PNP-Spendenaktion
HIV-positiv, mangel- und unterernährt: Mutter und Sohn kämpfen sich ins Leben zurück

10.12.2021 | Stand 20.09.2023, 23:18 Uhr
Philipp Hedemann

Bis auf die Rippen abgemagert kam Joseph im Krankenhaus von Garissa an. Dort werden er und seine Mutter Mercy aufgepäppelt und mit Medikamenten versorgt. Langsam geht es aufwärts. −Fotos: Philipp Hedemann

Die alleinerziehende Mercy und ihr Sohn sind HIV-positiv – Joseph ist zudem schwer mangel- und unterernährt. Im Bezirkskrankenhaus von Garissa kämpfen Mutter und Sohn sich jetzt ins Leben zurück.

Wie Sie helfen können, lesen Sie am Ende des Artikels. Mehr zur PNP-Spendenaktion finden Sie auf unserer Sonderseite.

Weinend windet sich Joseph auf dem Schoß seiner Mutter Mercy. Die Spezialnahrung, die sie ihm gerade mit einer Spritze eingeflößt hat, läuft dem Buben aus den Mundwinkeln. Joseph ist 16 Monate alt und wiegt 5100 Gramm. Normal wären in diesem Alter mehr als neun Kilo. Der Bub ist schwer unter- und mangelernährt, wird deshalb im Bezirkskrankenhaus von Garissa behandelt. Seit wenigen Tagen weiß seine alleinerziehende Mutter, dass sie und ihr jüngstes Kind HIV-positiv sind.

Mercy kann sich nicht erinnern, wann Joseph anfing zu husten und das Fieber ihm den Schweiß auf die hohe Stirn trieb. Richtig gesund war er eigentlich nie. Wenn sie ihn stillen wollte, hatte er oft nicht die Kraft zu trinken und schlief an ihrer Brust ein oder dämmerte halbwach vor sich hin. In seiner körperlichen Entwicklung ist Joseph deutlich zurückgeblieben. Mit 16 Monaten kann er weder feste Nahrung zu sich nehmen noch krabbeln.

"Er lächelt mich nur ganz selten an"

"Er sah fast nie glücklich aus und lächelt mich nur ganz selten an. Ich glaube, er hat oft Schmerzen", berichtet Mercy im Krankenhaus. Irgendwann kam der vierfachen Mutter der Verdacht, dass ihr jüngster Sohn vielleicht Corona haben könnte. Aber sie wusste nicht, ob und wenn ja, wo sie ihr Kind auf die Lungenkrankheit testen lassen könnte. Außerdem kostet das bestimmt etwas, dachte Mercy sich. Und Geld hat sie nicht.

Die 28-Jährige, die ihre Eltern früh verlor und mit 18 Jahren zum ersten Mal Mutter wurde, ging zwar acht Jahre zur Schule, doch eine anständig bezahlte Arbeit fand sie nie. Manchmal wäscht sie für Familien, die sich eine Haushaltshilfe leisten können, die Wäsche, manchmal findet sie einen anderen kleinen Gelegenheitsjob, meistens findet sie nichts. Eine eigene Unterkunft kann sie sich nicht leisten. In Zeiten, in denen sie sich gut mit ihrer Tante versteht, darf sie mit ihren vier Kindern bei ihr übernachten. Aber immer wieder gibt es Streit. Dann kommt Mercy bei Bekannten unter. Ob sie für die Schlafgelegenheit für sich und die Kinder eine Gegenleistung erbringen muss, verrät Mercy nicht.

Mercys Kinder gehen oft, fast jeden Tag hungrig ins Bett

Vor allem seit die Dürre und die Corona-Pandemie die Lebensmittelpreise in die Höhe getrieben haben, reicht Mercys Geld meist nicht für eine vernünftige Mahlzeit am Tag. Obwohl sie in einer überflutungsgefährdeten Armensiedlung in unmittelbarer Nähe des von Krokodilen bewohnten Tana-Rivers lebt, landet fast nie Fisch oder Fleisch auf ihrem Teller. Wenn überhaupt, gibt es bei Mercy das Nationalgericht Ugali, einen billigen und sättigenden, aber vitamin- und nährstoffarmen Maisbrei. An guten Tagen reicht es für ein bisschen Spinat, Reis oder Bohnen. Aber die guten Tage werden immer seltener und Mercys Kinder gehen oft, fast jeden Tag hungrig ins Bett.

