Außernzell/Passau
Zündstoff Abfall: Bund der Steuerzahler rügt ZAW-Plan

19.07.2015 | Stand 19.09.2023, 23:36 Uhr

Nur im Landkreis Regen leert der ZAW die Tonnen bislang selbst. Künftig will man die ganze Müllabfuhr selbst betreiben. (F.: Archiv)

Der Zweckverband Abfallwirtschaft Donau-Wald (ZAW) mit Sitz in Außernzell (Landkreis Deggendorf) will künftig die Mülltonnen mit eigenen Fahrzeugen und Mitarbeitern leeren. Davon erhofft man sich niedrigere Kosten und dauerhaft geringe Gebühren. Der Bund der Steuerzahler Bayern hingegen fürchtet, dass der Schuss nach hinten losgeht − und kritisiert den Plan in der aktuellen Mitgliederzeitschrift.

Das Magazin "Klartext" erscheint monatlich mit einer Auflage von 70.000 Stück. Verschickt wird es nicht nur an die Mitglieder des Bund der Steuerzahler Bayern, sondern auch an Landtags- und Bundestagsabgeordnete, Bürgermeister, Finanzbehörden und die Staatsregierung. Am Samstag wurde die Juli/August-Ausgabe als pdf-Datei verschickt, im Laufe der nächsten Tage erreichen die Printausgaben per Post ihre Abonnenten. Was darin zu lesen ist, wird den Funktionären des Zweckverbands Abfallwirtschaft Donau-Wald wohl nicht schmecken.

"Wirtschaftstätigkeit des Staates stellt ein erhebliches Risiko dar"

Unter dem Motto "Der Griff nach dem Müll − wenn Kommunen Unternehmer spielen" wettern Experten des Verbands gegen die ZAW-Pläne. "Die Wirtschaftstätigkeit des Staates stellt sowohl für den Steuerzahler als auch für die Privatwirtschaft ein erhebliches Risiko dar", sagt beispielsweise Karolin Herrmann, Expertin des Deutschen Steuerzahlerinstituts für Haushaltspolitik und -recht. Ihr zufolge hat ein zuschussfinanziertes Kommunalunternehmen weniger Anreize, produktions- und kosteneffizient zu arbeiten als private Firmen. "Öffentliche Unternehmen können schnell zum Pulverfass werden", sagt die Expertin. Ein Beispiel sei die Stadt Oldenburg, die ins Altpapiergeschäft einsteigen wollte − und 2014 einen Verlust von 420.000 Euro schrieb.

Die Rechtsanwältin und Vizepräsidentin des Bundes der Steuerzahler Bayern Maria Ritch sieht den Griff nach dem Müll als "Beispiel kommunaler Selbstüberschätzung". Sie kritisiert vor allem, dass der ZAW 60 neue Müllfahrzeuge kauft. Finanziert werde das ihrer Ansicht nach in dieser Größenordnung über Kredite sowie aus Rücklagen von 13 Millionen Euro. "Das ist Geld der Gebührenzahler. Statt es in Form einer Gebührensenkung zurückzugeben, wird leistungsfähigen mittelständischen Betrieben Konkurrenz gemacht", schreibt sie.

Plan müsse langfristig durch Gebührenzahler finanziert werden

Auch der Landtagsabgeordnete und ehemalige CSU-Vorsitzende Erwin Huber zerlegt die ZAW-Pläne: Ihm zufolge sei die Zusammenarbeit mit privaten Anbietern die marktwirtschaftliche und preisgünstigere Lösung. Der Wegfall des Wettbewerbs hingegen gehe laut Huber langfristig zu Lasten der Gebührenzahler.

Laut Pressesprecher Rudolf G. Maier bleiben die Klartext-Beiträge nicht die einzige Aktivität des Bundes der Steuerzahler Bayern in dieser Sache: "Aktuell fertigen Juristen Anträge an, um die ZAW-Pläne zu stoppen ", sagt er. Diese sollen an den Innenminister geschickt werden, der auch für die Kommunalaufsicht zuständig sei.

DAS SAGT DER ZAW
In zahlreichen Diskussionsrunden, zuletzt bei der IHK in Passau, musste sich ZAW-Geschäftsführer Karl-Heinz Kellermann in den Monaten seit dem Beschluss zur Rekommunalisierung der Müllabfuhr im Oktober 2014 verteidigen. Im Folgenden seine Argumente, warum die Rekommunalisierung sinnvoll und im Interesse der Gebührenzahler ist:
Zuverlässigkeit: Seit bereits sieben Jahren hat der ZAW im Landkreis Regen die Müllabfuhr übernommen, nachdem es zuvor jahrelang Bürgerbeschwerden über nicht oder nicht pünktlich geleerte Tonnen gegeben hatte. Die Beschwerdequote ist laut ZAW seitdem vom deutlich letzten auf den ersten Platz gesunken.
Kosten: Als kommunales Unternehmen ist der ZAW von der Umsatzsteuer auf Personalkosten befreit. Durch dieses Umsatzsteuerprivileg spare man sich einen mittleren sechsstelligen Euro-Betrag, was auch den Bürgern zu Gute komme.
Ausschreibung: Die vorgeschriebene EU-weite Ausschreibung der Müllabfuhr würde entfallen − und damit laut ZAW auch viele Unsicherheiten und Risiken. Vor allem dann, wenn internationale Großkonzerne die Ausschreibung gewinnen und sich hinterher wenig um die Qualität der Dienstleistung vor Ort kümmern.

DAS SAGT DER VERBAD DER BAYERISCHEN ENTSORGUNGSUNTERNEHMEN
Otto Heinz, Unternehmer aus Moosburg (Kreis Freising), ist der Präsident des Verbandes der bayerischen Entsorgungsunternehmen (VBS) und mit seinem Betrieb aktuell noch für die Müllabfuhr im gesamten Landkreis Freyung-Grafenau und im nördlichen Landkreis Passau verantwortlich. Im Folgenden seine Argumente, warum die Rekommunalisierung ein Irrweg ist:
Wettbewerb: Nur wo die Müllabfuhr ausgeschrieben wird und damit Wettbewerb herrscht, sind laut Heinz günstige Preise für den Kunden möglich. Das sei in einer sozialen Marktwirtschaft auch der übliche Weg. Der ZAW solle sich auf seine Kontroll- und Organisationshochheit beschränken.
Kosten: Eine im Auftrag des VBS durchgeführte Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln hat ergeben, dass in Bayern die Landkreise, die private Entsorgungsunternehmen beauftragen, im Durchschnitt deutlich geringere Gebühren erheben, als Landkreise, die den Haushaltsabfall über einen kommunalen Eigenbetrieb entsorgen.
Innovationen: Vor dem Hintergrund der Entwicklung von einer Beseitigungswirtschaft hin zu einer rohstofforientierten Kreislaufwirtschaft stammen bisherige Innovationen überwiegend aus der Privatwirtschaft. Auch in der Zukunft ist davon auszugehen, dass die private Entsorgungswirtschaft die wichtigen Innovationsimpulse geben wird.
Ein Bericht aus der Zeitung "Am Sonntag" vom 19. Juli.