Burgkirchen/Alz
Durch Bewegung Dampf ablassen

Projekt zur Gewaltprävention läuft an der Grundschule Burgkirchen vielversprechend an – Bei Gelingen profitieren alle

13.03.2022 | Stand 20.09.2023, 2:01 Uhr

An der Grundschule Burgkirchen soll ausgewählten Kindern durch Bewegung die Möglichkeit gegeben werden, ihren Körper bewusster wahrzunehmen und sich im Anschluss besser konzentrieren und kontrollieren zu können. Daran arbeiten unter anderen mit (von links): Inklusionsbeauftragte Carina Ulsamer, Konrektorin Julia Wittig, Julia Reichthalhammer vom Förderzentrum sowie von der Jugendsozialarbeit Johanna Heindl und Ruth Ackermann. −Foto: Gerlitz

Der neunjährige D. ist ein "Grenzgänger": Fortwährend testet er seine Grenzen, verstößt dabei gegen alle Regeln und gerät in Schwierigkeiten. Schule ist für den Buben gleichbedeutend mit unangenehmen bis widerwärtigen Erlebnissen. Doch jetzt ist eine neue Zeit im Leben des Neunjährigen angebrochen: Nun erlebt er Schule anders – mit guten Erfahrungen. Und sein Verhalten beginnt sich zu ändern.

I. fühlt sich als der Stärkste und ist jederzeit bereit, das zu beweisen. Ist er genervt oder frustriert, wird er aggressiv und handgreiflich. Der Zehnjährige ist kräftig genug, einen Stuhl aus dem Mobiliar des Klassenzimmers als Wurfgeschoss zu benutzen. Und er würde wohl tatsächlich den Stuhl werfen, ginge nicht die Lehrerin zum Schutz der anderen Kinder dazwischen.

K. sprach bisher in der Schule nur Englisch, Deutsch verweigerte er. Als er einen Schulhund nahezu für sich allein haben durfte, löste diese innige Gemeinschaft mit dem Tier bei K. eine erstaunliche Initialzündung aus. Der Hund schaffte bei dem tierlieben K. das, was die Lehrer nicht erreichten: K. sprach Deutsch!

Diese drei Beispiele sollen schlaglichtartig beleuchten, warum an der Grundschule Burgkirchen ein neues Projekt zur Gewaltprävention begonnen wurde und wie gut es sich anlässt. Kinder mit emotionalen und sozialen Störungen, die verhaltensauffällig werden, stören den Unterricht massiv, das liegt auf der Hand. Darunter leiden auch die Lernwilligen.

Die verhaltensauffälligen Buben neigen zu Handgreiflichkeiten, nicht selten gibt es Raufereien in den Pausen. Schon mehrmals war es in diesem Schuljahr unausweichlich, einen Schulausschluss für jeweils drei Tage zu verhängen. Doch ein Schulausschluss löst das Problem nicht.

So wurde das Präventionsprojekt aus einer Not heraus geboren. Die Grundschule Burgkirchen ist offiziell als Inklusionsschule anerkannt. "Dementsprechend sind wir mit Fördermöglichkeiten sehr gut ausgestattet", hebt Konrektorin Julia Wittig hervor. Auf dieser Grundlage setzte im Lehrerkollegium ein Nachdenken ein, wie dem Gewaltproblem am besten begegnet werden kann. Ziele sind selbstverständlich Unterricht ohne Unterbrechungen und friedliche Pausen.

Schließlich mündeten die Überlegungen und Besprechungen in ein Projekt mit gezielt eingesetzter Bewegung. "Gerade die Problemkinder haben neben der Schule keinen Ausgleich, zum Beispiel in einem Sportverein. Mannschaftsspiele in einem Verein mit Regeln wären natürlich gut. Die Kinder müssen sich auspowern. Deswegen soll unsere Vorbeugungsaktion mit Bewegung den Buben gleich am Morgen den Kopf frei machen", erklärt die stellvertretende Schulleiterin.

Vor Beginn wurden die Eltern mit ins Boot geholt. Die Schulleitung versicherte sich der elterlichen Unterstützung auch für Bewegungseinheiten bei schlechtem Wetter.

Nach gut einem Monat gibt es bereits hoffnungsvolle Anzeichen eines erfolgreichen Projektverlaufs. "In der kleinen Gruppe entwickeln sich plötzlich gute Beziehungen und Teamgeist. Stärkere kümmern sich um Schwächere", freut sich die Konrektorin. "Nach dem Marsch fühlen sich die Buben wirklich besser und das stellt eine neue, gute Erfahrung für sie dar", sagt Julia Wittig hoffnungsvoll.

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