Bad Reichenhall
Verkabeln statt verstrahlen: Vortrag über Elektrosmog und 5G

05.01.2021 | Stand 05.01.2021, 10:00 Uhr

Manfred Hofmeister referierte über unsichtbare Strahlenbelastungen. −Foto: Archiv

Manfred Hofmeister wies in einem Vortrag auf die steigende Strahlenbelastung durch 5G hin. Offizielle Grenzwerte schützen laut ihm nicht vor biologischen Auswirkungen.

Über das Thema 5G referierte Manfred Hofmeister, Diplom-Ingenieur und Baubiologe sowie Reichenhaller Stadtrat, noch im alten Jahr an der Volkshochschule. Der Grundlagen-Vortrag zu Elektrosmog im Oktober war Corona-bedingt ausgefallen, so dass dies auch kurz angesprochen wurde, berichtet Hofmeister in einer Presseaussendung.

Der Mensch besitzt kein eigenes Sinnesorgan für die Wahrnehmung elektrischer, magnetischer oder elektromagnetischer Felder. Technische Anwendungen wie Smartphones, WLAN, Bluetooth, Schnurlostelefone, aber auch Induktionsherde und neue Sendeanlagen nehmen stetig zu, so Hofmeister. Gleichzeitig wachse die Zahl "elektrosensibler Personen" und chronischer Erkrankungen mit unspezifischen Symptomen.

Grenzwerte schützen nur vor Erwärmung

Zahlreiche Behörden, Mediziner und Organisationen erstellen Leitlinien und geben Tipps für den Umgang, so zum Beispiel das Land Salzburg mit dem Elektrosmog Ratgeber, der Europarat, das Bundesamt für Strahlenschutz, die Telekom, die Wiener Ärztekammer oder auch Europäische Umweltmediziner mit der EMF Leitlinie 2016 zur Prävention, Diagnostik und Therapie EMF (elektromagnetische Felder) bedingter Beschwerden und Krankheiten. Untersuchungen durch EEG-Messungen der Universität Mainz zeigen Unterschiede von Personengruppen mit und ohne E-Smog-Belastung auf, insbesondere bei Konzentrationsfähigkeit, Gehirnaktivitäten und bei Schlafrhythmen, erklärte Hofmeister in seinem Vortrag.

Schwerpunktmäßig widmete er sich dann dem Thema 5G. Offizielle Grenzwerte schützen laut Hofmeister nur gegen Erwärmung. Biologische Reaktionen, die bereits unterhalb dieser Sendestärken im Körper ausgelöst werden, gelten offiziell als nicht vorhanden. Die baubiologische Messtechnik orientiere sich am Vorsorgegedanken für Dauerbelastungen gemäß den Empfehlungen von Wissenschaftlern und Medizinern.

Kehrseiten von 5G von Politik und Betreibern vernachläsigt

Vielerorts werden bestehende LTE-Sender mit einer höheren Bandbreite ausgestattet, etwa von fünf oder zehn MHz auf 20 MHz zur Erhöhung der Datenübertragung und Verkürzung der Übertragungszeiten. Neue Multiband-Antennen ersetzen bisherige Antennen für 2G, 3G und 4G (LTE).

In Gebieten mit hohem Bedarf werden adaptive 5G-Antennenplatten mit bis zu 64 Einzelantennen eingesetzt, führte Hofmeister aus. Je mehr Bedarf, umso mehr Sendeleistung. Mit der Zunahme von Apps und mobilen Daten auf Smartphones steigt der Sendebedarf und Datenumfang immer weiter an. Kehrseiten und Risiken von 5G würden von Politik und Betreibern nicht erwähnt, kritisiert Hofmeister. Es werde Energieeinsparung propagiert, dennoch würden mit steigender Datenflut weitere riesige Serverzentren erforderlich, der Energieverbrauch steige. Eine Studie der Universität Aachen im Auftrag von EON prognostiziere für 5G einen Mehrverbrauch bis 2025 von 3,8 Terawatt.

Strahlungen als Faktor für Artensterben?

In Frankreich werde derzeit versucht, die enorme Abwärme aus den Rechenzentren zum Heizen von Wohnkomplexen zu nutzen. Zunehmende Herausforderungen seien Störungen oder Cyber-Attacken mit Auswirkungen auf Verkehr und Infrastruktur. Auch die "lückenlose Datensammlung" werde weiter vorangetrieben, warnte Hofmeister und nannte als Beispiel Aufzeichnungen aus Nutzerprofilen, aus denen sich "lukrative Rückschlüsse" auf Verhalten und Lebensgewohnheiten ziehen ließen.

