Bad Reichenhall
Zweitwohnungssteuer steigt auf 17 Prozent

Kämmerer rechnet mit 130 000 Euro Mehreinnahmen

10.12.2020 | Stand 21.09.2023, 6:56 Uhr

Ein Hotel mit 134 Zimmern, 50 Eigentumswohnungen, zwölf Mietwohnungen und fünf Ferienwohnungen entstehen auf dem Luisenbad-Areal in der Fußgängerzone. Der Investor bietet auch Immobilien in St. Zeno an, die er ausdrücklich als Zweitwohnsitze bewirbt. −Foto: Corinna Anton

Bad Reichenhall erhöht die Zweitwohnungssteuer auf 17 Prozent. Dafür hat sich der Stadtrat am Dienstag einstimmig ausgesprochen. Bisher gab es vier Stufen, die zwischen 420 und 1260 Euro Steueraufkommen pro Jahr lagen. Künftig gibt es nach oben keine Grenze mehr, wie Kämmerer Gerhard Fuchs im Stadtrat erklärte. Oberbürgermeister Dr. Christoph Lung kritisierte in der Debatte Bauträger, die ihre Immobilien als Zweitwohnungen bewerben. "Das ist nicht, was wir wollen." Lung konnte sich auch mit dem SPD-Vorschlag anfreunden, den Steuersatz auf 20 Prozent zu erhöhen. Der fand im Stadtrat jedoch am Ende keine Mehrheit.

Wie berichtet, hatte Friedrich Hötzendorfer (FWG) in der Novembersitzung beantragt, die Zweitwohnungssteuer um 30 Prozent zu erhöhen. Das Gremium hatte daraufhin einstimmig beschlossen, dass die Verwaltung die derzeit gültige Satzung aus dem Jahr 2004 überarbeiten soll.

Fuchs: "Durchaus schmerzhafte Steigerungen"

Die nun vorgeschlagene und beschlossene Satzung führt zu unterschiedlichen Steigerungen, rechnete der Kämmerer vor. Bei einer Monatskaltmiete von 426 Euro fielen bisher 840 Euro Steuer im Jahr an. Künftig werden es 869 Euro sein. Bei einer Monatsmiete von 625 Euro waren es bisher ebenfalls 840 Euro. Künftig werden es 1275 Euro sein. Beträgt die monatliche Miete 800 Euro, steigt die jährliche Steuer von 1260 auf 1634 Euro. Liegt die Miete bei 1000 Euro, erhöht sich der Betrag von 1260 auf 2040 Euro. "Es wird durchaus zu schmerzhaften Steigerungen kommen", fasste Fuchs zusammen.

Der bisherige "Stufentarif" sei von Gerichten andernorts schon mehrmals als problematisch eingestuft worden, daher soll in Reichenhall nun ein linearer Satz gelten. Der Kämmerer erläuterte, dass sich außerdem die Bemessungsgrundlage erhöhen werde. Fast alle Zweitwohnungen befinden sich im Eigentum der Nutzer. Für den Großteil der etwa 460 Steuerpflichtigen müsse daher eine fiktive Miete festgesetzt werden. Das sei die Vergleichsmiete der jeweiligen Umgebung, die nun nach oben korrigiert werde. In den vergangenen Jahren sei das nicht geschehen, weil es im Rathaus keine Kapazität dafür gegeben habe, so Gerhard Fuchs.

Mehreinnahmen für die Innenstadt

Mit der Neuregelung werden sich die Einnahmen auf etwa 430000 Euro pro Jahr belaufen, das sind 130000 Euro mehr als bisher, schätzt der Kämmerer. Rathauschef Lung nannte die neue Satzung einen "richtigen Schritt". Der lineare Tarif sorge für mehr Gerechtigkeit. Nachdem der Stadtrat im November erstmals über die Erhöhung diskutiert hatte, habe er "überwiegend positive, aber auch einige negative Zuschriften" bekommen, berichtete der Rathauschef dem Stadtrat. Laut Kämmerer liege die Kurstadt mit der neuen Satzung "noch sehr gut im Mittelfeld, eher im unteren". In Bayern betragen die Sätze in der Regel zwischen zehn und 20 Prozent. Den höchsten Satz habe er in Baden-Baden gefunden mit bis zu 35 Prozent.

