Andreas Altmann
Altöttinger schreibt "Gebrauchsanweisung für Heimat"

04.05.2021 | Stand 21.09.2023, 7:09 Uhr
Mirja-Leena Zauner

Ein Anti-Heimatbuch hat Andreas Altmann aus Altötting hier geschrieben. −Foto: Piper-Verlag

Gar keine schlechte Idee, einen Heimatlosen über die Heimat schreiben zu lassen. Dachte sich wohl der Piper-Verlag, in dem aktuell der neue Band von Andreas Altmann erschienen ist: "Gebrauchsanweisung für die Heimat". Der Bestseller-Autor und gebürtige Altöttinger, der in seinem Buch "Das Scheißleben meines Vaters, das Scheißleben meiner Mutter und mein eigenes Scheißleben" lautstark mit seiner oberbayerischen Heimat brach, lebt in Paris und ist als Reisautor auf der ganzen Welt unterwegs.

Brazzaville, Mexiko-City, Sahara, Hanoi oder New York: In Zeiten der stark eingeschränkten Bewegungsfreiheit sind die intensiv erlebten und ebenso geschilderten Reisen eine willkommene Lektüre. Altmann überprüft neben fernen Orten Lebensumstände und Emotionen, die Heimat bedeuten können. Gnadenlos und frei, manchmal rotzig, aber immer poetisch geht er ins Gericht mit Freundschaft, Sprache, Musik oder Körper. Gäbe es einen Temperaturanzeiger für Altmanns Stil und Tempo, er würde immer rund um den Siedepunkt anzeigen.

So wie Altmann sich selbst nicht einlullt in warme Heimatgefühle, lässt er auch den Leser nicht in Ruhe. Eine Gebrauchsanweisung für Heimat ist das natürlich nicht, eher ein Anti-Heimatbuch, das natürlich ganz woanders hinweist als in die Kuschelecke auf dem heimischen Sofa und eine Aufforderung ist, mehr zuzulassen als das Altbewährte und Gewohnte. "Bin selbst dann davon, wenn das Bleiben mir materielle oder sinnliche Boni verschafft hätte, Genüsse wie Wohlstand oder erotische Zuwendung", schreibt Altmann. Der 22-fache Buchautor hat Erfahrung darin, dass es sich lohnt, die Komfortzone zu verlassen, auch weil er mittlerweile weiß, dass dieser Mut von Herzenswärme und sogar so etwas wie Heimatfreude belohnt werden kann.

Häufig liegen in den dann passierende Begegnungen die größten Glücksmomente eines Lebens. Ob eine Stadt lärmig, laut, dreckig oder wunderbar, verzaubernd, vertraut sein kann, liegt häufig gar nicht an der Stadt selbst, sondern an dem, der sie besucht. Fremde Orte sind in der Erinnerung oft nur Namen für Erlebnisse, die man an andere Menschen knüpft, oder?

Andreas Altmann wundert sich jedenfalls, "wie der warme Atem einer Frau den Blick auf die Welt verändern kann". New Delhi mochte er nie, aber als Altmann die Küsse Miras in dem 21-Millionen-Moloch schmeckt, überkommt ihn sogar dort ein Gefühl von Heimat.

Mirja-Leena Zauner



•Andreas Altmann: Gebrauchsanweisung für die Heimat, Piper-Verlag, 220 Seiten