Burgkirchen/Alz
Warum die Alz für die Stromerzeugung so lukrativ ist

Die Höhenunterschiede der oberbayerischen Flüsse – Vor rund 100 Jahren wurde der Alzkanal durch Burgkirchen gebaut

28.12.2021 | Stand 21.09.2023, 23:46 Uhr

Das fünf Kilometer lange Kanalstück vom Stauwehr bei Hirten bis zur Kreuzung der Bahnlinie bei Burgkirchen war im Dezember 1921, also vor genau 100 Jahren, fertig. Im Bild das Betongerinne über dem Halsbachgraben, rechts die Sensmühle. −Foto: Gemeindearchiv Burgkirchen

Der Wechsel vom 19. zum 20. Jahrhundert muss in der Region zwischen Inn und Salzach als eine Zeit des Umbruchs von der rein landwirtschaftlichen Prägung hin zur Industriegesellschaft verstanden werden. Damit begann das Industriezeitalter in Südostbayern vergleichsweise spät.

Dass sich überhaupt Industrie im südöstlichen Oberbayern ansiedelte, ist den als ausnehmend günstig eingeschätzten Gefälle- und Wasserverhältnissen im Alztal zu verdanken. Vor etwa 100 Jahren stieg mit dem Aufkommen der Industrie im Königreich Bayern das Interesse an der Ausnutzung von Wasserkraft zur Energiegewinnung. Dieses Interesse lenkte das Alztal auf sich durch seine für die Stromerzeugung vielversprechenden topografischen Verhältnisse. Diese lukrativen Voraussetzungen führten dazu, dass der Alzkanal gebaut wurde – in mehreren Abschnitten, die jeweils in ein Kraftwerk mündeten. Der letzte Abschnitt zwischen Hirten und Burghausen war vor rund 100 Jahren in Arbeit.

Verbindet man den Inn bei Rosenheim durch eine gerade Linie, die über den Chiemsee führt, mit der Salzach bei Laufen, so findet man den Wasserspiegel des Inns bei Rosenheim auf 444 Meter Meereshöhe, den des Chiemsees auf 518 Meter und den der Salzach auf 392 Meter. Die drei Flüsse Inn, Alz und Salzach sind wenige Kilometer nördlich von Burghausen auf 345 Meter Meereshöhe vereinigt. Während der Inn zwischen Rosenheim und der Salzachmündung 99 Meter Gefälle aufweist, die Salzach zwischen Laufen und Mündung 47 Meter Gefälle hat, besitzt die Alz (Chiemseeabfluss) ein Gesamtgefälle von 173 Metern.

Der Bau der vierten Alzstufe, des 16 Kilometer langen Alzkanals zwischen Hirten und Burghausen, geschah in den Jahren von 1916 bis 1922 unter schwierigen gesamtwirtschaftlichen Bedingungen. Erst war Kriegszeit, dann herrschte Inflation. Baustoffe waren immer knapp.

Das fünf Kilometer lange Kanalstück vom Wehr bei Hirten bis zur Kreuzung der Bahnlinie bei Burgkirchen war im Dezember 1921, also vor genau 100 Jahren, betriebsbereit. Der Stollen I wurde im März 1921 in Arbeit genommen. Dieser Tunnel beginnt unterhalb der Kirche St. Johann. Die Fertigstellung sämtlicher Stollen gelang in den Monaten Juli und August 1922. Die gesamte vierte Alzstufe war im November 1922 betriebsbereit.

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