Lisette Oropesa als "Lucia di Lammermoor"
Grandioser Start ins Salzburger Festspielfinale

26.08.2022 | Stand 21.09.2023, 2:37 Uhr
Brigitte Janoschka

Am Ende gab es Standing Ovations für ihre Leistung: Sopranistin Lisette Oropesa als Lucia di Lammermoor, Dirigent Daniele Rustioni und das Mozarteumorchester Salzburg. −Foto: SF/Marco Borrelli

Ein Wahnsinnskonzert – nicht nur wegen der 20-minütigen sogenannten "Wahnsinnsarie" im dritten Akt: Stürme der Begeisterung tobten durchs große Festspielhaus am Donnerstagabend nach der konzertanten Opernaufführung von "Lucia di Lammermoor" von Gaetano Donizetti über zwei Liebende aus zwei verfeindeten Familien.

Ein Spitzenorchester, ein ebensolcher Dirigent und Solisten mit Erfahrung auf den größten Bühnen der Welt, die ihren Part so wunderbar gestalteten und in jeder Stimmlage die Intonation im Griff hatten, ließen das Publikum jubeln zum Auftakt des letzten Festspielwochenendes. Das Festival an der Salzach endet kommenden Mittwoch, 31. August.

Dirigieren wie ein Torero

Daniele Rustoni hatte als Dirigent des Mozarteumorchesters Salzburg und des Philharmonia Chores Wien (Einstudierung Walter Zeh) die musikalische Leitung inne und fühlte sich empathisch in den Atem der Musik seiner Solisten ein, das Orchester zurücknehmend, wenn notwendig, aber auch vor Energie auf dem Pult hüpfend, so dass er wie ein Fechter oder gar ein Torero mit geöffnetem Frack in den Ausfallschritt sprang. Liebe, Eifersucht, Verzweiflung und Tod sind in dieser Oper in wunderbare Melodien verpackt – nur Trommel- und Paukenschläge oder manches Rezitativ, etwa der Vertrauten Alisa, kündigen mit dramatischen Lautmalereien Unheilvolles an. Klangqualität und -disziplin zeichneten die knapp 30 Sängerinnen und 40 Sänger des kommentierenden Chores aus. Für die US-amerikanische Sopranistin Lisette Oropesa, ihre strahlende Stimme und ihre Verkörperung der Lucia drücken Superlative kaum aus, was sie gesanglich und mimisch mit selten gehörter Virtuosität geleistet hat. Lucia verliert ihren Verstand und wird wahnsinnig, da sie ihrem Geliebten Sir Edgardo di Ravenswood (Tenor Benjamin Bernheim mit ebensolchen Qualitäten) ihrem Bruder Lord Enrico Ashton zuliebe entsagen muss, um Lord Arturo Bucklaw (Riccardo della Sciucca, Tenor) zu heiraten. Ihr Solopart ist gespickt mit langen Koloraturen in den höchsten Lagen, und ihr gelang alles mit Leichtigkeit und Hingabe an ihre musikalische Aufgabe. Selbst der, für Halluzinierende typische Blick begleitete ihre Arie.

Die Glasharmonika untermalt den Wahnsinn

Auch die Arien von Ludovic Tézier (Lord Enrico Ashton) mit seinem klangvollen Bariton waren mitreißend, ebenso wie diejenigen des Basses Roberto Tagliavini, der als Raimondo Bidebent den Erzieher und (etwas zweischneidigen) Vertrauten von Lucia spielte. Deren weibliche Vertraute Alisa (Mezzosopranistin Ann-Kathrin Niemczyk) und Normanno, der Hauptmann der Soldaten von Ravenswood (Seungwoo Simon Yang) sind Teilnehmer des Young Singers Project und lieferten ebenso Hervorragendes ab.

Eine Besonderheit war der Klang der Glasharmonika, hervorgezaubert von Christa Schönfeldinger, die die Wahnsinnsarie zum Teil solistisch begleitete. Zur Tonerzeugung berührte die Musikerin die Glockenränder von ineinander geschobenen, unterschiedlich großen und rotierenden Glasglocken mit angefeuchteten Fingern. Standing Ovations, Jubel und Freude.

Brigitte Janoschka