Altötting/Dorfen
Per Eilverfahren: Gericht hebt Tempo 120 auf der A94 auf

04.09.2020 | Stand 19.09.2023, 23:44 Uhr

Tempo 120 km/h auf der Trasse Dorfen ist vom Verwaltungsgericht aufgehoben worden. −Foto: Richter

Das Tempolimit auf der A94 zwischen der Einhausung Wimpasing (Landkreis Mühldorf am Inn) und der Anschlussstelle Pastetten (Landkreis Erding) ist nicht rechtskonform.

Das Bayerische Verwaltungsgericht München hat in einem Eilverfahren entschieden, dass die Geschwindigkeitsbeschränkung auf 120 km/h aufzuheben ist. Die Schilder müssen abgedeckt oder entfernt werden.

Ursprünglich hatte das Gericht entschieden, dass das Tempolimit sofort aufgehoben werden müsse. Auf Nachfrage der PNP erklärte die Autobahndirektion Südbayern jedoch, dass die Geschwindigkeitsbeschränkung erst am Dienstag kommender Woche deaktiviert werden könne.

Wie Klageführer Ralf Decker aus Mühldorf der Heimatzeitung mitteilt, hat das Verwaltungsgericht am Freitagmorgen entschieden. Die Aufhebung erfolge, weil das Tempolimit lediglich aufgrund einiger Anwohnerbeschwerden, aber ohne vorherige Gefahrenermittlung verhängt wurde. Ministerpräsident Markus Söder hatte im Januar nach einem Ortstermin den Autobahngegnern aus dem Raum Dorfen diese Maßnahme versprochen. Sie hatten sich über den Lärm beklagt und zeigten sich der Ansicht, dass die Autobahn Baumängel aufweise. Durch Lärmmessungen sollte dem auf den Grund gegangen werden. Ursprünglich war das Tempolimit bis Ende Juli verhängt gewesen, dann aber immer wieder verlängert worden, zuletzt bis zum Jahresende.

Freistaat kann Beschwerde einlegen

Der Freistaat kann binnen 14 Tagen vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof Beschwerde einlegen, wie Florian Huber, Sprecher des Verwaltungsgerichts, auf Nachfrage mitteilt.

Kläger Ralf Decker freut sich über die Entwicklung: "Die Methode und die Konstruktion waren eine Sauerei." Dies werde nun gerichtlich wieder auf den richtigen Weg gebracht.

Die Pressemitteilung des Gerichts im Wortlaut:

VG München hebt Tempo 120 km/h auf Neubaustrecke der A94 auf – Verkehrsversuch rechtswidrig

Mit heute Vormittag bekanntgegebenem Beschluss vom 3. September 2020 (Az. M 23 S 20.2827) hat das Verwaltungsgericht München die auf der A 94 zwischen Pastetten und Wimpasing bestehende Geschwindigkeitsbeschränkung von 120 km/h vorläufig aufgehoben und damit dem Eilantrag eines Verkehrsteilnehmers stattgegeben. Der beklagte Freistaat Bayern ist verpflichtet, die Beschilderungen von Tempo 120 km/h einstweilen unkenntlich zu machen.

Die neugebaute sog. Isentalautobahn wurde am 30. September 2019 ohne Geschwindigkeitsbeschränkung eröffnet. Die Autobahndirektion Südbayern nahm Beschwerden von Anwohnern über eine übermäßige Lärmbelastung zum Anlass, zwischen der Anschlussstelle Pastetten und dem Tunnel Wimpasing testweise eine beidseitige Geschwindigkeitsbeschränkung von 120 km/h anzuordnen. Der Testversuch war zunächst auf den Zeitraum vom 1. Februar bis 31. Juli 2020 begrenzt. Angesichts des während der Corona-Pandemie erheblich zurückgegangenen Verkehrsaufkommens verlängerte die Autobahndirektion den Testzeitraum bis zum 30. Dezember 2020.

Die Autobahndirektion begründete den Verkehrsversuch damit, dass die Beschwerden auf eine unzumutbare Lärmbelastung der Anwohner schließen ließen. Die Beschwerden seien nachvollziehbar, da es zuvor keine Straße mit einer bestehenden Lärmvorbelastung im Isental gegeben habe und auch die Lage der Neubaustrecke in einem Flusstal eine Lärmbelastung begünstige.

Das Verwaltungsgericht folgt dieser Begründung nicht, da die Autobahndirektion die – auch bei einem Verkehrsversuch – gesetzlich zwingend erforderliche Gefahr für die Gesundheit der Anwohner nicht ermittelt hat. Die Anwohnerbeschwerden begründen allenfalls einen Gefahrenverdacht. Dieser hätte die Autobahndirektion aber zunächst veranlassen müssen, den tatsächlich vorhandenen Lärm vorab zu ermitteln. Es genügt nicht, dass sich die Autobahndirektion auf subjektive Empfindungen und Wahrnehmungen von Anwohnern stützt, selbst wenn die Beschwerden angesichts der erstmaligen Inbetriebnahme der Isentalautobahn bei bis dahin gewohnter weitgehender Ruhe subjektiv nachvollziehbar sind. An einer erforderlichen (objektiven) Bestandsaufnahme des "Ist-Zustandes" fehlt es aber vollständig.

Gegen den Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen Beschwerde zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingelegt werden.