Weiterbetrieb von Isar 2
„Ist das alles?“ Reaktionen aus Bayern auf Atom-Entscheidung von Scholz

18.10.2022 | Stand 22.09.2023, 4:26 Uhr

Wasserdampf steigt aus dem Kühlturm des Atomkraftwerks (AKW) Isar 2. Die verbleibenden drei deutschen Atomkraftwerke sollen maximal bis zum 15. April 2023 weiterlaufen können. Das hat Kanzler Olaf Scholz (SPD) entschieden. −Foto: Armin Weigel/dpa

Die bayerische Staatsregierung aus CSU und Freien Wählern hat die Entscheidung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zum Weiterbetrieb der verbleibenden drei deutschen Atomkraftwerke als unzureichend und enttäuschend kritisiert.



„Ist das alles? Was für eine Enttäuschung“, schrieb Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Montagabend auf Twitter. Das Problem sei nur vertagt. „Das ist zwar eine Lösung im Ampelstreit, aber nicht für das Stromproblem in Deutschland“, argumentierte Söder und warnte: „Die Gefahr eines Blackouts im kommenden Jahr bleibt bestehen.“



Dabei übte Söder erneut Fundamentalkritik an der Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP: „Die Ampel nimmt weiter steigende Strompreise billigend in Kauf. Diese Koalition ist ein Risiko für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Die Grünen haben ihre Ideologie durchgesetzt und die FDP hat wieder einmal zu viel versprochen.“

Diese Karte zeigt die bereits stillgelegten Kraftwerke sowie die für den Weiterbetrieb eingeplanten Kraftwerke:



Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) kritisierte: „Der Kanzler springt mit April zu kurz.“ Und der Energieminister verzichte aus ideologischen Gründen auf Energieerzeugung. „Wenn der Kanzler auf öffentlichen Druck hin jetzt doch alle drei AKWs verlängern muss, das Energieministerium aber nur zwei wollte, lässt das tief blicken“, sagte Aiwanger. Das Vertrauen in die Bundesregierung, ob sie wirklich alles tue, um die Energieversorgung in Deutschland sicherzustellen, sei tief erschüttert. „Es glaubt auch niemand mehr, dass die Energieprobleme bis April so weit gelöst sind, dass wir keine Atomkraft mehr bräuchten. Wir müssen dringend zeitnah dafür sorgen, dass auch der Winter 2023/24 noch mit Atomstrom abgesichert wird.“



Am Abend hatte ein Regierungssprecher die Entscheidung von Scholz zum Weiterbetrieb dreier deutscher Atomkraftwerke bekanntgegeben - darunter ist auch der Meiler Isar 2 in Essenbach (Landkreis Landshut). Die drei Kraftwerke sollen bis maximal Mitte April kommenden Jahres weiterlaufen können.

„Es wird die gesetzliche Grundlage geschaffen, um den Leistungsbetrieb der Kernkraftwerke Isar 2, Neckarwestheim 2 sowie Emsland über den 31.12.2022 hinaus bis längstens zum 15.04.2023 zu ermöglichen“, heißt es in einem Schreiben, das an Wirtschaftsminister Robert Habeck, Umweltministerin Steffi Lemke (beide Grüne) sowie Finanzminister Christian Lindner (FDP) adressiert ist.

Tagelanger Streit zwischen FDP und Grünen

Tagelang hatten vor allem FDP und Grüne darum gestritten, ob und wie lange die drei noch laufenden Atomkraftwerke weiter betrieben werden sollen. Die Grünen hatten am Wochenende auf einem Parteitag beschlossen, nötigenfalls einen sogenannten Streckbetrieb für die Meiler Isar 2 und Neckarwestheim 2 bis Mitte April 2023 mitzutragen.

Die FDP wollte auch das dritte Atomkraftwerk Emsland am Netz halten und alle drei bis ins Jahr 2024 hinein laufen lassen. Gegebenenfalls sollten außerdem bereits stillgelegte AKW reaktiviert werden.

Grüne und FDP werteten Scholz„ Entscheidung als Erfolg für die jeweils eigene Partei. „Bundeskanzler stützt Grüne Linie“, schrieb Grünen-Landtagsfraktionschefin Katharina Schulze auf Twitter. Es gebe keinen Weiterbetrieb der Meiler bis 2024, sondern nur einen Streckbetrieb, um für den „schwierigen Winter“ gerüstet zu sein. „Atomausstieg besiegelt. Keine neuen Brennstäbe. Gut!“, fügte sie hinzu.



FDP-Landtagsfraktionschef Martin Hagen schrieb ebenfalls auf Twitter: „Vernünftige Entscheidung.“ Alle drei Meiler über den 31. Dezember hinaus laufen zu lassen, senke die Strompreise, sichere die Netzstabilität und sei gut fürs Klima. „Der hartnäckige Einsatz der FDP hat gelohnt. Scholz hat Führung gezeigt und Schaden von unserem Land abgewendet. Vernunft statt Ideologie“, schrieb Hagen.

− dpa