1,5 Millionen hörten "Ludwig II."
Komponist des Kini-Musicals Franz Hummel ist tot

22.08.2022 | Stand 21.09.2023, 3:37 Uhr

Ein Bein lässig über einen rotsamtenen Sessel geschlagen: Franz Hummel Ende 2019 bei den Proben zu "Ludwig II. – Sehnsucht nach dem Paradies". Das Theater Regensburg inszenierte damals sein Musical neu, als spätes Geschenk zum 80. Geburtstag. −Foto: www.altrotofo.de

Der Komponist Franz Hummel aus Riedenburg ist am Samstagabend in einem Regensburger Krankenhaus gestorben. Das teilte seine Frau Susan Oswell auf Anfrage unserer Zeitung mit. Hummel wurde am 2. Januar 1939 in Schwabmünchen geboren und wuchs in Altmannstein im Landkreis Eichstätt auf. Bekannt wurde er vor allem als Komponist des Musicals "Ludwig II. – Sehnsucht nach dem Paradies", das im Jahr 2000 im Musical-Theater Neuschwanstein in Füssen uraufgeführt wurde.

Hummel schrieb auch Konzerte und über 25 Opern, die provozierten, aber Publikum und Kritiker begeisterten. In jungen Jahren hatte Hummel als pianistisches "Wunderkind" gegolten und europaweit Klavierkonzerte gegeben. Auch als Autor hatte er mit seinem autobiografisch angehauchten Roman "Der Schrei der Fledermäuse" noch vor sechs Jahren für Schlagzeilen gesorgt. Hummel hatte 2021 Jahr einen Schlaganfall erlitten und war seitdem auf den Rollstuhl angewiesen. Er war zwar körperlich massiv gehandicapt, aber sein stets kritischer Geist funktionierte bis zuletzt.

Hummel wuchs als Sohn der Nürnberger Designerin sowie Kinderbuchautorin und -illustratorin Lore Hummel in Altmannstein auf. Der Zweite Weltkrieg hatte die Familie dorthin verschlagen. Seine Jugend im Schambachtal prägte ihn, auch wenn er später in München, Bonn und schließlich in Riedenburg lebte. Bereits im Alter von sieben Jahren gab Hummel in der Provinz seine ersten Konzerte, unter anderem spielte er Werke von Beethoven und Haydn sowie erste eigene Kompositionen. Bereits 1953 startete er seine erste Deutschland-Tournee. Mit 17 Jahren verließ er ohne Abschluss das Reuchlin-Gymnasium in Ingolstadt und widmete sich ganz der Musik. Wie es in einer 2014 erschienenen Biografie weiter heißt, folgten zwei Jahrzehnte mit Auftritten in Europa und Russland.

Hummel nahm zudem mehr als 60 Schallplatten auf. Schon damals blitzte seine Lust am Revoluzzertum auf. So veröffentlichte er Eigenkompositionen unter frei erfundenen tschechischen Pseudonymen, die unter seinem Namen wohl von den Kritikern verrissen worden wären, aber nun Anerkennung ernteten.

Hummel beendete seine erfolgreiche Pianisten-Karriere im Jahr 1975 abrupt. Nun begann die Ära des Komponisten. Unterstützung fand er bei der englischen Choreografin Rosamund Gilmore, die Inszenierungen schuf, und seiner späteren Frau Susan Oswell, die das Libretto zu seiner zweiten Oper "Blaubart" schrieb. Auch Elisabeth Gutjahr, heute Professorin für Rhythmik und seit 2018 Rektorin am Mozarteum Salzburg, wirkte als Librettistin an mehreren Werken mit. Hummel schuf einen Kosmos, der von historischen Figuren wie Freud, Gorbatschow, Beuys, Händel, Nietzsche, Wagner und schrägsten Charakteren bevölkert wurde.

Im Jahr 2000 erregte der "Neutöner" wieder die Aufmerksamkeit der Medien, als er plötzlich ins Musical-Fach wechselte. Auf Anregung des Burghauser Regisseurs und Autors Stephan Barbarino schuf Hummel die Musik zu "LudwigII. – Sehnsucht nach dem Paradies", das sich mit dem Leben und Sterben des bayerischen Märchenkönigs beschäftigt. Die 1506 Vorstellungen in Füssen sahen über 1,5 Millionen Zuschauer.

Die Freude an der Provokation motivierte ihn ein Leben lang. Vor acht Jahren komponierte Hummel eine neue Bayernhymne. Er vertonte dabei "ideologische Hammerwürfe", wie der selbsternannte Querulant Hummel sie bezeichnete, die König Ludwig II. persönlich getextet hatte.

Hummel lebte im Riedenburger Froschgässchen. Er war ein gerne und oft gesehener Gast in der Gastronomie, plauderte an den Stammtischen und ließ dabei manchen derben Spruch vom Stapel. In einem am Friedhof ausgelegten Kondolenzbuch können sich Freunde und Bewunderer von ihm verabschieden. Die Beerdigung im engsten Familienkreis statt.

Harald Rast