51. Jazzweek Burghausen
Eine Bühne voller Klanggewalt: Jungle by Night und die Mandoki Soulmates

27.03.2022 | Stand 21.09.2023, 1:22 Uhr
Stefan Hensel

Jungle by Night verwandeln stoische Eintönigkeit in kraftvolle, organische Wärme: Pyke Pasman (links) und Bo Floor. −Fotos: Hensel

Langsam baut sich die Spannung auf, wenige Töne im kurzen Staccato durchschneiden die Stille. Das Schlagzeug setzt ein, kurz, knackig, präzise. Immer die gleichen Bläsereinwürfe vervollständigen den dichten Klangteppich. Dann kommt langsam und unschuldig eine Synthesizer-Melodie um die Ecke, zieht für ein paar Augenblicke die Aufmerksamkeit auf sich, bevor ein abrupter Break die Rückkehr zum reinen Groove einläutet.

Es ist ein Paradebeispiel der Minimal Music, was Jungle by Night in der Wackerhalle abliefern. Die neun jungen Männer haben das Spiel mit der stoischen Eintönigkeit perfektioniert. Mit mechanischer Präzision bearbeiten sie ihre Instrumente – und erzeugen damit auf wundersame Weise eine kraftvolle, organische Wärme, die die Zuhörer bereits in den ersten Minuten des Abends voll in ihren Bann zieht. Das Publikum klatscht mit, wippt mit und kann es gar nicht fassen, als das Konzert abrupt zu Ende ist. Ohne eine einzige Verschnaufpause hat das Ensemble seine Performance durchgezogen und den Spannungsbogen 50 Minuten perfekt gehalten.

Viel Kraft hat zweifelsohne auch der anschließende Auftritt von Leslie Mandoki und seinen Soulmates zu bieten; auch ohne die angekündigten Stars Till Brönner, Richard Bona und Al Di Meola. Mit unbändiger Energie liefert die Rhythmusgruppe ein breites Jazzrockfundament, auf dem Randy Brecker, Bill Evans, Mike Stern, Tony Carey und Max Merseny virtuos solieren. Als Abwechslung zu den harten, schnellen Jazzrocknummern, singen Mandoki und Carey gefällige Rock-Balladen, die hin und wieder zu sehr ins schnulzig-poppige abdriften.

Wahre Begeisterungsstürme löst es hingegen aus, wenn sich der stets fröhlich grinsende Mike Stern an der Gitarre und Bill Evans am Saxophon ein atemberaubendes Solo-Battle liefern. Viele andere Soli gehen leider zu sehr im durcharrangierten Klangteppich der Soulmates unter.
Denn die Stücke sind bis ins feinste Detail durchgeplant, um nicht zu sagen, inszeniert. Auf der ganzen Bühne sind Bildschirme mit Regieanweisungen für die Musiker platziert. Diese Inszenierung mag nicht so ganz zur großen Emotionalität passen, die Mandoki immer wieder beschwört. Der Krieg in der Ukraine steht im Mittelpunkt seiner Ansagen und er erzählt von seiner eigenen Flucht aus dem totalitären Ungarn der 70er Jahre. Mehrmals holt er die ukrainische Sängerin Kamaliya auf die Bühne, die von Frieden und Freiheit singt. So tiefgehend und erschütternd die Erzählungen und Apelle sind – sie berühren weniger als gedacht. Zu theatralisch, zu penetrant transportiert Mandoki seine Botschaft – zu sehr will er alles bis ins letzte Detail inszeniert wissen.

Bis nach Mitternacht entzünden die Mandoki Soulmates ein Klangfeuerwerk, das die Zuhörer mit viel Applaus goutierten. Ein bisschen weniger Inszenierung und etwas mehr Freiheit für die Musik hätten dem Abend in der Wackerhalle allerdings auch nicht geschadet.

Stefan Hensel