Je weniger sie aß, desto weniger Milch gab ihre Brust, desto dünner wurde Joseph. Dass er dringend zum Arzt musste, wusste Mercy schon lange. Aber: "Ich dachte, dass ich für die Behandlung im Krankenhaus zahlen müsste. Außerdem hatte ich nicht die 100 Schilling für ein Motorradtaxi zum Krankenhaus", sagt sie.

Hundert Schilling sind umgerechnet 78 Cent. Als ihre Nachbarn nicht länger zusehen konnten, wie sich Josephs Zustand fast täglich verschlechterte, sammelten sie in der Nachbarschaft, bis sie 200 Schilling, 1,56 Euro, für die Hin- und Rückfahrt zusammen hatten. Dann setzen sie Mercy mit ihrem auf den Rücken gebundenen Sohn auf den Sozius des Taximotorrads und wünschten dem schwer kranken Jungen gute Besserung. Das war vor zwei Wochen.

Alle drei Stunden flößt Mercy ihrem Sohn seitdem im Krankenhaus 80 Milliliter Spezialnahrung ein. Zunächst verlor Joseph trotzdem weiter dramatisch an Gewicht, doch seit zwei Tagen nimmt er endlich zu.

Ihre drei älteren Kinder sind nicht infiziert

Doch dann der Schock. Im Krankenhaus durchgeführte Tests ergaben, dass sowohl Mercy als auch ihr Sohn HIV-positiv sind. Da ihre ersten drei Kinder nicht mit der Immunschwächekrankheit infiziert sind, vermuten die behandelnden Ärzte, dass Mercy sich angesteckt hat, als sie mit Joseph schwanger war und die Krankheit im Mutterleib, bei der Geburt oder beim Stillen auf ihren Sohn übertrug.

Mercy nahm die Nachricht der Ärzte mit großer Gefasstheit auf. Wie die vielen anderen Proben, auf die sie in den letzten 28 Jahren bereits gestellt wurde, spendet Mercy – auf Deutsch bedeutet ihr christlicher Name "Barmherzigkeit" – auch dieses Mal ihr unerschütterlicher Glaube Trost und Hoffnung und lässt sie Versöhnung suchen.

"Ich bin mir sicher, dass Josephs Vater mich angesteckt hat. Er ist nicht der Vater meiner ersten drei Kinder. Ich weiß, dass er mir nicht immer treu war. Aber ich hasse ihn nicht", sagt die alleinerziehende Mutter. Sie weiß, dass HIV-positive Menschen heute mit der richtigen, in Kenia kostenlos erhältlichen Medikamentierung fast genauso und genauso lange leben können, wie Menschen, die den Virus nicht in sich tragen. Das Leben hat Mercy zur Kämpferin gemacht. Sie kämpft diesen Kampf auch für ihre vier Kinder.

SO KÖNNEN SIE HELFEN:
Zum 29. Mal leuchtet heuer "Ein Licht im Advent", die Weihnachtsaktion der Passauer Neuen Presse, in diesem Jahr zugunsten der Arbeit des UN-Kinderhilfswerks in Kenia.

Ihre Spende auf das Konto, IBAN-Nummer DE22740500000030442826 bei der Sparkasse Passau (BIC BYLADEM1PAS bei Überweisungen aus dem Ausland), ist steuerlich absetzbar. Bei Beträgen bis 200 Euro akzeptiert das Finanzamt in der Regel einen Bankbeleg. Als Empfänger bitte Unicef angeben, bei Summen ab 25 Euro stellt Ihnen Unicef eine Quittung aus. Bei der Überweisung Ihren Namen und Ihre Adresse nicht vergessen! Die Namen der Spender werden in der Heimatzeitung veröffentlicht. Wenn Sie das jedoch nicht wollen, können Sie dies bei Ihrer Überweisung jederzeit mit dem Vermerk "Anonym" im Verwendungszweck ausschließen.

− efi