Premiere im Theater an der Rott
Kleists Amazonen-Kriegsdrama "Penthesilea" ist nichts für zarte Gemüter

23.01.2022 | Stand 25.10.2023, 10:39 Uhr

Der Kampf ist ihr Leben: Die Amazonen in Kleists "Penthesilea" stürzen sich in die Schlacht, um Männer zur Fortpflanzung zu erobern. −Foto: Sebastian C. Hoffmann

Wild. Das beschreibt es wohl am besten, was bei der Premiere von Heinrich von Kleists "Penthesilea" am Samstag im Theater an der Rott in Eggenfelden auf der Bühne zu sehen war. Krieg, Liebe, nackte Haut, Sex – das volle, polarisierende Programm. Es war laut, es war leidenschaftlich, schmutzig, spannungsgeladen und irre. Die Zuschauer mussten teils hart im Nehmen sein − die Schauspieler auch. Auf jeden Fall brauchte jeder und jede einzelne der Darsteller nach der Vorstellung erst einmal eine Dusche.

Heinrich von Kleist ist bekannt für seine tragischen Dramen. Auch das Stück über die kriegerische Amazonenkönigin "Penthesilea" ist schwere Kost: griechische Mythologie auf dem Schlachtfeld. Genau dort beginnt die Handlung: im Kampf um Troja. In das Kriegsgetümmel der Griechen mischen sich die Amazonen ein. Ihr Ziel ist es, Männer zu erobern, um mit ihnen das "Rosenfest" zu feiern, also sich mit ihnen fortzupflanzen. Danach, so sagen es die alten Gesetze, werden sie in die Freiheit entlassen. Nur die weiblichen Nachkommen aus diesen Zusammenkünften dürfen leben und zu Kriegerinnen werden. Liebe ist in diesem sozialen Konstrukt nicht vorgesehen.

Als sich Penthesilea (Barbara Novotny) in Achilles (Alexander Mitterer) verliebt, ist die Tragödie nicht abzuwenden. Im Kampf überwältigen die Griechen die Amazonen – Penthesilea aber, die während der Schlacht bewusstlos niederstürzt, wird das Gegenteil erzählt. Als sie später erfährt, dass nicht Achilles, sondern sie die Kriegsgefangene ist, wird sie rasend vor Wut.

Achilles unterdessen, der Penthesilea genauso liebt, wie sie ihn, fordert sie erneut zum Kampf heraus. Er will sich ihr ergeben, um ihr Geliebter werden zu können. Doch blind vor Zorn und in einem Blutrausch, der ihr alle Sinne raubt, ermordet die Amazonenkönigin Achilles. Und folgt ihm schlussendlich in den Tod, als sie erkennt, was sie getan hat.

Grausam und voller Gewalt sind die Kriegerinnen – das kommt bei der Eggenfelder Inszenierung unter der Regie von Josef Maria Krasanovsky von Anfang an rüber. Gleich in der ersten Schlachtszene spritzt das Kunstblut über die Bühne, später auch Bodylotion, Körperöl, Bier und Sekt.

Das Bühnenbild (Vincent Mesnaritsch) ändert sich nicht und bleibt die bedrohliche Konstante, die die wilde Handlung dringend benötigt. Die Szenerie ähnelt mit den bis zu Decke weiß gefliesten Wänden einem heruntergekommen Badezimmer, das eine mit Wasser gefüllte Badewanne in der Mitte dominiert. Bis zum tragischen Ende des Schauspiels werden darin jede Menge Farbe, Zigaretten und Sand landen, der auf dem gesamten Bühnenboden verstreut liegt.

Die Kostüme (Elke Gattinger) der Krieger und Kriegerinnen – schwarz, freizügig, aus Leder − passen perfekt in das Bild und setzen, genauso wie die laute Technomusik, einen krassen modernen Gegensatz zur antiken Sprache und Handlung.

Ob es einem nun gefällt oder nicht, was da Wildes und Wirres auf der Bühne passiert – denn das ist sicher nicht jedermanns Geschmack: Die schauspielerische Leistung aller Beteiligten ist großartig, angefangen bei den Hauptrollen, bis hin zu Penthesileas Vertrauter Prothoe (Stefanie Darnesa), Achilles’ Berater Odysseus (Norman Stehr) und Diomedes (Markus Schiefer) sowie allen Amazonen und Griechen. Der Wahnsinn steckt in den Augen der Darsteller, die Kampfeslust in ihren Gliedern.

Florentina Czerny

•Vorstellungen am 27.-30. Januar, 4./5. Februar sowie am 6. Februar. Tickets unter www.theater-an-der-rott.de und ✆08721 126898-0.