Festspiele Europäische Wochen Passau
Samt und Seide: Niederbayerische Philharmonie im Dom des Bayerwaldes

22.07.2022 | Stand 19.09.2023, 6:31 Uhr
Magdalena Proft

Hinreißend: Die Niederbayerische Philharmonie mit Basil Coleman am Cembalo und Soloviolinist Christian Scholl (links vorne). −Foto: Proft

Mit einem hinreißenden Serenadenkonzert hat die Niederbayerische Philharmonie unter Leitung von Basil Coleman das Publikum in der Zwieseler Stadtpfarrkirche im Rahmen der Europäischen Wochen beschenkt.
Joseph Haydns "Serenadenquartett" in einer Bearbeitung für Streichorchester war der galante Einstieg. Und wer da meinte, bei "Papa Haydn" könne man sich ruhig zurücklehnen, der wurde von den Musizierenden mit Basil Coleman am Cembalo rasch eines Besseren belehrt – es wurde spannend und aufmerksam musiziert und das mit Eleganz in sämtlichen Tempi. Das Orchester kam mit der vertrackt halligen Akustik in St. Nikolaus spielend zurecht. Christian Scholl (Solovioline) wurde von den Kolleginnen und Kollegen nicht einfach nur begleitet, sondern es fand eine angeregte musikalische Unterhaltung statt.
Gleiches galt für das Violinkonzert in G, ebenfalls aus der Feder Haydns. Wie Scholl seine Violine singen ließ und sich in den Dienst des Werkes stellte, war ganz große Klasse. Mit einer Kadenz im ersten Satz, die vom Komponisten und Musikpädagogen Philipp Scharwenka stammte und auf herzerfrischende Weise an Haydns Musik heranging, überraschte er das Publikum.
Und dann Leonard Bernstein – hallo, passte das denn zusammen? Und wie. Abgesehen davon, dass auch in einem Gotteshaus regelmäßig Gast-Mahl gefeiert wird, das gute Gemeinschaft stiftet und schon das Thema in eine Kirche passt, so ging es in Platons "Gastmahl" auch um eine bestimmte Form der Liebe, denn die Teilnehmer, allesamt Bühnenautoren, wetteifern in Beiträgen über das Wirken des Gottes Eros. Da konnte Bernstein sein ganzes Können ausspielen, mit ständigen Taktwechseln, Dialogen zwischen den Instrumenten und allerlei Finessen für Schlagwerk und Streicher.
Das war ein eifriges Diskutieren, Poltern, Durcheinanderreden, dass es eine Art hatte – und doch war es eben auch eine Serenade, eine abendliche Unterhaltungsmusik in Bernsteins musikalischer Sprache. Die Zugabe des Orchesters bildete das ruhig atmende Stück "On the Nature of Daylight" des 55-jährigen Max Richter – wunderbar harmonierend mit der besonderen Stimmung in der Zwieseler Stadtpfarrkirche.

Magdalena Proft