Piding
Hermann Seeböck neuer Geschäftsführerwechsel bei Pidinger Werkstätten

25.09.2021 | Stand 21.09.2023, 1:01 Uhr
Maria Horn

Lagebesprechung in den Pidinger Werkstätten: Hermann Seeböck (links) und Markus Spiegelsberger tauschen sich aus. −Foto: Maria Horn

Der ehemalige Geschäftsführer Hermann Seeböck kehrt zurück zu den Pidinger Werkstätten und wird zum 1.Januar 2022 wieder die Leitung an seiner früheren Wirkungsstätte übernehmen.

Bei der Jahreshauptversammlung des Vereins Lebenshilfe Berchtesgadener Land im vergangenen Juli ließ der derzeitige Geschäftsführer Markus Spiegelsberger "die Katze aus dem Sack". Nach rund viereinhalb Jahren in leitender Position in der Pidinger Werkstätten GmbH der Lebenshilfe Berchtesgadener Land wird er sich mit Beginn des Jahres 2022 beruflich neu orientieren. Wer die vakante Stelle besetzen wird, das ist nun seit wenigen Tagen bekannt. Im Gespräch mit der Heimatzeitung tauschten sich die beiden über Herausforderungen und Ziele an der Spitze der Pidinger Werkstätten aus. Und wie wichtig Erfahrungswerte aus dem Berufsleben für diese Position sind.

Der aktuelle Geschäftsführer Markus Spiegelsberger verlässt nach viereinhalb Jahren die Werkstätten. Er wechselt als "Kaufmännischer Direktor" an das Klinikum Passau. Von 2011 bis 2017 war Markus Spiegelsberger bereits bei den heimischen Kliniken Südostbayern AG tätig: Zunächst als Leiter des Kaufmännischen Controllings und später als Prokurist für den Geschäftsbereich Finanzen. Deshalb ist ihm der Krankenhaus-Sektor aus dieser Zeit noch gut bekannt. "Mir fällt der Abschied sehr schwer, da mir die Pidinger Werkstätten mit allen Menschen mit und ohne Behinderung sehr ans Herz gewachsen sind. Dennoch freue ich mich auf die neue Herausforderung", blickt Spiegelsberger voller Optimismus in die Zukunft.

Förderstätte errichtet

Während seiner Zeit als Geschäftsführer wurden an den Pidinger Werkstätten verschiedene Maßnahmen und Projekte umgesetzt. So wurde das Haupthaus in einer umfangreichen Maßnahme modernisiert, am Gelände eine Förderstätte für Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen neu eingerichtet. Weiter erfolgten die Neuausrichtung der Wäscherei zu nachhaltigem Wirtschaften und die Erarbeitung eines Covid-19-Konzepts mit Notbetreuungsangeboten und Hygienemaßnahmen. Bei der Hauptversammlung des Vereins Lebenshilfe BGL wurde das Bedauern der Gesellschafter – Landrat Bernhard Kern, der Pidinger Bürgermeister Hannes Holzner und der Verein Lebenshilfe BGL, vertreten durch den Vorsitzenden Hans Eschlberger – zum Weggang von Markus Spiegelsberger deutlich.

Markus Spiegelsberger übergibt ein bestelltes Feld. Zumal dieses "Feld" nun von seinem Vorgänger übernommen wird. Die Gesellschafter sind persönlich an ihn herangetreten und haben ihm die Stelle angeboten. "Das war natürlich eine Ehre für mich, dass ich gefragt werde", freut sich Seeböck. Die Bedenkzeit war kurz und der Entschluss schnell gefasst: Zum 1. Januar 2022 ist er zurück.



Berufliche Erfahrung als Fachlehrer gesammelt


2017 hatte er nach 19 Jahren die Pidinger Werkstätten verlassen. "Ich habe 1998 in Piding angefangen und dann berufsbegleitend die Ausbildung zum Sozialbetriebswirt gemacht. Danach habe ich zwölf Jahre als Geschäftsführer gearbeitet. Mit Anfang 40 habe ich mir gedacht: Was kann man noch machen, um berufliche Erfahrungen zu sammeln", schaut er zurück auf seine damaligen Beweggründe, nochmal etwas Neues zu wagen. So ist er an die Fachschule für Heilerziehungspflege in Grießstätt gewechselt und war dort ab 2017 als Fachlehrer tätig.

