Egglham
Von der Handelsfachwirtin zur Kirchenmalerin

13.03.2022 | Stand 21.09.2023, 23:48 Uhr
Gabi Kahler

Bei der Retusche eines Deckengemäldes in der Pfarrkirche in Weicht bei Buchloe (Schwaben): Christine Kalhammer. −Foto: red

Christine Kalhammer war die einzige Auszubildende aus Niederbayern in der Münchener Berufsschule für Maler und Lackierer, Fachrichtung Kirchenmalerei und Denkmalpflege. Nun besucht sie die Meisterschule. Es ist dies für die 48-jährige Egglhamerin die zweite Ausbildung und der zweite Beruf.

"Ich habe immer schon Wandgemälde gemalt", erzählt die zweifache Mutter und nennt ihre Werke: Die Brücke von New York befindet sich im Büro bei ihrem Mann. Diese hat Christine Kalhammer vom Bildschirmfoto frei nachgemalt. Der heute 22-jährige Sohn Julian bekam als Kind ein Wandbild mit Pinguinen, später ACDC-Motive. Alexander, der heute 20 ist, erhielt ein Madagaskar-Motiv mit Affe, Zebra und Löwe. Von der Skyline bis hin zu Wickie-Motiven findet sich im Hause Kalhammer also alles.

"In der Schule war Malen kein Thema für mich, da hatte ich in Kunst schon mal eine Fünf", gesteht die heutige Kirchenmalerin. Zum Schluss allerdings wurden die Noten immer besser. Da machte das Fach dann auch Spaß. "Dann habe ich gemerkt, dass ich Vieles gut umsetzen kann", so die Künstlerin. Sogar im Sitzungssaal der Gemeinde Egglham gibt es eine Wandmalerei von Kalhammer. In den Kirchen von Amsham und Egglham ebenfalls. "Das war noch Hobby", erklärt die Malerin.

Als ihre Söhne selber ins Berufsleben starteten, die Eltern, die Kalhammer gepflegt hatte, verstorben waren, fiel viel Arbeit weg. Ein "In-sich-Horchen" erinnerte die Egglhamerin an ihre Leidenschaft, die Malerei. Sie machte sich auf die Suche nach einem Praktikumsplatz und fand diesen in Haindling. In den zwei kältesten Wochen im Februar reinigte sie Wand- und Deckengemälde. "Das hat mir gefallen und ich habe auch die Zusage zur Ausbildung bei der Firma Brüggemann bekommen", schwärmt sie noch heute.

Wichtig, dass die Techniken nicht verlorengehen

Im September 2018 machte Kalhammer sich dann auf nach München in die Berufsschule als einziger Lehrling aus Niederbayern. "Und als Älteste", schiebt sie nach. Ihre Mitschüler waren zwischen 19 und 23 – "und ich mit 48", meint sie lachend. Drei Jahre dauerte die Ausbildung. "Mir war wichtig, dass ich diese drei Jahre durchziehe. Das ist viel Wissen", beteuert Kahlhammer. "Brokatmalerei, Graumalerei, Holzmaserierungen." Die Künstlerin erklärt jede Technik, schwärmt und grinst: "Kirchenmaler sind Faker. Imitieren, was man imitieren kann", sei das Motto. In kleinen Dörfern hätten die Menschen nicht so viel Geld für Gold, Holz und Marmor und deshalb sei das Imitieren entstanden. Damals wie heute werde viel mit Naturmaterialien wie Eiern, Tierhaut und Pigmenten gearbeitet. "Wegen der Imitate ist oft gar nichts hinter dem sichtbaren Prunk", verrät Kalhammer und gibt den Tipp, mal hinter einen Altar zu schauen. "Vergolden, wie die Ägypter das vor 4000 Jahre gemacht hatten. Die Technik ist immer noch die gleiche, nur das Gold ist dünner geworden."

Sie jedenfalls ist total begeistert von ihrer Ausbildung und hat Freude daran, mit den jungen Leuten zusammenzuarbeiten. Ziemlich bald ist Kalhammer klar gewesen, auch noch die Meisterschule absolvieren zu wollen und sich später mal selbstständig zu machen.

Die Kirchenmalerei ist immaterielles Weltkulturerbe auf der internationalen Unesco-Liste. "Es ist wichtig, dass diese Techniken nicht verlorengehen, die Kultur erhalten bleibt", betont Kalhammer, deshalb sei die Kirchenmalerei auch als Weltkulturerbe aufgenommen worden. Interessant findet die Kirchenmalerin ebenso den geschichtlichen Hintergrund und die vielen verschiedenen Stilrichtungen, die sie dabei erlernt. "Die Aura in der Kirche erfüllt einen und gibt Kraft mit ihrer Ausstrahlung und das mit total einfachen Mitteln wie Kalkputz und Pigmentfarbe", so die Egglhamerin. Ihren früheren Beruf, Handelsfachwirtin, hängte Kalhammer an den Nagel. "Ich bereue keine Minute, dass ich den Wechsel gemacht habe, weil es so erfüllend ist, Kirchenmalereien zu erhalten und es ist so abwechslungsreich. Jede Baustelle ist etwas Neues", betont die Meisterschülerin. Von ihren Eltern erbte Kahlhammer einen etwa 270 Jahre alten Bauernhof. Diesen will sie nun komplett sanieren und dabei ihr breites Wissen anwenden.

Das sind Kalhammers bisherige Wirkungsstätten: die Kirche in Leonberg bei Burglengenfeld (Raumschale und eine Mordentvergoldung), die Klosterkirche in Schlehdorf am Kochelsee (Raumschale mit Rekonstruktionen der Farbflächen, Vergoldearbeiten an den Altären und Kanzel), das Schloss in Bertoldsheim (gesamte Wand- und Deckenflächen mit Kalkglätte bearbeitet und gekalkt), die Kirche in Haindling bei Straubing (Wandflächen gereinigt und rekonstruiert), eine Kapelle in Egglkofen bei Vilsbiburg (Stuckmarmor) und eine Kirche in Buchloe (Farbflächen an der Decke und Wand rekonstruiert).