Neues EU-Gesetz
Ohne WhatsApp WhatsApp-Nachrichten schreiben? Das soll bald gehen

07.07.2022 | Stand 22.09.2023, 21:29 Uhr

Bislang führte oft kein Weg an WhatsApp vorbei. Ein neues EU-Gesetz will nun kleineren Messengerdiensten eine Chance geben. −Symbolbild: Zacharie Scheurer/dpa

Von Katarina Cavar

Bisher gilt: Wer kein WhatsApp hat, der steht ziemlich alleine da, denn der Messenger-Dienst gehört weltweit zu den absoluten Marktführern. Ein neues EU-Gesetz will nun auch anderen Messenger-Diensten wie Threema und Signal eine Chance geben.



Das Europaparlament hat am Dienstag, 5. Juli, gleich zwei Gesetze mit großer Mehrheit verabschiedet, die für eine verschärfte Aufsicht von Online-Plattformen und mehr Verbraucherschutz sorgen sollen. Dabei geht es zum einen darum, mit dem Digital Services Act (DSA) gesellschaftlichen Problemen wie Hassreden oder anderen illegalen Inhalten im Netz besser Einhalt zu gebieten. Zum anderen - und dieser Punkt ist für Nutzer besonders interessant - soll mit dem Digital Markets Act (DMA) die Marktmacht von Internetriesen begrenzt werden. Letzteres soll durch mehr Wahlfreiheit bei Online-Angeboten funktionieren.

WhatsApp-Nachrichten schicken über alternative Messenger

Konkret heißt das Folgendes: Große Anbieter ab 45 Millionen aktiven Nutzern - also etwa WhatsApp oder der Facebook-Messenger - werden gezwungen, sich auch für andere Messenger-Dienste zu öffnen, wie unter anderem das ZDF erklärt. Wer einen alternativen Messenger-Dienst wie Threema oder Signal nutzt, soll künftig beispielsweise WhatsApp-Nutzern Nachrichten schicken können, ohne selbst WhatsApp auf seinem Smartphone herunterladen zu müssen. Das Stichwort lautet Interoperabilität. WhatsApp-Nutzer sollen dem Bericht zufolge dann eine Anfrage erhalten, ob sie die Nachricht annehmen wollen.

Über Parteigrenzen hinweg wurde das Vorhaben der EU gelobt: „Das verändert den kompletten Messengermarkt“, erklärte etwa der EU-Abgeordnete Patrick Breyer (Piratenpartei) gegenüber dem ZDF. „Zum ersten Mal haben die Nutzer eine echte Wahl, welchen Messenger sie nutzen wollen. Alternative Messenger bekommen die Chance, mit dem Platzhirschen WhatsApp in den Wettbewerb zu treten.“ Der Grünen-Europaabgeordnete Rasmus Andresen nannte das DMA „eines der wichtigsten Gesetze“, das in der aktuellen Legislaturperiode beschlossen wurde. Lob kam auch seitens der Sozial- und Christdemokraten, FDP und Linken.

Threema kündigt an: „Werden nicht mitmachen“

Doch ausgerechnet einer der vemeintlichen Nutznießer - der Schweizer Instant-Messaging-Dienst Threema - stellt sich gegen das EU-Vorhaben: „Auch wenn sie gut gemeint ist, würde Interoperabilität eine Verminderung von Sicherheit und Datenschutz auf das niedrigste Niveau der beteiligten Dienste bedeuten.“ Threema sagt auch ganz deutlich: Es werde „nicht mitmachen“ und den eigenen Nutzern keinen Zugang zu WhatsApp ermöglichen.



Gegenüber dem ZDF erklärt Threema, dass durch die Interoperabilität insgesamt mehr Daten anfallen würden, die bei jedem einzelnen Messenger-Dienst gespeichert würden. „Wir hätten keinen Einfluss mehr darauf, was mit den Daten bei anderen Anbietern geschieht.“

WhatsApp selbst hat nun zunächst zwei Jahre Zeit, an einer Umsetzung des EU-Gesetzes zu arbeiten. Bei Verstößen sind drastische Sanktionen vorgesehen. Im Fall von Gate-Keepern kann die EU-Kommission bis zu 10 Prozent des weltweiten Vorjahres-Umsatzes verlangen, im Wiederholungsfall bis zu 20 Prozent.

− cav/dpa/kna