Für Harry Potter-Fans geht’s zur "Kräuterkunde" und "Pflege magischer Geschöpfe" in die Warner Bros. Studio Tour London. Dort hat zum Sommerstart 2022 die neue Themenwelt "Professor Sprout’s Gewächshaus"eröffnet.
Quäkende Schreie erfüllen die Luft in dem sonnendurchfluteten Gewächshaus - eine Geräuschkulisse wie in einem Kindergarten. Und doch runzelt keiner der Besucher entnervt die Stirn - ganz im Gegenteil. Lachend stehen zwei junge Frauen, gehüllt in lange schwarze Kapuzenroben und mit plüschigen Ohrenschützern auf dem Kopf vor einem Blumentopf. Die eine zückt das Smartphone, die andere den Zauberstab und zieht vorsichtig an den grünen Blättern der Pflanze. Dabei blitzt kurz die Farbe ihres Pullis unter der Robe hervor: rot-gold. Dann wieder dieser quäkende Schrei. In den Händen hält das Gryffindor-Mädchen eine kleine schreiende Alraune, die mürrisch das Gesicht verzerrt. "Silencio!"
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Die Szene kann so eigentlich nur aus einem Harry Potter-Film stammen. Oder seit diesem Sommer in der Warner Bros. Studio Tour London. Dort wurde Anfang Juli mit dem neuen Feature "Alraunen und magische Kreaturen" ein alter Filmschauplatz wiederaufgebaut und als neue Themenwelt eröffnet: "Professor Sprout’s Gewächshaus". Belesene Potterheads können dort die Venemosa Tentacula an der Decke erkennen - eine giftige rötliche Tentakelpflanze, die Professor Sprout in Harry Potter und die Kammer des Schreckens im Gewächshaus 3 züchtet.
Mehr Bilder der neuen Themenwelt und weitere "phantastische Tierwesen", die es auf der Tour zu entdecken gibt, finden Sie in unserer Fotostrecke.
"Hier werde ich für mein Nerdwissen bezahlt"
Das Gewächshaus ist die jüngste Attraktion in dem über 46.000 Quadratmeter großem Studio, wo sich Potterheads aus der ganzen Welt sammeln, um einmal durch die Große Halle zu schreiten und ein Butterbier zu trinken. Ebenfalls neu: der steinerne Brunnen des Hofs am Glockenturm und eine kleine (1:3) Version des Fuchsbaus, dem Zuhause der Familie Weasley. 14 Wochen haben die Filmemacher gebraucht, um den Fuchsbau zu errichten, nur damit er innerhalb von sechs Minuten niedergebrannt wird, als ihn die Todesser im sechsten Film in Brand setzen. In den Büchern bleibt das Haus übrigens verschont, weiß Jono, selbst ein großer Potterhead. Er ist einer der Guides, die im ganzen Studio herumwuseln, die Fragen der Besucher beantworten und gerne auch mal verrückte Hintergrundinfos liefern. "Hier werde ich für mein Nerdwissen bezahlt, einen besseren Job kann ich mir kaum vorstellen", schwärmt der junge Rotschopf.
Hautnah an Alraunen, Drachen und Kobolden
Nicht nur die magischen Pflanzen und Kräuter aus dem Universum von Schöpferin J.K. Rowling haben nun einen prominenten Platz in der Tour gefunden. Neben Kobold-Ohren und Troll-Zehennägeln lernen Besucher im Rahmen des Features "Alraunen und magische Kreaturen", wie sich beispielsweise der britische Schauspieler Warwick Davis innerhalb von vier Stunden entweder in den Gringotts-Kobold Griphock oder den Chorleiter Professor Flitwick verwandelt. Im "Creature Workshop" werden seit Juli nun in einem extra Bereich die Techniken vorgestellt, mit denen Fabelwesen wie der Basilisk, Dobby der Hauself, oder Seidenschnabel der Hippogreif zum Leben erwachen. Besonders nett für Kinder: In einigen Sets haben sich die blauen, wilden Wichtel aus Cornwall versteckt.