3. Bürgermeister Hans Hartmann (CSU) bat darum, Bürger, die einen Zweitwohnsitz anmelden, auf die Steuer aufmerksam zu machen, damit sie später nicht überrascht seien.

Initiator Friedrich Hötzendorfer (FWG) zeigte sich mit dem Vorschlag der Verwaltung zufrieden. Er erinnerte daran, dass der Stadtrat im November auch seine Absicht erklärt habe, die Mehreinnahmen für Infrastrukturmaßnahmen zu verwenden, die der Gastronomie, Hotellerie, kulturellen Einrichtungen und dem Einzelhandel in der Innenstadt zugute kommen. Per E-Mail habe er die Fraktionen sowie Vertreter aus Wirtschaft und Tourismus nach Vorschlägen gefragt, bisher aber erst eine Antwort bekommen. Dafür brauche es "keine Zwischendiskussionen", fand Michael Nürbauer (Grüne), das werde zur Sprache kommen, wenn es um den städtischen Haushalt fürs nächste Jahr gehe.

SPD schlägt Erhöhung auf 20 Prozent vor

Vera Kaniber (FWG) betonte jedoch, man solle sich "nicht so lange Zeit lassen mit den Vorschlägen, sonst gibt es die ein oder andere kulturelle Einrichtung oder das ein oder andere Geschäft nicht mehr". Mit einem Änderungsantrag meldete sich Guido Boguslawski (SPD) zu Wort. Er wollte den Steuersatz auf 20 Prozent erhöhen. So hoch sei er auch in Ruhpolding und Garmisch, in Berchtesgaden liege er je nach Miete bei 15 bis 25 Prozent. Die Einnahmen für die Stadt könnten laut Boguslawski auf rund 505000 Euro im Jahr steigen. Das werde "schmerzhaft für den ein oder anderen. Aber es betrifft Menschen, die es verschmerzen können." Eine Erhöhung von 17 auf 20 Prozent bedeute für die Einzelnen letztlich etwa zehn Euro mehr pro Monat. Aus dem Gremium äußerte sich dazu niemand weiter, mit 11 zu 13 Stimmen wurde der Vorschlag knapp abgelehnt.

Dr. Pia Heberer (Grüne) erkundigte sich noch, wie die Regelung bei Leerstand sei. Wer eine Immobilie kaufe, sie einige Jahre leerstehen lasse und dann teurer weiterverkaufe, der solle nicht "ungeschoren" davonkommen. Das sei kein Fall, bei dem die Zweitwohnungssteuer Abhilfe schaffen könne, so Lung. Der Gesetzgeber habe das Problem aber erkannt. Kämmerer Fuchs führte aus, dass eine "Grundsteuer C" für bebaubare Grundstücke im Gespräch sei, eine Entscheidung darüber aber in Bayern noch nicht getroffen wurde.

DIE SATZUNGSteuerpflichtig ist, wer eine Zweitwohnung in Bad Reichenhall hat. Als solche gilt jede Wohnung, die eine Person mit Hauptwohnung in einem anderen Gebäude zu ihrer persönlichen Lebensführung oder der ihrer Familienangehörigen innehat. Die Steuer richtet sich nach dem Mietaufwand, ausschlaggebend ist die Nettokaltmiete. Sind die Bewohner zugleich Eigentümer, gilt die Nettokaltmiete in ortsüblicher Höhe. Sie wird von der Stadt geschätzt. Die Steuer beträgt 17 Prozent und wird als Jahressteuer erhoben. Es können Anträge auf Befreiung von der Zweitwohnungssteuer gestellt werden. Dafür gilt aktuell eine Einkommensgrenze von 29000 Euro pro Jahr für Alleinstehende und 37000 Euro für Paare.