Sie wechseln keine großen Worte am Anfang. Einer fängt an, die anderen setzen ein. Trompete und Saxofon spielen sich gegenseitig den Ball zu, einer wiederholt die Motive des anderen, erweitert sie. Die restlichen Instrumente – Schlagzeug, Klavier, Kontrabass – bilden den Klangteppich zu Kenny Barrons „Voyage“. Es ist, als wäre es schon immer so gewesen, an diesem Freitag im Burghauser Jazzkeller im Mautnerschloss in der Altstadt. Genau genommen ist es auch seit vielen Jahren so, nur ist es dieses Mal ein wenig anders.
Seit 2000 gibt es den Impro-Abend
Seit 2000 gibt es im Jazzkeller monatliche Jam-Sessions. Musiker treffen sich, bringen ihre Instrumente mit, manch einer wagt sich auf die Bühne und spielt mit den Profis. Nachdem Wolfgang Pietsch das Format ins Leben gerufen und 15 Jahre geleitet hatte, hatten zuletzt Robert von Siemens und Ernst Reiter übernommen.
Doch der Jazz im Jazzkeller hat mit der Zeit ein wenig an Schwung verloren. Nicht selten jammten die Musiker vor halbleeren Rängen, die Zuhörer überwiegend älteren Semesters. Daher erkundigte sich der Emmertinger (Lkr. Altötting) Musiker Wolfgang Hanninger, der eine Zeit lang einen Jazzclub in der Schweiz geleitet hatte und während der Pandemie wieder in die Heimat zurückgekehrt war, ob er das Zepter in die Hand nehmen und etwas am Konzept herumschrauben dürfe. Er durfte und änderte nicht nur den Namen des Formats in „B-Jazz Jam“.
Hanninger plante wochenlang seinen Einstand im Jazzkeller und holte mit Trompeter Bastien Rieser, der in Basel lebt und wirkt, einen Virtuosen als Zugpferd nach Burghausen. Die Opener-Band ergänzten beim Neustart Pianist Ernst Kreuzmair, Bassist Christian Schantz und Schlagzeuger Matthias Gmelin.
Nachdem der letzte Ton von „Voyage“ verklungen ist, richtet Hanninger ein paar Worte an seine Zuhörer. Und die Musiker rücken die Noten zurecht – weil sie das nächste Stück nicht auswendig beherrschen. Hanninger verzeiht’s – weil es eins ist, das aus seiner Feder stammt. Es heißt „Vielleicht (m)ein Weg“ und ist ein Song, der auf mehreren Ebenen funktioniert. Gerade an diesem Premieren-Freitag. Ein jedes Instrument findet in dem Stück den Weg, sich einzubringen, hervorzutreten und zu ergänzen. Und dann ist da freilich die Metaebene, die sich aufdrängt. Hanningers Weg, das ist ein Weg, der zu funktionieren scheint, wenngleich sich das erst nach einer Weile mit Gewissheit sagen lassen wird.
Der Weg über eine Openerband mit immer einem Zugpferd, die den ersten Teil der Session gestaltet, die auch mal Nachwuchsmusikern eine Chance geben wird, kommt an. Auch bei der Premiere, in der alle Plätze besetzt sind und diese angenehm leichte Atmosphäre im Jazzkeller herrscht. Es ist zwar immer noch vorwiegend die ältere Generation, die gekommen ist, aber ein paar jüngere Zuhörer sind bereits darunter.
Andreas Bentlage aus dem Vorstand der veranstaltenden IG Jazz hofft, dass sich diese Entwicklung fortsetzt, dass der Jazzkeller wieder zu dem wird, was er einmal war: einer Keimzelle der Nachwuchsjazzer, einer Anlaufstelle für Musikbegeisterte von Passau bis Salzburg.
Zählte nicht der Wohnort, sondern das Herkunftsland, dann wäre der letzte Wunsch von Bentlage schon bei der Premiere bereits mehr als in Erfüllung gegangen. Nachdem die Openerband eine Stunde lang Programm gemacht hat, wagt sich ein älterer Herr mit seiner Trompete auf die Bühne. Bastien Rieser überlässt ihm gern das Feld. Aus Neuseeland komme er, erzählt der Hobbymusiker. Allerdings lebe er schon seit geraumer Zeit in Kirchanschöring im Landkreis Traunstein. Jeden ersten Freitag im Montag gebe es von nun an die neue Jam-Session, erklärt ihm Hanninger. Der Herr freut sich. „Oh great.“ Der Mann will künftig öfter kommen.
Johanna Richter
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