Salzburger Festspiele
Puccinis Opern-Dreigestirn im Festspielglanz

31.07.2022 | Stand 20.09.2023, 6:44 Uhr
Elisabeth Aumiller

"Il trittico" besteht aus drei Einaktern, die auf den ersten Blick keine Verbindung miteinander haben. In "Suor Angelica" geht es um die junge Fürstentochter Angelica (Asmik Grigorian, hier mit Karita Mattila als La Zia Principessa), die wegen einem unehelichen Kind ins Kloster verbannt wurde. −Foto: Rittershaus, Salzburger Festspiele

"Il Trittico" wurde 1918 zu Beginn einer Zeitenwende uraufgeführt. Mit der Wahl dieser drei Einakter zeigen die Salzburger Festspiele Giacomo Puccinis späte Tonsprache in Richtung Verismo. Zugleich weisen sie auf einen Bezug zum diesjährigen Programmhintergrund von Dantes "Divina Comedia" hin.
Puccini plante drei Werke im Hinblick auf Dantes "Inferno, Purgatorio, Paradiso"(Hölle, Fegefeuer, Paradies). Der Tod ist die einigende Thematik der drei völlig voneinander verschiedenen Werke "Il Tabarro", "Suor Angelica" und "Gianni Schicchi". Christof Loy und Franz Welser-Möst haben die originale Reihenfolge geändert und die Komödie "Gianni Schicchi" an den Beginn gesetzt als aufmunternden und laut Loy auch "höllischen Köder", da Schicchi in Dantes Inferno als Testamentsfälscher bestraft wird.

Die ganze Verwandtschaft versammelt sich um den soeben verstorbenen Buoso Donati und beklagt, dass er sein Vermögen den Mönchen vererbt hat. Da tritt der gewitzte Gianni Schicchi in die Runde, hat die Idee, den gerade noch Lebenden zu spielen und vom Notar ein neues Testament erstellen zu lassen, in dem er den Hauptteil des Erbes sich selbst überschreibt.

"Il Tabarro" (der Mantel) dreht sich um das Dreiecksverhältnis zwischen dem Schiffer Michele auf einem Schleppkahn auf der Seine, seiner Frau Giorgetta und ihrem Liebhaber Luigi, den Michele aus Eifersucht erstickt und mit seinem Mantel bedeckt, bevor er vor Giorgetta den Getöteten enthüllt. "Suor Angelica" erzählt von der Fürstentochter Angelica, die mit einem unehelichen Kind Schande über die Familie brachte und ins Kloster verbannt wurde, wo sie sich als Büßerin auf Kräuterkunde spezialisiert hat. Nach Jahren taucht ihre Tante auf, berichtet vom Tod des Kindes und fordert sie zum Verzicht der Erbschaft auf. Mit einem giftigen Trank nimmt sich Angelica das Leben. Aber die Gnade der Gottesmutter vereint sie im Tode mit ihrem verstorbenen Sohn.
Christoph Loy inszeniert in klaren Linien, in hervorragender Personenführung und konzentriert sich szenisch auf das Wesentliche. Vor allem in der Musik finden die drei unterschiedlichen Stücke das verbindende Element. Jeweils in der ersten Hälfte wird in den großen Ensembles überwiegend eine Art Parlando gepflegt, aufgeregt erheiternd, ruhelos oder lyrisch – und dann nimmt die musikalische Thematik die Fahrt auf zum dramatischen Opernklang und gesanglicher Kantabilität.

Asmik Grigorian singt die drei weiblichen Hauptrollen. Dabei kommt ihr stimmlich auch die neue Reihenfolge zugute. Sie ist im ersten Stück eine mädchenhafte Lauretta mit dem bekannten Lied "O mio babbino caro", lyrisch zart gesungen. Mit ihrem Geliebten Rinuccio (tenoral höhensicher Alexey Neklyudov) träumt sie vom gemeinsamen sorgenfreien Leben. Gesteigerten Stimmglanz präsentiert sie als Giorgetta, hin- und hergerissen zwischen Michele und Luigi. Als Angelica entfaltet sie gestalterische und stimmliche Dramatik in bester Klangkultur, gibt ein beeindruckend intensives und emotionales Porträt der unglücklichen Nonne und macht die Arie "Senza mamma" zum musikalischen Höhepunkt.
Misha Kiria ist ein ausgefuchster und sonorer Gianni Schicchi, Roman Burdenko der stimmlich imponierende Schiffer Michele und Enkelejda Shkosa eine betuliche Frugola. Karita Mattila beeindruckt als kaltherzige Tante und Hanna Schwarz als autoritäre Äbtissin. Alle Übrigen in den großen Ensembles leisten ihren Rollen Adäquates. Franz Welser-Möst und die Wiener Philharmoniker loten alle Farben der Partitur subtil, klangschön und charakteristisch aus.

Elisabeth Aumiller

TV-Übertragung am 13. August auf Arte live ab 18.30 Uhr und ORF2 ab 22 Uhr