„Hat ein Geschmäckle“
Geheime Absprachen zwischen Porsche-Boss und FDP-Chef Lindner? Blume rudert zurück

24.07.2022 | Stand 22.09.2023, 20:50 Uhr

Oliver Blume, Porsche- und bald neuer Volkswagen-Chef −Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Der Chef des Autobauers Porsche, Oliver Blume, hat bestritten, mit FDP-Chef Christian Lindner während der Koalitionsverhandlungen in engem Austausch zum Thema E-Fuels gestanden zu haben.



Er habe bei einer internen Veranstaltung „falsche Worte gewählt“, sagte Blume der „Bild am Sonntag“. Dadurch sei ein „falscher Eindruck“ entstanden. „Das tut mir leid.“

Das ZDF-Satiremagazin „Die Anstalt“ hatte diese Woche Zitate Blumes aus einer Betriebsversammlung im Juni öffentlich gemacht. Blume, der zum 1. September Chef des Volkswagen-Konzerns wird, soll demnach gesagt haben, dass Porsche „sehr großen Anteil“ daran gehabt habe, dass eine weitere Nutzung von synthetisch hergestellten E-Fuels für Verbrennungsmotoren in den Koalitionsvertrag eingeflossen sei. Lindner habe ihn dabei „fast stündlich auf dem Laufenden gehalten“.

Streit um E-Fuels in der Ampel-Koalition

Ende Juni hatte es innerhalb der Ampel-Koalition Streit über ein Verbot für die Neuzulassung von Verbrennerautos ab 2035 auf EU-Ebene gegeben. Lindner hatte die Verbotspläne abgelehnt.

Im Koalitionsvertrag hatten sich SPD, Grüne und FDP im Einklang mit Plänen der EU-Kommission darauf geeinigt, dass ab 2035 nur noch CO2-neutrale Fahrzeuge zugelassen werden sollen. Anders als die Brüsseler Behörde will sich die „Ampel“ aber dafür einsetzen, dass dies kein komplettes Verbot von Verbrennungsmotoren bedeutet: „Nachweisbar nur mit E-Fuels betankbare Fahrzeuge“ sollen auch noch länger neu zugelassen werden können.

Mit Blick auf die Enthüllungen der ZDF-Sendung sagte ein Sprecher der Porsche AG der „Welt am Sonntag“: „Im Rahmen einer internen Veranstaltung im Juni ist überspitzt formuliert worden.“ Blumes Wortwahl habe nicht den Tatsachen entsprochen. „Der Austausch hat so nicht stattgefunden und es gab keine Einflussnahme.“

FDP weist Anschuldigungen zurück

Zuvor wies auch die FDP hat die Darstellung zurück, dass sich Parteichef Christian Lindner in der Frage zum Umgang mit synthetischen Kraftstoffen eng mit dem Chef des Autoherstellers Porsche ausgetauscht habe. Lindners Position zu den sogenannten E-Fuels seit „seit Jahren bekannt“ und stamme noch aus der Zeit der FDP in der Opposition, erklärte ein Parteisprecher am Samstag.

Der FDP-Sprecher teilte am Samstag mit, es habe „im Oktober 2021 lediglich ein kurzes Telefonat zwischen Herrn Blume und Herrn Lindner zu Fragen der Verwendung von E-Fuels“ gegeben. Solche Gespräche hätten auch die übrigen Verhandler der Koalitionspartner geführt, was angesichts der Bedeutung der deutschen Automobilindustrie auch richtig sei. Mit Blick auf Lindners Vorgehen Ende Juni erklärte die FDP, dass es vor dieser Entscheidung „keinerlei Kontakt in der Sache mit Herrn Blume und auch danach keinerlei Versuch einer Einflussnahme auf die lange bestehende Position von Herrn Lindner gegeben“ habe.

Linke und Lobby Control üben Kritik

Die Linke im Bundestag warnte angesichts der Berichte vor einer Gefährdung der Demokratie. „Es kann nicht sein, dass der Porsche-Chef augenscheinlich besser über den Stand der Koalitionsverhandlungen informiert wurde als der Rest der Bevölkerung. Das wäre eine weitere Aushöhlung der Demokratie“, sagte der Parlamentarische Fraktionsgeschäftsführer Jan Korte der „Welt am Sonntag“. „Die Sache hat mindestens ein „Geschmäckle“.

Eine Sprecherin der Transparenz-Organisation Lobby Control, Christina Deckwirth, sagte der Zeitung: „Es ist hochproblematisch, wenn es bei Koalitionsverhandlungen Sonderzugänge für große finanzstarke Konzerne gibt.“ Bei Twitter gab es im Lauf der Woche Tausende Posts mit dem Hashtag „#LindnerRücktritt“, vereinzelt auch mit „PorscheGate“.

dpa/afp