Auch Drachenfans kommen nicht zu kurz. Gleich am Eingang der Tour spannt ein rießiger Ukrainischer Eisenbauchdrache seine Flügel über die Besucher auf. Fahl, abgemagert, blind und mit einer schweren Kette um den Hals scheint er mit einem großen Schrei auf die Massen herabzustürzen. Es handelt sich um das Exemplar aus Gringotts, das in den Tiefen der Zaubererbank das Verlies von Bellatrix Lestrange bewachte und sich im Film Harry Potter und die Heiligtümer des Todes 2 seinen Weg in die Freiheit bahnt. Ein kleiner Vorgeschmack auf einen besonderen Effekt später in der Studio Tour, wenn es durch die Themenwelt "Gringotts" von 2019 geht, die noch kurz vor der Pandemie eröffnet wurde.
Viel Zeit einplanen: Drei Stunden sind zu knapp
Das Studio wächst von Jahr zu Jahr und wird immer mehr zu dem Hogwarts, das Fans aus den Filmen kennen. Das erklärt wohl auch, warum es so viele Menschen immer wieder hierher zieht - auch Einheimische. Und das obwohl sie keine besonderen Vergünstigung bekommen.
"Ich war jetzt schon dreimal hier. Einmal mit meiner Frau, dann mit meinem ersten Sohn und heuer mit unserer kleinen Tochter. Sie hat gerade angefangen die Bücher zu lesen", erzählt der sommersprossige Taxifahrer Percy auf dem Weg zum Studio. Er lebt in Watford, einer Stadt etwa 32 Kilometer außerhalb von London, in der das Warner Bros. Studio liegt. "Beim ersten Mal, waren wir noch vier Stunden drin, aber letztes Mal waren es fast acht." Er lacht. Und hat recht: Besucher sollten viel Zeit einplanen. Am besten mehr als die empfohlenen dreieinhalb Stunden. Große Fans, die auch die Spezialeffekte ausprobieren und die vielen Requisiten (Kotzpastillen, Dumbledores Erinnerungen usw.) inspizieren wollen, besser sogar einen kompletten Tag. Für eine kurze Pause bietet sich ein kleines Café auf etwa der Hälfte der Tour an. Dort ein kühles Butterbier genießen und dann geht’s weiter.
Auch eine Mitarbeiterin der "Harry Potter Photographic Exhibition" in London gibt zu: "Ich lebe jetzt seit einem Jahr in London, aber in den Studios war ich bestimmt schon achtmal". Auch heuer möchte sie nochmal hin. "Es gibt einfach immer wieder so viel Neues zu entdecken", meint die junge Britin mit den schwarzen Zöpfen. Sie kontrolliert die Taschen am Eingang der Fotoausstellung, die 2021 bei Covent Garden aufgebaut wurde.
"Making-Of Magic" in der Photographic Exhibition
Dort finden Fans Hunderte exklusive Fotografien und Filmausschnitte, die teilweise Making-of-Szenen zeigen. Darunter auch ein Bild von Emma Watson als Hermine Granger mit zwei ihrer Stuntdoubles. Neben leuchtend grünen Fliesen darf dort natürlich die rote Telefonzelle nicht fehlen, mit der Zauberer über die "62443" ins Ministerium reisen. Immerhin liegt das magische Regierungsgebäude ja auch in London, Whitehall, unter dem britischen Finanz- und Wirtschaftsministerium "HM Treasury".
Wer nach London reist, aber keinen ganzen Tag für die Warner Bros. Studios einplanen kann, bekommt hier einen Kurzflug durchs Harry-Potter Universum - inklusive Besen-Foto vor dem Greenscreen und einem eigenen Zauberer-Pass. Das Gefühl "endlich nach Hause zu kommen", wie Harry sagen würde, gibt es allerdings nur in den Studios. Dafür kann die Ausstellung in London mit ihrer Butterbier-Bar punkten, in der es in gemütlicher Atmosphäre Butterbier, Sandwiches und ausgefallene Süßigkeiten wie "Purple Frog Cupcakes" und "Bullion Brownies" zu naschen gibt.
