Dylan-Programm in Passau
Wolfgang Niedecken spielt für die Flutopfer im Rheinland

22.07.2021 | Stand 21.09.2023, 6:33 Uhr
Dorothea Walchshäusl

Wenn man lange genug hinsieht, sehen sie sich fast ein bisschen ähnlich: Wolfgang Niedecken singt Bob Dylan und liest aus seinem Buch zum Thema auf dem Domplatz in Passau. −Foto: Toni Scholz

Wolfgang Niedecken wandelt in seinem Konzert auf den Spuren von Folk-Legende Bob Dylan. Der Erlös seines Konzerts vor dem Passauer Dom geht an die Opfer der Flutkatastrophe.

Wolfgang Niedecken hat viel erlebt in seinen 70 Jahren auf und hinter der Bühne, und als er am Mittwoch im roten Abendlicht zum Benefizkonzert für die Flutopfer im Rheinland vor dem Passauer Dom auftritt, strahlt er mit grauem Wuschelkopf, obligatorischer Sonnenbrille und knarzender Stimme den Charme eines tiefenentspannten Altstars aus. Für viele im Publikum ist Niedecken als BAP-Frontman eine Ikone – den Soundtrack seines eigenen Lebens aber hat Bob Dylan geschrieben, dem er bei diesem Konzert mit Texten und eingekölschten Liedern seinen Tribut zollt.

Für ein Film- und späteres Buchprojekt ist Wolfgang Niedecken vor einigen Jahren durch die USA gereist und hat Schauplätze besucht, die für Dylan und seine Fangemeinde von Bedeutung sind. Im vertrauten Zusammenspiel mit dem exzellenten Pianisten Mike Herting wandelt der Musiker in Passau nun noch einmal auf den Spuren seines legendären Idols, liest launige Auszüge aus seinem Buch und lässt mit Gitarre, Mundharmonika und rauem Brustton Dylan-Songs wie "The Times They Are a-Changin’", "Like a Rolling Stone" oder "Man in the Long Black Coat" erklingen, wobei die Übergänge vom englischen zum eingekölschten Text nahezu fließend sind. Dazwischen streut Niedecken BAP-Songs wie "Alptraum eines Opportunisten" oder die zärtlich-verschmitzte Hommage "Leev Frau Herrmann" und erzählt bei allem Fokus auf Dylan gleichzeitig immer auch ein wenig seine eigene Geschichte und jene der Popkultur der vergangenen Jahrzehnte.

Ein Künstler zum Anfassen

Mit lässigem Understatement und einer guten Prise Selbstironie sinniert er dann über das Älter- und womöglich tatsächlich Ein-bisschen-weiser-werden an diesem lauen Sommerabend, lässt seine Anfänge in der Schulband Revue passieren, seinen Wechsel vom Bass zum Gesang und erzählt schließlich auch von den raren persönlichen Begegnungen mit Dylan, die zu Wegmarken wurden in seinem Leben. Während Dylan dabei immer etwas unnahbar blieb und nicht ganz von dieser Welt, ist Niedecken ein Künstler zum Anfassen, unkompliziert, zugewandt und engagiert. So stiften Niedecken und Hering die kompletten Einnahmen des Konzerts kurzentschlossen an "Deutschland hilft". Eine schöne Geste im Rahmen dieses musikalischen Roadmovies, das mit "Knockin On Heaven’s Door" samt Publikumschor stimmungsvoll ausklingt.

Dorothea Walchshäusl