Neufassung von zehn Autoren
Schnitzlers "Reigen" für Salzburg neu geschrieben

29.07.2022 | Stand 19.09.2023, 23:46 Uhr
Albert Otti

Salzburger "Reigen" in neuer Form mit Sibylle Canonica, Urs Peter Halter, Matthias Neukirch. −Foto: Salzburger Festspiele / Lucie Jansch

Arthur Schnitzlers einstiges Skandalstück "Reigen" ist bei den Salzburger Festspielen von zehn international erfolgreichen Autorinnen und Autoren vom Wien des frühen 20. Jahrhunderts in die Gegenwart geholt worden. Die Uraufführung des überarbeiteten Dramas um Sex und Macht, an der u.a. Sofi Oksanen, Leïla Slimani und Sharon Dodua Otoo mitschrieben, erntete am Donnerstag jedoch nur höflichen Applaus.

Die Literatinnen und Literaten sowie Regisseurin Yana Ross bauten nur selten erotische Spannung auf. Während es bei Schnitzler fast in jeder der zehn Szenen implizit zu Sex kommt, liegt der Fokus in der neuen Version auf Entfremdung, ermüdenden Beziehungen, sprachlicher Gewalt und wirtschaftlicher Abhängigkeit. Auch die Rollen wurden aktuell übersetzt. Statt Soldat und Stubenmädchen treten Essensbotin (Tabita Johannes) und Onlinekommentator (Urs Peter Halter) auf. Schnitzlers Szene zwischen Graf und Prostituierter wird beim Büchner-Preisträger Lukas Bärfuss zur Abrechnung mit den Festspielen: Im Dialog zwischen Geist (Sibylle Canonica) und Kulturmäzen (Michael Neuenschwander) ist von Metallen wie Nickel die Rede – ein Hinweis auf das Schweizer Rohstoffunternehmen Solway, von dem sich die Festspiele kürzlich als Sponsor trennten. Bärfuss und Ross hatten diesen Schritt wegen Umwelt- und Menschenrechtsvorwürfen gegen Solway gefordert.

Albert Otti