Aufstiegsverzicht hat keinen Einfluss
Meisterliche Minimalisten: SV Erlbach spielt schon wieder ganz oben mit − und das hat Gründe

13.09.2024 | Stand 13.09.2024, 6:00 Uhr |

Maximilian Sammereier (r.) dirigiert das Erlbacher Spiel und ist zugleich Co-Trainer. − Foto: mb-presse

Ein Blick aufs Torverhältnis sagt viel. 10:3. In neun Spielen mit Beteiligung des SV Erlbach sind in dieser Bayernliga-Saison gerade einmal 13 Treffer gefallen. Zehn davon hat der amtierende Meister erzielt, der als einzige Mannschaft der Liga noch unbesiegt ist und nach seinem Titel-Coup auch in der neuen Spielzeit schon wieder ganz oben mitmischt, was nach einem größeren personellen Umbruch im Sommer so nicht unbedingt zu erwarten war.

„Es hat uns schon ein bisschen selbst überrascht, dass es gleich wieder so gut läuft“, bestätigt Maximilian Sammereier. Der 28-Jährige, der in seiner fünften Saison in Erlbach neben der gewohnten Rolle als Spielgestalter auch die Position des Co-Trainers übernommen hat, sorgte am Samstag mit einem Traumtor für den nächsten Dreier der Oberbayern. Beim 1:0 gegen Deisenhofen nagelte er den Ball aus 25 Metern mit dem Innenspann in den Winkel. „So ein Tor habe ich noch nie geschossen, das hat nicht nur mich sondern auch meine Mitspieler überrascht“, erzählt Sammereier schmunzelnd. Seine vorherigen Treffer erzielte er ausschließlich nach ruhenden Bällen, „das letzte Tor aus dem Spiel heraus liegt wahrscheinlich schon drei Jahre zurück“, meint Sammereier.

Eine stabile Achse und wenig Schwankungen



Das 1:0 bedeutete am Ende den fünften Saisonsieg des SVE, der zudem vier Mal Unentschieden gespielt hat und einen Zähler hinter Spitzenreiter Schalding auf Rang 4 liegt. Auch wenn dieser absolute Top-Start vielleicht etwas überraschend kommt, Gründe dafür gibt es mehrere. „Wir haben eine sehr stabile Achse, die schon länger so zusammenspielt“, urteilt Sammereier und fügt an. „Wir lassen generell nur wenige Torchancen zu, das war schon in der vorherigen Saison der Fall. Wenn wir in Führung gehen, wird es ganz schwer für die Gegner.“ Doch auch Rückschläge bringen die Erlbacher mittlerweile kaum aus der Ruhe. Mit dem Meistertitel ist der Glaube an die eigene Stärke gewachsen. Hinzu kommt: Die meisten Führungsspieler um die bärenstarke Defensivreihe Alexander Fischer (26), Wolfgang Hahn (28) und Benjamin Schlettwagner (30), Mittelfeldabräumer Christoph Obermeier (31), Torjäger Leonhard Thiel (28) oder die Steer-Brüder haben wie Sammereier schon viel Erfahrung, sorgen mit ihrer Präsenz für die nötige Stabilität. „Wir haben eine gute Altersstruktur, es gibt allgemein wenig große Schwankungen in unseren Leistungen“, sagt Sammereier, der auch die jungen Wilden lobt. „Spieler wie Flo Wiedl, Simon Hefter oder Erich Kichgessner werden immer besser, auch unsere Neuzugänge machen ihre Sache hervorragend. Und in der Mannschaft stimmt es ohnehin.“

Mit dieser Mischung aus Qualität und Teamgeist konnten die Erlbacher bisher auch den Ausfall von Spielertrainer Lukas Lechner kompensieren. Der Ex-Profi war nach seiner Knie-Operation in dieser Saison eigentlich wieder fest als zentrale Säule auf dem Platz eingeplant, doch weil das andere Knie des 35-Jährigen aktuell Probleme macht, stand Lechner bisher noch gar nicht auf dem Feld – die Erlbacher haben im Kampf um die Spitzenplätze sogar noch einen Trumpf in der Hinterhand.

Bayernliga Süd extrem ausgeglichen

Wobei: Trotz des guten Starts spricht man in Erlbach nicht von einem neuerlichen Titelkampf. „Wir haben ganz bewusst das Ziel ausgegeben, vor dem Winter so viele Punkte wie möglich zu holen, um ein entspanntes Frühjahr zu haben. In dieser Liga können schnell auch andere Phasen kommen“, meint Sammereier und spielt damit auf die extreme Ausgeglichenheit der Mannschaften an. Aktuell liegen zwischen Tabellenführer Schalding (20 Punkte) und dem neuntplatzierten FC Pipinsried nur sechs Zähler. Dass der stark verstärkte Ex-Regionalligist, den viele schon als neues Landsberg bezeichneten, aktuell nur im Mittelefeld rangiert, zeige schon die Qualität der anderen Teams, meint Sammereier, der urteilt: „Ich denke, es kann wirklich jeder jeden schlagen. Vieles kommt auf Tagesform und Wille an. Spielerisch ist wohl 1860 München II am stärksten, dann gibt es erfahrene Teams wie Schalding oder Memmingen, die wie wir nur wenig zulassen. Und dann sind da einige junge Truppen, die einen anderen, risikoreicheren Fußball spielen. Es treffen viele verschiede Ansätze aufeinander, das macht die Liga auch so reizvoll.“

„Über den Nichtaufstieg spricht niemand mehr“

Überhaupt sei die Bayernliga für einen kleinen Verein wie Erlbach nach wie vor sehr interessant. „Das sieht man auch am Zuschauerschnitt“, sagt Sammereier. Obwohl der SVE daheim bisher noch ein wirkliches Top-Spiel hatte, kamen pro Partie über 500 Fans in die Holzbau-Grübl-Arena. Dass der Verein nach dem Meistertitel auf den Aufstieg in die Regionalliga verzichtet hat, wirkte sich nicht negativ auf das Interesse der Fans aus. Und auch nicht auf die Mannschaft. „Freilich wäre es reizvoll gewesen, aber wir konnten die Entscheidung schon nachvollziehen. Viele der Jungs haben mit Erlbach schon in der Landesliga gespielt, einige haben jetzt Familie oder sind im Beruf gefordert. Für uns passt die Bayernliga wirklich ganz gut. Heute spricht im Team eigentlich niemand mehr darüber, dass wir im Sommer nicht raufgegangen sind“, erzählt Sammereier. Vielmehr würde man sogar Motivation aus dem Nichtaufstieg ziehen. „Die vorherige Saison zu bestätigten, ist für einige ein großer Antrieb“, verrät Erlbachs Co-Spielertrainer.

Und was passiert, sollte der oberbayerische Dorfverein am Ende wieder ganz vorne landen? Würde man erneut auf den Gang in die vierte Lia verzichten? „Der Verein arbeitet im Hintergrund ständig daran das Umfeld zu verbessern, sich weiter zu entwickeln und den Abstand nach oben zu verkleinern. Aber jeder weiß, wo wir herkommen. Wie gesagt: Die Bayernliga ist für den SV Erlbach nach wie vor eine sehr reizvolle und herausfordernde Sache. Alles andere wird sich zeigen“, meint Sammereier, der den Blick lieber auf die kommenden Aufgaben richtet. Diese heißen Nördlingen (Samstag, 17 Uhr), dann geht’s zum Kracher nach Schalding.

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