Marktl / Inn
Ein bewegender Abschied von Joseph Ratzinger

Pontifikalrequiem mit Bischof Stefan Oster zu Ehren von Papst em. Benedikt XVI. in seinem Geburtsort

30.01.2023 | Stand 17.09.2023, 4:18 Uhr

Zelebrierten gemeinsam den Gedenkgottesdienst: (von links) Ruhestandspfarrer Josef Kaiser, Pfarrer Erwin Jaindl, Prälat Günther Mandl, Dekan Heribert Schauer, Bischof Stefan Oster, Pfarrer Peter Meister, Pfarrer Dr. Franz Haringer und Ruhestandspfarrer Josef Fischer. −Fotos: Kleiner

Andächtig und würdevoll haben die Pfarrei, das Geburtshaus und die Marktgemeinde mit einem Pontifikalrequiem Abschied von Joseph Ratzinger/Papst em. Benedikt XVI. genommen. Am Gedenkgottesdienst mit Bischof Dr. Stefan Oster SDB am Sonntagnachmittag in der dicht gefüllten Pfarrkirche beteiligten sich die Ortsvereine mit Fahnenabordnungen, zahlreiche Gläubige aus nah und fern und die Geistlichkeit mit neun Priestern und einem Diakon.

Der Diözesanbischof wurde zunächst vom Theologischen Leiter Dr. Franz Haringer im Papstgeburtshaus begrüßt und reihte sich danach in den Kirchenzug zum Gottesdienst in der Papsttaufkirche ein. Das Requiem wurde vom Kirchenchor unter der Leitung von Veronika Pittner eindrucksstark gestaltet. Der Chor wurde dem besonderen Anlass gerecht und überraschte auch mit einer Uraufführung, einem Requiem, das Ruhestandspfarrer Josef Kaiser vor einigen Jahren komponiert hatte.

Sein Nachfolger Pfarrer Peter Meister hieß die Besucher und Ehrengäste willkommen, darunter seine Mitbrüder und die Mitarbeiter im pastoralen Dienst, MdB Stephan Mayer, Bürgermeister Benedikt Dittmann und weitere Vertreter der weltlichen Gemeinde. Der Ortsseelsorger erinnerte auch an einen denkwürdigen Satz Benedikt XVI. bei seinem Marktl-Besuch 2006: „Hier hat alles angefangen“, hatte dieser vor dem Taufstein betend bemerkt.

In seiner Ansprache würdigte Bischof Oster das Leben und das Werk Benedikts: „Trotz seiner geistigen Größe und Brillanz ist Joseph Ratzinger immer ein einfacher, freundlicher, zugänglicher und vor allem ein tiefgläubiger Mann geblieben.“ Er habe sein Leben lang Zuflucht gesucht beim Herrn, bei Jesus und er wollte ein Mitarbeiter seiner Wahrheit sein. „Alles drehte sich für ihn um die Gestalt Jesu. Seine Jesus-Bücher werden vielleicht das geistig nachhaltigste Erbe sein, das er uns hinterlassen hat.“

Auch Joseph Ratzinger sei ein fehlbarer Mensch gewesen. „Und das gilt für jeden von uns und bei ihm zum Beispiel auch für die Frage: Wie hätte er mit der Erkenntnis des Missbrauchs als verantwortlicher Bischof von München und Freising besser umgehen können? Oder eher: Wie hätte er dieses Böse besser erkennen und das Leid der Betroffenen besser und früher verstehen können? Ich halte ihm aber auch zugute, dass er in verantwortlicher Position in Rom als Kardinal als einer der ersten die ganze Tragweite und Dramatik des Themas erkannt und überaus entschlossen angegangen ist.“ Allein in dieser Zeit und unter seiner Verantwortung seien Hunderte von Klerikern aus der ganzen Welt aus ihrem Dienst entlassen worden. Und er habe als erster Papst überhaupt die Betroffenen eingeladen und sich an ihre Seite gestellt.