Von der steigenden Strahlenbelastung seien nicht nur Menschen, sondern auch Flora und Fauna betroffen, führte Hofmeister weiter aus. "Studienauswertungen von BUND, Luxemburgischer Umweltorganisation und der Verbraucherschutzorganisation Diagnose-Funk sehen deutliche Hinweise, dass auch hochfrequente unnatürlich gepulste Strahlungen ein Wirkfaktor für das bedrohliche Artensterben sein können." Auch zahlreiche Baumschäden seien bereits dokumentiert worden. Maßnahmen aus dem Artensterben-Volksbegehren sollten auch diesen Bereich mit in die Untersuchungen einbeziehen, so Hofmeisters Forderung.

Städte weigern sich gegen den Ausbau

All das veranlasse zahlreiche Städte und Regionen zunehmend, Widerstand zu leisten und Moratorien beim Ausbau von 5G zu fordern. Als Beispiele nannte er Brüssel, Genf, Florenz, Marseille, Lille, etwa 500 Kommunen in Italien, Bad Wiessee und Bad Kleinkirchheim in Österreich. Dort solle der Ausbau gestoppt werden, bis die Unbedenklichkeit dieser Technologie (Nutzung der sehr hohen Frequenzen) nachgewiesen ist. Dass bestehende Grenzwerte nicht ausreichend schützen, sei in vielen Studien nachgewiesen, fasste Hofmeister zusammen. Seine abschließende Empfehlung lautet, generell immer eine Reduzierung der Elektrosmog-Expositionen – zum Beispiel durch WLAN oder Bluetooth anzustreben "wie von Organisationen und Medizinern empfohlen". Für Online-Unterrichte sollten die Endgeräte wie Tablets oder Laptops per Kabel mit dem Internet verbunden werden, "um Kinder nicht unnötig stundenlang der gepulsten WLAN-Strahlung auszusetzen", rät Hofmeister Schulen und Eltern und verweist auf die bereits erwähnten EEG-Messungen der Universität Mainz, die bei derartigen Belastungen seinen Worten zufolge Konzentrationsschwierigkeiten, Unruhe sowie Zunahme der Fehlerhäufigkeit bestätigten.

Gegen Hochfrequenzeinstrahlungen von außen in die Wohnung und auf den Schlafplatz bestehe auch die Möglichkeit der Abschirmung. Umfangreiche Prüf-Messungen an der Universität der Bundeswehr hätten je nach Frequenz Aufschluss zur Schirmwirkung verschiedener Materialien gegeben. "Experten sollten begleitend messen, um die gewünschte Schirmung auch zu erreichen", so Hofmeister.

− red WAS IST 5G? Von Wirtschaft und Politik werde 5G als großer Fortschritt angepriesen, erklärte Manfred Hofmeister (siehe Artikel oben). Das sogenannte Internet der Dinge mit einer Vernetzung von Millionen Geräten und Sensoren (Smart Home, Smart Cities), auch künstliche Intelligenz sowie Verkehr und Robotik sollen damit weiterentwickelt werden. Grundsätzlich gibt es laut Hofmeister drei Kommunikationsformen: Echtzeit (Industrie, Verkehr), extreme Bandbreiten (TV), Massenkommunikation geringer Datenmengen (Sensoren, Internet der Dinge). Tausende Satelliten sollen zusätzlich 5G überall auf der Erde verfügbar machen (u.a. Space X von Elon Musk). Die deutsche Bundesregierung hat eine Werbeoffensive für 5G gestartet. Man könne damit zum Beispiel einen kompletten Film in höchster Qualität in wenigen Sekunden herunterladen, schreibt sie. Auch in der Telemedizin eröffne es neue Möglichkeiten und bringe "erhebliche Zeitersparnis" in der Rettungsmedizin. Als weiteres Beispiel werden "unbemannte Agrarmaschinen" genannt, die den Acker bearbeiten.Bei 5G werden zahlreiche Sendefrequenzen genutzt (gepulst), erklärt Hofmeister. Niedrigere Frequenzen (größere Wellenlängen, z.B. 700 MHz) haben höhere Reichweiten und Durchdringungsfähigkeit, dafür eine geringere Daten-Übertragungskapazität. Kennzeichnend für 5G sind breite Frequenzbänder (z.B. 15 MHz bis zu 50 MHz = Datenautobahnen) und adaptive Antennen, die je nach Bedarf die Antennenkapazitäten nach Richtung und Entfernung bündeln können. Bei maximaler Auslastung steigen in diesen mit voller Sendestärke versorgten Zonen die Belastungen im Vergleich zu herkömmlichen Antennen deutlich an. Das erfordere auch erweiterte Sicherheitsbereiche, so Hofmeister. − red