Halloween löst die magischen Kreaturen ab
Das Feature "Alraunen und magische Kreaturen" geht noch bis zum 12. September. Danach wird alles für Halloween vorbereitet. Doch eigentlich ist es egal, wann man die Tour besucht, denn jedes Set wurde mit solch einer Liebe zum Detail konzipiert und aufwendig geschmückt, dass jeder noch so mürrische Muggel anerkennend schmunzelt und in den bereits älteren Potterheads die Fan-Leidenschaft neu entfacht wird. Dazu tragen auch die anderen Besucher bei, die - nicht selten verkleidet - mit einem Leuchten in den Augen durch die Hallen schreiten. Erst sie geben einem das Gefühl, hier richtig und Teil einer großen, magischen Fangemeinschaft zu sein, in der es erlaubt ist, an Magie zu glauben.
INFORMATIONEN
Die Tour in den Warner Bros. Studios erstreckt sich über zwei Gebäude sowie einen Außenbereich. Digitale Tourführer gibt es für fünf Pfund am Eingang (sechs Euro). Geführte Touren müssen vorab gebucht werden. Es gibt zwei Cafés sowie ein Restaurant. Infos: www.wbstudiotour.co.uk/de/
TICKETS
Tickets müssen im Voraus online bezahlt werden. Besser sechs Wochen vorher buchen, um ein gewünschtes Zeitfenster auswählen zu können. Ein Erwachsenen-Ticket kostet rund 50 Pfund (59 Euro), Kinder bis 15 Jahre zahlen rund 40 Pfund (47 Euro). Es gibt auch Familien- und Gruppentickets. Seit 2022 gibt es zusätzliche Tickets für einen "Nachmittagstee".
ANREISEN
Ab London: Das Studio befinden sich in Leavesden (Watford), 32 Kilometer nordwestlich von London. Anreise entweder per Auto oder Zug von Euston (20 Minuten) oder Birmingham New Street (eine Stunde) nach Watford (Junction) und dann 15 Minuten weiter mit dem Shuttlebus (alle 20 Minuten). Vor dem Studio gibt es einen großen kostenlosen Parkplatz.
ÜBERNACHTEN
Rund zehn Minuten entfernt befindet sich das Fünf-Sterne-Hotel "The Grove".
Deutlich günstiger und direkt nebenan ist das "Hunton Park Hotel" (Vier Sterne). Infos: www.huntonparkhotel.co.uk/
Auch auf der Internetseite des Studios gibt es spezielle Ticketangebote inklusive Übernachtung.
TIPPS
"The Harry Potter Photographic Exhibition" in Covent Garden (London). Ein Erwachsenen-Ticket kostet 20 Pfund (24 Euro), Kinder bis 15 Jahre zahlen 14 Pfund (17 Euro). Infos: www.harrypotteronlocation.co.uk/
"House of MinaLima" in London: Museum und Geschäft der beiden Grafikdesigner, die an den "Harry Potter"-Filmen gearbeitet haben.
Redakteurin Anja Kurz begab sich auf Einladung der Warner Bros. Studio Tour London auf die Spuren von "Alraunen und magische Kreaturen".
Zu den Kommentaren
Kobolde arbeiten als Bankangestellte in der Zaubererbank Gringotts. Jedem Kobold wurde eine eigene Persönlichkeit verliehen, die sich an den jeweils einzigartigen Ohren und Nasen erkennen lässt.
Gleich am Eingang der Tour spannt ein riesiger Ukrainischer Eisenbauchdrache seine Flügel über die Besucher auf.
Einige Besucher sind passend verkleidet, hier ein Pärchen mit den kultigen Ohrenschützen.
Das Filmset "Professor Sprout’s Gewächshaus" wurde im Juli neu eröffnet.
Von Seidenschnabel dem Hippogreif wurden insgesamt drei lebensgroße Animatronikmodelle angefertigt.
