Freilassing
Warnung aus dem Verborgenen: Riet Jesus von der Impfung ab?

Vermehrt Flugblätter mit Glaubensbotschaften in Freilassing – Polizei ermittelt wegen Ordnungswidrigkeit

16.03.2021 | Stand 22.09.2023, 3:24 Uhr

Die Flugblätter wurden der Heimatzeitung von einer Anwohnerin aus dem Freilassinger Westen zur Verfügung gestellt, die diese als "Belästigung" empfindet. −Foto: Franz Eder

"Die weltweite Impfung, über die ich euch im Jahr 2010 unterrichtet habe, wird bald erlebt werden" und "Vermeidet jede derartige plötzlich angekündigte weltweite Impfung; denn sie wird euch töten." Diese beiden "Zitate Jesu" sind nachzulesen im sogenannten "Buch der Wahrheit" und wurden in den vergangenen Tagen und Wochen mittels Flugblätter auch an einige Freilassinger Haushalte verteilt.

Der Heimatzeitung wurden sie vor kurzem von einer Anwohnerin aus dem Freilassinger Westen zur Verfügung gestellt, die sich über diese "Belästigung" ärgerte. Die Verteilerin der "Botschaften" sei dabei sogar von der Überwachungskamera eines Nachbarn "in flagranti" erwischt worden, als sie sich um 21.06 Uhr dem Haus näherte. Die Anwohnerin beschreibt sie als jüngere, sportlich gekleidete Frau mit blonden Haaren. Diese müsse trotz der Warnung vor einem "bissigen Hund" gezielt den Weg zum Haus gesucht haben.

In der vergangenen Woche entwickelte sich darüber nun auch eine Diskussion in der Facebook-Gruppe "Du kommst aus Freilassing...". Dabei spekulierten Nutzer, die ebenfalls Flugblätter erhalten haben, und auch andere darüber, von welcher Organisation oder Glaubensgemeinschaft diese stammen könnten. Ein Besuch auf der angegebenen Internetseite liefert darüber allerdings nur wenig Erkenntnisse. Denn neben zahlreicher Botschaften und einem Online-Shop ist bei der Einleitung Folgendes zu lesen: "Die Seherin der ‚Warnung‘ nennt sich ‚Secret Prophet‘, ‚Verborgene Prophetin‘, weil sie im Verborgenen bleiben will. Sie enthüllt Details der Göttlichen Botschaften, die sie von unserem Herrn Jesus Christus und vereinzelt auch von Gott Vater und von der Gottesmutter seit dem 8. November 2010 empfangen hat. Die Botschaften beziehen sich auf ‚Die Warnung‘, ein Ereignis, welches weltweite Umkehr verbreiten wird."

Beim Impressum der Internetseite ist ein gewisser Martin Roth mit einer Kölner Adresse angegeben, der aber gleich vorweg greift: "Ich bitte, von jeglicher telefonischer Kontaktaufnahme Abstand zu nehmen. Ich wäre durch viele Telefonate zeitlich überfordert und könnte meinen eigentlichen Aufgaben nicht mehr nachkommen. Alle Informationen, die bekannt werden sollen, stehen in dieser Homepage. Die Botschaften sprechen für sich. Die einen verstehen sofort, bei den anderen helfen auch keine Diskussionen."

Zu diesen "anderen" gehören damit wohl auch einige Freilassinger, die diese Flugblätter als Belästigung empfinden. Die Heimatzeitung hat deshalb die Polizeiinspektion Freilassing um eine rechtliche Prüfung der Flyer und deren Inhalte gebeten. Wie Dienststellenleiter Gerhard Huber erklärt, spiegeln die getätigten Aussagen wohl die Meinung oder Haltung des Verfassers wider. "Ein strafrechtlich zu beanstandendes Verhalten konnten wir hierbei aber nicht feststellen."

Ermittelt wird nun allerdings trotzdem: Und zwar wegen einer Ordnungswidrigkeit gemäß dem Bayerischen Pressegesetz. Dieses besagt nämlich, dass auf jedem in Bayern erscheinenden Druckwerk ein Impressum samt Name oder Firma mit Anschrift angegeben werden muss, was hierbei aber nicht geschehen ist. Von dieser Pflicht ausgenommen seien lediglich "Druckwerke, die ausschließlich Zwecken des Gewerbes oder Verkehrs oder des häuslichen oder geselligen Lebens dienen". Darunter fallen etwa Preislisten, Gebrauchsanweisungen oder Fahrkarten. Eine Zuwiderhandlung kann mit einer Geldbuße belegt werden. Deshalb bittet Gerhard Huber auch jeden, der Hinweise auf einen Verfasser oder Verteiler hat, sich bei der Polizei unter ✆08654/46180 zu melden.