Ganz still wurde es in der Kirche, als Bischof Oster aus einem bisher nicht öffentlichen Brief Benedikts zitierte: „Ich werde ja nun bald vor dem endgültigen Richter meines Lebens stehen. Auch wenn ich beim Rückblick auf mein langes Leben viel Grund zum Erschrecken und zur Angst habe, so bin ich doch frohen Mutes, dass der Herr nicht nur der gerechte Richter ist, sondern zugleich der Freund und Bruder, der mein Ungenügen schon selbst durchlitten hat.“

Den Nachruf der weltlichen Gemeinde hielt Altbürgermeister Hubert Gschwendtner: „Wir sind unendlich dankbar, was Benedikt für Marktl getan hat“, betonte er und berichtete von vielen Begegnungen und der lebendigen Verbindung seit dem 13. Juli 1997, als der damalige Kardinal Joseph Ratzinger zum Ehrenbürger ernannt wurde, was dieser zu schätzen wusste. Gschwendtner zitierte aus einem Dankesschreiben: „Ich bin stolz und glücklich, in einer Gemeinde geboren zu sein und ihr nun als Ehrenbürger zuzugehören, in der so viel Gemeinsinn und innerer Zusammenhalt lebendig sind. Ich freue mich, dass die ganze Gemeinde mir in so herzlicher Weise entgegengekommen ist, dass sich spontan das Bewusstsein des Daheimseins einstellte.“

Von da an habe es viele Kontakte gegeben, fuhr Gschwendtner fort und erinnerte z. B. an die Fahrt von 55 Leuten nach Rom auf Einladung des damaligen Kardinals, wo dieser neben unvergesslichen Eindrücken auch eine Privataudienz bei Papst Johannes Paul II. ermöglicht hatte.

Riesengroß sei die Freude gewesen, als Kardinal Joseph Ratzinger am 19. April 2005 zu Papst Benedikt XVI. gewählt und Marktl weltweit bekannt wurde. Gschwendtner, von der ersten Minute der „Papstzeit“ an vorderster Front tätig, sagte: „Für uns Verantwortliche war es wichtig, die Würde und Bedeutung des Papstamtes in den Mittelpunkt zu stellen.“ Das sei damals auch von Benedikt in Rom wahrgenommen worden. „Angesichts all dessen bin ich wirklich stolz auf meinen Geburtsort, der sich einer so unerwarteten Situation durch Solidarität und Opferbereitschaft in beeindruckender Weise gewachsen zeigt“, schrieb er damals.

Gschwendtner erwähnte die bewegendsten Momente, so etwa als Papst Benedikt beim legendären Überflug über Marktl in direkten Funkkontakt mit der Menschenmenge auf dem Marktplatz ein Grußwort sprach und mit ihnen ein Ave Maria betete. Ein historisches Ereignis sei der Besuch des Heiligen Vaters am 11. September 2006 gewesen. „Die vielen Begegnungen mit Menschen aus aller Welt, die hochkarätigen Feste und Feiern, die Partnerschaften mit Wadowice und Sotto il Monte waren für uns eine enorme Bereicherung.“

Mit Stolz und Freude zitierte Gschwendtner auch eine Aussage Benedikt XVI. über seinen Tauf- und Geburtsort Marktl: „Ich spüre hier so richtig ein Gefühl des Zuhauseseins unter all den freundlichen und wohlgesonnenen Menschen, die die gleiche Sprache sprechen und der gleiche Glaube verbindet. Nach langer Lebensreise ist es schön, seine Wurzeln wieder zu entdecken. Dieser Rückhalt in meiner Heimat hat mich immer gestärkt und bleibt eine Freude für mich.“

Zum Schluss des Gottesdienstes dankte Pfarrgemeinderatsvorsitzende Sandra Maier besonders dem Bischof für sein Kommen und die Pfarrei freute sich, dass er sich auch noch Zeit nahm und sich beim folgenden Empfang im Pfarrsaal fürs persönliche Gespräch unters Volk mischte.

− mk