Sommer trocken und heiß wird, bekommen wir Probleme“, befürchtet der Förster.

Aktuell seien die Böden „noch einigermaßen frisch“, sodass gepflanzt werden kann. Was gepflanzt wird, verändert sich unterdessen. „Grundsätzlich achten wir mehr auf Wärme liebende Baumarten“, erklärt Gerd Eisgruber. In vielen Versuchen werde derzeit geschaut, welche Bäume sich künftig eignen. Auf Versuchsflächen werde unter anderem mit Wildobstarten wie Speierling, Elsbeere, Wildapfel und -kirsche experimentiert, sagt Eisgruber. Viele der Sorten seien in Unterfranken schon länger etabliert, erklärt der Förster. „Wir haben jetzt das Klima, das in Unterfranken vor zehn Jahren war“, der Blick in den Bayerischen Norden lohnt also. Dort habe man auch mit der Baumhasel gute Erfahrungen gemacht. Auch Atlaszeder und Libanonzeder gehören zu den Bäumen, die gut in die Region passen könnten, meint der Förster. Die Umstellung auf neue Arten brauche aber Zeit. „Die Baumschulen müssen sich darauf einstellen.“ Schließlich würden dort jetzt die Pflanzen verkauft, die vor zwei bis vier Jahren gezogen wurden.

Grundsätzlich werde in Zukunft „auf andere Baumarten gesetzt“, betont auch Georg Ertl, Vorsitzender der Waldbesitzervereinigung Altötting. „Das wird sich Zug um Zug verändern, und man muss einfach Neues ausprobieren.“ Ertl hofft, dass es in den kommenden Wochen reichlich Regen gibt, damit die neu gepflanzten Bäume gut gedeihen und der Boden Wasser tanken kann. Bisher, sagt Förster Gerd Eisgruber, sei das noch immer gelungen. „Wir hatten Trockenphasen, aber der Boden hat sich immer wieder erholt.“ Aus dieser Sicht sei die Region bisher „eine Insel der Glückseligkeit.“

− gm