Rotthalmünster

Tüftler bringt historische Dampfwalze aus dem Jahr 1929 in Gang

19.05.2021 | Stand 20.09.2023, 21:06 Uhr

Stolzer Dampfkesselbetreiber: Martin Hofbauer (Mitte) hat eine historische Acht-Tonnen-Dampfwalze und so restauriert, dass sie betrieben werden kann. Zur Übergabe der Betriebserlaubnis kamen Andreas Glück vom TÜV Süd Industrie Service GmbH Regensburg (l.) und Lisa Dally vom Gewerbeaufsichtsamt der Regierung von Niederbayern aus Landshut nach Asbach. Die Dampfwalze gilt europaweit als Einzelstück. −Foto: red

Die historische Acht-Tonnen-Walze, Baujahr 1929, war nur ein Haufen altes Eisen, als sie Martin Hofbauer vor drei Jahren kaufte. Für den Tüftler aus dem Rotthalmünsterer Ortsteil Asbach (Landkreis Passau) war es Herausforderung und Passion zu gleich, das einzigartige Stück technisches Kulturgut in Gang zu bringen. Er hat’s geschafft. Die Dampfwalze ist wieder in Betrieb.

Die Fragmente der historischen Dampfwalze hätten andere wohl eher gleich auf den Schrottplatz gefahren. Martin Hofbauer machte sie sich zu seinem 50. Geburtstag selbst zum Geschenk. Wer den Asbacher und seine Frau Dania mit Pflegesohn Valentin kennt, weiß, dass die Familie Hofbauer schon viele Schmuckstücke für ihr privates Museum hergerichtet haben. Drei Jahre wurde an der Maschine geschraubt, repariert, fehlende Teile organisiert und so wieder eine originalgetreue Dampfwalze in Betrieb gesetzt.

Gebaut wurde die Walze 1929 bei der Internationalen Baumaschinenfabrik AG in Neustadt an der Haardt (heute: an der Weinstraße). Die Firma IBAG baute zu dieser Zeit bis zum Konkurs im Jahre 1997 alles, was auf dem Bau an technischer Ausrüstung benötigt wurde. Ein alter Verkaufskatalog listet von Gerüsten, Kranen, Brechanlagen bis hin zur einfachen Schubkarre und eben auch Dampfwalzen alles auf, was damals im Lieferprogramm war.

Die kleinste ihrer Bauart - mit acht Tonnen

Die Dampfwalze der Familie Hofbauer ist mit acht Tonnen Betriebsgewicht die Kleinste ihrer Bauart, die IBAG im Programm hatte. Als Höchstgeschwindigkeit werden 4,5 km/h angegeben, die Maschine leistet circa 25 PS bei einem Betriebsdruck von maximal 12 bar und wird mit Holz oder Kohle beheizt.

Auch die Historie der Dampfwalze konnte Martin Hofbauer in Erfahrung bringen. Bis Anfang der 1950er Jahre war diese bei einer Straßenbaufirma in Billigheim in der Pfalz im Einsatz. Der Enkel des Erstbesitzers kann sich noch gut daran erinnern, als kleiner Junge auf der damals bereits stillgelegten Walze gespielt zu haben. Nach Auflösung der Firma gelangte die Walze 1986 nach Frankreich in ein Militärmuseum, wo sie gut 20 Jahre ungeschützt im Freien stand. Durch eine Umstrukturierung des Museums musste für die Maschine, die schon sehr unter der Witterung gelitten hatte, ein neuer Besitzer gefunden werden. Ein Dampfmaschinenliebhaber in der Pfalz kaufte die Maschine und brachte sie so wieder nach Deutschland zurück. Allerdings fehlten ihm die Zeit und die technischen Möglichkeiten, die Dampfwalze zu restaurieren, so dass er diese 2018 an die Familie Hofbauer in teilweise zerlegten Zustand abgab. Martin Hofbauer ist als Sammler historischer Dampfmaschinen in ganz Europa vernetzt und konnte in Erfahrung bringen, dass derzeit europaweit keine weitere Dampfwalze der Firma IBAG bekannt ist, es sich also um ein Einzelstück handelt.

1800 Arbeitsstunden

Nach rund 1800 Arbeitsstunden sind die Restaurationsarbeiten nahezu abgeschlossen. Die notwendigen Prüfungen für die Dampfkessel konnten durchgeführt und die Betriebserlaubnis beantragt werden. Dazu reisten Lisa Dally von der Regierung von Niederbayern (Gewerbeaufsichtsamt) aus Landshut und Andreas Glück vom TÜV Süd Industrie Service GmbH aus Regensburg eigens an. Sie kontrollierten, ob die Auflagen erfüllt sind und überbrachten den Bescheid. Neben einer Festigkeitsprüfung wurde auch eine innere und äußere Prüfung sowie die Prüfung vor Inbetriebnahme durchgeführt. Zusätzlich wurden die neu erprobten Sicherheitsventile getestet und verplombt. Heinz Bertl vom TÜV-Süd Service-Center in Pocking betrachtete die verkehrsrechtliche Einstufung der Dampfwalze, die als selbstfahrende Arbeitsmaschine mit einer Höchstgeschwindigkeit von weniger als sechs Stundenkilometern zulassungsfrei ist. Bereits 1870 wurde der Bayerische Dampfkessel-Revisionsverein (der Vorgänger des heutigen TÜV Süd) gegründet mit dem Ziel, durch regelmäßige Prüfung die damals zahlreich auftretenden, meist tödlich verlaufenden Unfälle mit Dampfkesseln zu vermeiden.

Bei der Prüfung der Dampfwalze der Familie Hofbauer traten keinerlei Schwierigkeiten auf und so konnte Lisa Dally das Kesselbuch mit der offiziellen Betriebserlaubnis überreichen. Somit darf
die Dampfwalze nun auch auf öffentlichen Veranstaltungen vorgeführt werden. Die Familie Hofbauer hat nicht nur selbst Gefallen an historischer Land- und Dampftechnik, sondern will auch frühere Arbeitsweisen an die Jugend von heute weitergeben und – für die Älteren – alte Erinnerungen aufleben lassen. Zeitzeugen können sich erinnern, dass im Rottal in den 1960er Jahren beim Bau der heutigen B12 bei Ering noch eine Dampfwalze im Einsatz war – wohl die Letzte, gab es zu der Zeit ja auch schon Dieselwalzen.
Martin Hofbauer ist sehr interessiert daran, Bilder oder andere Unterlagen und Geschichten von Dampfmaschinen oder Dampfwalzen im Speziellen aus der Region bekommen. Der Asbacher freut sich über jede Kontaktaufnahme unter ✆08533/609 oder per Mail an martin-hofbauer@freenet.de

− red