Der Prinzregent als Integrationsfigur
Neues Buch über Luitpold: "Herrscher ohne Krone"

19.12.2021 | Stand 25.10.2023, 10:54 Uhr

Prinzregent Luitpold, dargestellt von Friedrich August von Kaulbach, München, 1900, Öl auf Leinwand. −Foto: Bastian Krack/Bayerisches Nationalmuseum

Fast schon legendär ist der Vorspann der Serie "Königlich Bayerisches Amtsgericht": "Es war eine liebe Zeit, die gute, alte Zeit vor anno 14. In Bayern gleich gar. Damals hat noch Seine Königliche Hoheit der Herr Prinzregent regiert, ein kunstsinniger Monarch, denn der König war schwermütig. Das Bier war noch dunkel, die Menschen war’n typisch, die Burschen schneidig, die Dirndl sittsam und die Honoratioren ein bisserl vornehm und ein bisserl leger. Es war halt noch vieles in Ordnung damals." Dieses Bild vom Prinzregenten und seiner Zeit wird in viele Filmen und Veröffentlichungen kultiviert.

Wer aber war dieser Herrscher ohne Krone wirklich? Stefan März spürt der Geschichte dieses Mannes in der Reihe "Kleine bayerische Biografien" (Verlag Friedrich Pustet) nach. Der Autor spricht von einem wechselhaften, ereignis- und anekdotenreichen Leben. Seine dynastische Stellung habe ihm ermöglicht, zahlreiche historische Brüche aus nächster Nähe zubegleiten.

Dass er als fünftes von neun Kindern von Ludwig I. jemals Regent werden sollte, kam ihm nicht in den Sinn. Nachdem es einen durch die Entmündigung Ludwigs II. "faktisch unbesetzten Thron" gegeben hatte, wurde ihm vom Ministerrat die Übernahme der Regentschaft nahegelegt. Er hat sich nicht danach gedrängt, sondern wollte das ärztliche Bulletin über die Krankheit des Königs abwarten. Und auch die Geisteskrankheit von Ludwigs Bruder Otto wollte er ärztlich attestiert sehen. Der Autor spricht von einem schwierigen Start des 65-Jährigen und meint: "Es gehört zu den bemerkenswertesten Leistungen Luitpolds, die gegen ihn eingenommene Bevölkerung in kürzester Zeit auf seine Seite gebracht zu haben."

Stefan März hebt hervor, dass der Erfolg des Prinzregenten in seiner Persönlichkeit lag. Liberalität, Pflichtbewusstsein und persönliche Integrität zeichneten ihn aus. Er herrschte von 1886 bis 1912. Diese Zeit sei von Wohlstand, Frieden, wissenschaftlicher und kultureller Blüte geprägt gewesen, allerdings auch von sozialen und politischen Spannungen. Luitpold sei ein Integrationsfaktor gewesen.

Der Autor beleuchtet zudem die Rolle der Familie, vor allem die von Tochter Therese, die nach dem Tod der Mutter ihrem Vater den Haushalt führte. So mancher Tagebucheintrag von ihr zeigt den Prinzregenten von einer erstaunlich empfindsamen Seite.

Am Ende des Bandes erklärt der Autor, warum sich der Mythos der Prinzregentenzeit hält: Er war ein Vehikel monarchistischer Strömungen und erlebte nach 1945 eine Wiederbelebung als verklärter Sehnsuchtsort.

Stefan März, Prinzregent Luitpold – Herrscher ohne Krone, Verlag Friedrich Pustet, 159 S., 12,95 Euro