Schweigen gebrochen
Getötete Schwester im Koffer nach Bayern gebracht: Bruder gesteht Tat

07.09.2022 | Stand 08.09.2022, 9:18 Uhr

Einer der Brüder brach nach sechs Monaten im Prozess vor dem Landgericht Berlin sein Schweigen und schilderte einen tödlichen Streit. −Symbolbild: dpa

Mehr als ein Jahr nach der Tat hat einer der beiden Brüder, die ihre Schwester ermordet und deren Leiche im Koffer nach Bayern transportiert und diese in Ehekirchen (Landkreis Neuburg-Schrobenhausen) vergraben haben sollen, die Tötung gestanden.



Er brach nach sechs Monaten im Prozess vor dem Landgericht Berlin sein Schweigen und schilderte einen tödlichen Streit. „Ich wollte sie nicht töten, was passiert ist, tut mir sehr leid“, erklärte der 27-Jährige am Mittwoch über einen seiner Verteidiger.

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Es sei zu einer heftigen Auseinandersetzung gekommen, in der es um Geld für ihre Familie in der Heimat ging, hieß es weiter. Seine Schwester habe nicht gewollt, dass auch ihre Eltern von Afghanistan nach Deutschland kommen. Im Streit habe er die 34-Jährige gepackt und fest den Hals zugedrückt. Als Kinder hätten sie oft derart gerangelt. „Doch sie wurde schwer und ging zu Boden.“ In Panik sei er auf die Idee gekommen, die Leiche nach Bayern zu bringen. Sein Bruder habe lediglich geholfen, den Koffer zu transportieren.

Per ICE nach Bayern

Laut Staatsanwaltschaft sollen die beiden 27 und 23 Jahre alten Angeklagten ihre Schwester umgebracht haben, weil sich die zweifache Mutter Moralvorstellungen der afghanischen Familie nicht unterworfen und zudem eine Liebesbeziehung geführt habe. Die Anklage lautet auf gemeinschaftlichen Mord aus niedrigen Beweggründen.

Die Brüder sollen ihre Schwester am 13. Juli 2021 an einem bislang nicht bekannten Ort getötet, deren Leiche in einem Rollkoffer mit einem Taxi zum Bahnhof Berlin-Südkreuz und dann per ICE nach Bayern gebracht haben. Rund drei Wochen später wurde die Leiche - mit Klebeband an Händen und Füßen gefesselt, Mund und Nase mit Klebeband umwickelt - in einem Erdloch in der Nähe des bayrischen Wohnortes des älteren Angeklagten entdeckt.

In der Erklärung des 27-Jährigen hieß es weiter, er habe sich am 13. Juli 2021 mit seiner Schwester getroffen, um für sie und ihre beiden Kinder eine Wohnung zu besorgen. Er habe zuvor noch 400 Euro an die Familie in Afghanistan überwiesen. Sein Ziel seien 5000 Euro gewesen. „Ich wollte unbedingt, dass die ganze Familie hierherkommt.“ Seine Schwester habe das nicht gewollt - „sie meinte, dass ihr die Eltern egal seien, dass sie nicht für uns gesorgt und uns nicht in die Schule geschickt hätten“. Er habe das als „respektlos, ungerecht“ empfunden und sei in Wut geraten.

Kehle durchgeschnitten

Der 27-Jährige erklärte zu der durchgeschnittenen Kehle: „Ich holte den Koffer und habe gesehen, dass es mit dem Kopf nicht passen wird. Ich habe dann einmal am Hals geschnitten.“ Sein Bruder sei kurz danach in die Wohnung gekommen. „Er wollte einen Arzt rufen, ich verbot es.“ Er habe den 23-Jährigen aufgefordert, ihm Klebeband zu geben und ihm zu helfen, den Koffer zu transportieren.

Der Fall hatte eine Debatte um den Begriff „Ehrenmord“ und die gescheiterte Integration von Flüchtlingen ausgelöst. Die Frau und die Brüder waren vor einigen Jahren aus Afghanistan nach Deutschland gekommen. Von ihrem afghanischen Mann hatte sie sich 2018 scheiden lassen. Das Opfer hatte zwei Kinder im Alter von 10 und 14 Jahren. Die Verhandlung wird am 12. September fortgesetzt.

− dpa