Salzburger Festspiele
Überflüssige Hofmannsthal-Hommage: "Das Bergwerk zu Falun"

08.08.2021 | Stand 21.09.2023, 0:36 Uhr
Hannes S. Macher


Salzburg – Kein Wunder eigentlich, dass dieses 1899 entstandene und erst 1932, drei Jahre nach Hugo von Hofmannsthals Tod,, uraufgeführtes Theaterstück selten nachgespielt wurde. Hat Hofmannsthal als Librettist für zahlreiche Opern von Richard Strauss großartige Vorlagen geliefert, so ist dieses "Bergwerk zu Falun" leider nur ein triviales, pseudo-mystisches und reichlich verquastes Dramolettchen mit historischen Bezügen.

Da Hofmannsthal zusammen mit Max Reinhardt 1920 das Festival an der Salzach begründet hatte, sollte zum 100jährigen Jubiläum der Festspiele dieses Stück eigentlich im vergangenen Jahr aufgeführt werden, fiel jedoch der Pandemie zum Opfer. Jetzt also die nachgeholte Neuinszenierung im Salzburger Landestheater in der Regie von Jossi Wieler als reichlich überflüssige Hommage auf den Mit-Entdecker der Salzburger Theaterwelt, dessen "Jedermann" jedoch seit 101 Jahren das Publikum auf dem Domplatz begeistert.

Auch eine "Jedermann"-Parabel über die Vergänglichkeit des Lebens ist dieses Stück, das zudem "die transzendentale Obdachlosigkeit des modernen Menschen" mit Bezügen zu Friedrich Nietzsche und Sigmund Freud widerspiegeln soll, wie das Programmheft vollmundig verheißt. Und damit nicht genug. Auch "gespickt mit literarischen Anspielungen auf Goethe, Novalis, E.T.A. Hoffmann und die Brüder Grimm" soll dieses Trivialdrama ebenso sein wie "Reminiszenzen an mythologische Figuren der Antike" hervorrufen. Doch gemach. Nur ein aufgeplustertes,,banales Märchen ist s, das von dem Seemann Elis kündet, der nach drei Jahren Fahrt auf dem Meer in seine Heimat zurückkehrt und die Welt seiner Kindheit und Jugend nicht mehr vorfindet.

Ein "Untoter", was immer das auch ist, führt Elis zunächst in das Reich der Bergkönigin, die keine Vergänglichkeit und keine Lebensfreude kennt. Mit Hilfe seines 200 Jahre alten Doppelgängers wird Elis schließlich zu dem alten Bergwerksbesitzer im schwedischen Falun geführt, in dessen Tochter Anna er sich verliebt, weshalb er jedoch den heiligen Schwur der Entsagung aller menschlichen Freuden bricht, den er der Bergkönigin gegenüber abgelegt hat. Klar, dass er damit den endgültigen Untergang des Bergwerks herbeiführt, das er mit neuem Leben erfüllt hat. Und wen wundert s da noch, dass er am Tag der Hochzeit mit Anna in den Tiefen des Bergwerks für immer verschwindet. Schluchz. Ein "Untoter" auch er?

Was freilich destillierte der Regisseur Jossi Wieler aus diesem Un-Drama? Einen Schauspielabend, der alle Wirrnisse der Textvorlage überreichlich ausbreitete. Von der Bühnenbildnerin Muriel Gerstner ließ er sich eine Bergwerkshöhle bauen, in der die Felsbrocken zu Ziegelsteinen verarbeitet wurden, die zu Elis` glanzvoller Zeit als Subchef des Bergwerks symbolisch zu Wohnsiedlungen aufgetürmt, im Dramenfortgang krachend zerstört und zum Schluss als Zeichen der Hoffnung wieder aufgerichtet werden.

Wenn dieser Festspielflop freilich überhaupt von Interesse ist, dann ausschließlich der schauspielerischen Leistungen wegen: Marcel Kohler verleiht dem vom Seemann zum "Untoten" mutierten und im Nirwana endenden Elis wenigstens den Nimbus eines seltsamen, voll Tatendrang und Todessehnsucht gleichermaßen erfüllten Wanderers zwischen den Welten. André Jung verkörpert Elis` 200 Jahre alten Doppelgänger, Sylvana Krappatsch die mit ominösen Wunderkräften ausgestattete Bergkönigin und Edmund Telgenkämper den Fischer, dessen Sohn im Koma liegt. Einzig Lea Ruckpaul als rührende und anrührende, voll Idealismus und Lebensfreude gesegnete und in Liebe zu Elis sich verzehrende Anna ist ein Lichtblick in dieser öden Aufführung. Aber auch die großartige Hildegard Schmahl in Dreifachbesetzung als leidgeprägte Frau des Fischers, als die über den Tod ihres ersten Kindes trauernde Mutter und als Großmutter, die alles Leid mit Gleichmut erträgt, konnte restlos überzeugen. Doch die Frage bleibt, ob mit dieser Neuinszenierung Hugo von Hofmannsthal ein Gefallen erwiesen wurde. In Salzburg freilich wird nicht gebuht. Spärlicher Anstandsapplaus des Premierenpublikums ist hier auch ein Zeichen der geringen Begeisterung.

Hannes S. Macher

Wieder am 11., 13., 17., 19., 21.8., Karten: 0043/662-8045-500