"Die Zeit war sehr interessant, doch nach zwei Jahren habe ich festgestellt, dass mich diese Tätigkeit auf Dauer nicht ausfüllt", erzählt Seeböck. So wechselte er 2019 zum Verbund der Lebenshilfe Traunstein und war dort für die Gesamtleitung der pädagogischen Einrichtung der Lebenshilfe Traunstein verantwortlich, mit dem Kernbereichen Wohnbereiche, Frühförderung und Förderstätten. "Der Zeitpunkt für einen Neustart ist momentan sehr gut, denn bei der Lebenshilfe Traunstein sind zwei große Projekte, der Wohnheimbau in Unterwössen und in Waging gerade abgeschlossen", zieht Seeböck Bilanz.

Auf Regionalität und Nachhaltigkeit setzen

Da kommen ihm nun neu gesammelte Erfahrungen zugute. Während seiner Tätigkeit als Fachlehrer hat er alle südostbayerischen Behinderteneinrichtungen während des praktischen Unterrichts kennen gelernt. "Da merkt man, wie hoch die Zusammenarbeit zwischen den Werkstätten und den anderen Einrichtungen einzuschätzen ist und welche Bedeutung der Schnittstelle Werkstatt zukommt. Denn man darf Probleme und Anliegen nicht auf Kosten der behinderten Menschen austragen", so seine Linienführung. "Der Verein der Lebenshilfe BGL ist einer unserer Gesellschafter, der Lebenshilfegedanke ist elementar und unser wichtigster Aspekt in unserer Arbeit." Soweit zur Grundausrichtung des neuen Geschäftsführers.

Konkrete Projekte stehen aktuell auch schon an. So wird dem Nachhaltigkeitsgedanken Rechnung getragen. Eine der ersten Maßnahmen wird die Installation einer Photovoltaikanlage auf dem Werkstattdach sein. "Wir wollen noch mehr auf Regionalität setzten und bei Händlern vor Ort einkaufen", lautet eine weitere Ansage. Aber auch Müllvermeidung und verantwortungsvolles Wirtschaften fallen unter die Überschrift "Nachhaltigkeit".

Bundesteilhabegesetz stellt vor Herausforderungen

Eine weitere Herausforderung wird es sein, unter dem Aspekt des Paradigmenwechsels das Bundesteilhabegesetz umzusetzen. Hermann Seeböck wird sich in den nächsten Jahren auch mit einem höheren Hilfebedarf durch den demographischen Wandel befassen müssen. "Es ist ein Trend zu erkennen, dass wir künftig mehr Menschen mit psychischer Behinderung beschäftigen werden", sieht er sich mit einer neuen Entwicklung konfrontiert.

Nachdem vor wenigen Wochen die Corona-Notbetreuung aufgelöst werden konnte, muss die Struktur der Arbeit wieder neu aufgebaut werden. Denn viele Menschen mit Behinderung wurden aus ihrem "Arbeitsrhythmus" gerissen. "Corona ist eine neue Normalität, Vorgaben und Hygienemaßnahmen werden uns weiter begleiten. Leider können große Veranstaltungen wie der Christkindlmarkt oder der beliebte Brauchtumsabend nicht stattfinden", äußert er sein Bedauern.

Hermann Seeböck hat sich für seine alte, neue Tätigkeit folgende Ziele gesteckt: "Mein Wunsch ist es, dass wir den Kurs der Lebenshilfe im Berchtesgadener Land so halten können. Wir sind Dienstleister, zu dem sind wir gegründet worden. Und im Landkreis sind wir in der glücklichen Situation, dass der Sozialraum hervorragend vernetzt ist. Wir verspüren großen Rückhalt aus der Bevölkerung und von Firmen. Das ist ein hohes Gut, das wir halten und noch weiter ausbauen müssen."