Musiker-Treffen in Oberbayern
Fättes Blech liefern Höhepunkt bei Europa-Tagen der Musik

03.07.2022 | Stand 20.09.2023, 4:39 Uhr

Gab Vollgas: Die Brass-Formation Fättes Blech – sieben Bläser und ein Schlagzeuger – bescherte den Europa-Tagen der Musik am Freitagabend den ersten Höhepunkt. −Fotos: Hölzlwimmer, Mayer

"Es hat sexy ausgesehen. Und es ist gut für die Verdauung." Wen genau Julian Hutter damit gemeint bzw. in wen er sich hineinversetzt hatte, das blieb unklar. Klar war hingegen, dass die Ansage des Saxofonisten der Brass-Formation Fättes Blech durchaus verfangen hatte: Als die acht Jungs am Freitagabend bei den Europa-Tagen der Musik im Altöttinger Kultur + Kongress Forum auf der Bühne standen, machten sie – wie angekündigt – Musik, die Hip-Hop, Pop und Jazz mit Blasinstrumenten, Drums, Rap und Gesang zu einem eigenen, energiegeladenen Sound fusioniert. Musik, die in Bauch und Beine geht.

Bis das beim Publikum ankam, dauerte es etwas: Erst mussten die Zuhörer nach vorne gewunken, dann zum Tanzen aufgefordert werden. Letztlich machten sie bereitwillig mit – mit genannten Folgen für das Auge, möglicherweise gemünzt auf eine weibliche Fanschar in der ersten Reihe, und den Stoffwechsel von wem auch immer.

Auch wenn das Konzert nach einem kurzen Warm-up also den erwartet guten Verlauf nahm: Eines war irgendwie doch anders. Am Donnerstag noch hatte Fättes Blech beim Festival "Woodstock der Blasmusik" in Ort im Innkreis vor Tausenden Fans seine Show abgezogen. Nicht allein hatte sie für diesen Andrang gesorgt, sondern zusammen mit anderen Formationen. Gleichwohl kann konstatiert werden: Fättes Blech hat Zugkraft – die in Altötting aber nicht wirklich zum Tragen kam. Und das, obwohl die Stadt als Gastgeber der Europa-Tage der Musik dieses Konzert – ebenso wie das Gastspiel von CubaBoarisch 2.0 gestern Abend – quasi spendiert hatte. Der Eintritt war frei, mehr als 200 Besucher fanden den Weg dennoch nicht ins Forum.

Damit war das Fätte Blech indes nicht allein. Bei den Europa-Tagen der Musik, einem Projekt des Bayerischen Musikrates, das alle zwei Jahre in wechselnden Orten stattfindet, war die Resonanz vor allem ein musikalisch zu verstehender Begriff, diejenige der Besucher nämlich, die zahlenmäßige, ließ zu wünschen übrig. Beim Aufgalopp am Freitag, dem Tag der Chor- und Bläserklassen, war das kaum verwunderlich, musste er doch des schlechten Wetters wegen von draußen nach drinnen verlegt werden. Dort blieben die Schülerinnen und Schüler, die aus vier Regierungsbezirken angereist waren, unter sich. Laufkundschaft, auf die man draußen hätte hoffen können, blieb logischerweise aus.

Am Samstag war beim Tag der Laienmusik, dem Kern des Events, alles angerichtet für ein gelungenes Open Air. Das Wetter hätte besser nicht sein können, an sechs Locations, verteilt über die ganze Innenstadt, gaben sich über 60 Gruppen die Ehre. Das Großaufgebot in all seiner Vielseitigkeit konnte es aber auch nicht wirklich richten: Bisweilen standen mehr Musiker auf der Bühne als Zuhörer davor.

Freilich: Allein in Zahlen lässt sich der Erfolg von Kultur nicht fassen. Diejenigen, die vorbeischauten, in die Musik hineinhörten, bei Gefallen durchaus auch länger blieben oder einfach von Bühne zu Bühne wandelten, erlebten einen beschwingten Tag der Laienmusik und waren voll des Lobes. Das mag nicht immer sexy gewesen sein, wahrscheinlich aber gut für die Verdauung – und gewiss gut fürs Gemüt.

Stephan Hölzlwimmer