Erstmals frei empfangbar
Tanz auf dem Vulkan: TV-Ereignis "Babylon Berlin" ab 30. September in der ARD

27.09.2018 | Stand 20.09.2023, 6:10 Uhr
Cornelia Wystrichowski

Der vom Krieg gebrochene, drogenabhängige Kommissar Gereon Rath (Volker Bruch) tanzt mit seiner Schwägerin Helga (Hannah Herzsprung).– Fs.: ARD Degeto/X-Filme/Beta Film/Sky Deutschland/Frédéric Batier

Berlin anno 1929: Die Gol-denen Zwanziger gehen zu Ende, nur noch vier Jahre, dann ist Hitler Reichskanzler. Leuchtreklamen erhellen die Boulevards, und während die Reichen in den Nachtclubs mit Charleston und Absinth feiern, gehen die Armen auf die Straße. Die Serie "Babylon Berlin" ist ein Kopfsprung mitten hinein in diese Welt, ein bildgewaltiges Panoptikum der Weimarer Republik.



Mit rund 40 Millionen Euro Produktionskosten gilt "Babylon Berlin" als teuerste deutsche Serie aller Zeiten – der Bezahlsender Sky und die ARD haben sie gemeinsam produziert, weil keiner das Mammutprojekt alleine hätte stemmen können. Zahlende Kunden konnten "Babylon Berlin" schon voriges Jahr bei Sky sehen, ab Sonntag, 30. September, läuft das Serienspektakel nun als Free-TV-Premiere in der ARD.

Das Epos basiert auf dem Roman "Der nasse Fisch" von Volker Kutscher über die Abenteuer eines Kommissars in der Weimarer Republik: Gereon Rath (Volker Bruch) ist ein gebrochener Held und seit seiner Rückkehr aus dem Ersten Weltkrieg drogenabhängig. Der Kommissar aus Köln ist ins Berliner Sittendezernat versetzt worden. Er ist auf der Suche nach einem kompromittierenden Film, auf dem eine bedeutende Persönlichkeit sadomasochistische Praktiken auslebt. In der ersten Episode lernt er die Stenotypistin Charlotte (Liv Lisa Fries) kennen, die Ermittlungen führen die beiden in eine Welt zwischen kommunistischen Unruhen und aufkeimendem Nationalsozialismus.

"Babylon Berlin", das Tom Tykwer gemeinsam mit Achim von Borries und Henk Handloegten geschrieben und inszeniert hat, ist keine Serie der leisen Töne, sondern eine, um sich sattzusehen, mal derb, mal glamourös. Scharf akzentuierte Bilder von nächtlichen Hinterhöfen zitieren die expressionistische Filmkunst dieser Zeit, und wenn ein feister Geschäftsmann sich im Vergnügungspalast "Moka Efti" gierig gebratenen Oktopus in den Mund schaufelt, ist zum Thema Dekadenz alles gesagt – Halligalli in der Hauptstadt.

Im Herbst werden schon neue Folgen gedreht Die Serie ist das Sittengemälde einer Epoche, die auf dem Vulkan tanzt. Henk Handloegten erkennt darin Parallelen zur Gegenwart: In den 20ern habe in Berlin eine zügellose Partystimmung geherrscht, die er mit der Zeit nach dem Mauerfall vergleicht. "Aber dann, gegen Ende der Zwanziger, geht es immer mehr Leuten zu schnell, die Welt wird zu verwirrend, zu unübersichtlich und der Ruf nach der eisernen Faust wird lauter und lauter" – das sei ähnlich wie heute. Wer sich näher informieren will: Die Dokumentation "1929 – Das Jahr Babylon" beleuchtet am 30. September, um 22.30 Uhr in der ARD die Ära, in der die Serie spielt.

180 Drehtage, knapp 300 Drehorte, 5000 Komparsen, 8000 Quadratmeter Außenkulissen in Babelsberg: Damit sich der Aufwand lohnt, muss "Babylon Berlin" national und international ein Erfolg werden. Und es sieht so aus, als ginge die Rechnung auf: Die Serie wurde bereits mit Auszeichnungen und Kritikerlob überhäuft und in viele Länder verkauft, bei Sky erreichte sie nach Angaben des Pay-TV-Senders schon ein Millionenpublikum. Kein Wunder, dass bereits neue Folgen in Auftrag gegeben wurden, die Dreharbeiten beginnen noch diesen Herbst. Stoff genug gibt es ja, Bestsellerautor Kutscher will die Handlung erst mit Band neun enden lassen, der kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs spielt.Cornelia Wystrichowski"Babylon Berlin", Sonntag, 30.9., 20.15 Uhr, ARD, Folgen 1–3

Do, 4.10., 20.15 Uhr, Folgen 4–6

Ab Do., 11.10., Doppelfolgen, immer donnerstags um 20.15 Uhr

Parallel zur Free-TV-Premiere gibt es Volker Kutschers Romanvorlage "Der nasse Fisch" ab 30. September auch als prominent besetzte Hörspiel-Serie in der ARD Audiothek. Die nötige Smartphone-App gibt es im App- bzw. Google Play Store.

Mehr zum Thema lesen Sie am 27. September im Feuilleton der Passauer Neuen Presse.