Pfarrkirchen
European Campus Rottal-Inn zieht Semesterfazit: "Unser Konzept geht auf"

07.09.2022 | Stand 20.09.2023, 5:47 Uhr

Sind höchst zufrieden mit der Entwicklung am ECRI: (von links) Hochschulkoordinator Georg Riedl, Dekan Dr. Georg Christian Steckenbauer und Campusleiter Prof. Dr. Horst Kunhardt. −Foto: Schneider

Der European Campus Rottal-Inn entwickelt sich immer mehr zur Erfolgsgeschichte. Wo vor sieben Jahren eine Hochschule auf die grüne Wiese gestellt wurde, blüht nun eine immer breiter aufgestellte Wissenschaftslandschaft auf. Zum Semesterende hat die Heimatzeitung mit den Verantwortlichen darüber gesprochen, was es Neues gibt, wie es im kommenden Semester weitergeht und natürlich, wie der Planungsstand beim Neubau ist.

Sieben Studiengänge gibt es mittlerweile am ECRI und ein achter kommt im nächsten Semester hinzu. "Global Public Health" nennt er sich und wird in Zusammenarbeit mit einer finnischen Universität angeboten. Dazu wächst die Studentenschaft weiter. Fast 5000 Bewerbungen für das Wintersemester sind heuer eingegangen. Das sind 800 mehr als für das Sommersemester 2022. Rund 1300 Studierende wurden zugelassen und 578 haben ihren Studienplatz angenommen. Wenn alle von ihnen auch wirklich erscheinen, wird es im nächsten Semester also über 1000 Studierende in Pfarrkirchen geben. Davon profitiert die Region in vielerlei Hinsicht.

Zunächst bringen sie Wirtschaftskraft in die Region. Im Übrigen vor allem jene aus dem Ausland. "Sie bezahlen hier ihre Wohnung, kaufen ein, müssen sich versichern lassen. Um das finanzieren zu können, arbeiten viele von ihnen neben dem Studium", zählt Campusleiter Prof. Dr. Horst Kunhardt auf. Studierende aus nicht EU-Ländern müssen zudem über 10000 Euro auf einem Sperrkonto hinterlegen, von denen monatlich nur rund 860 Euro abgehoben werden können. Dies soll sicherstellen, dass sie sich das Leben in Deutschland auch leisten können. Denn auf Sozialhilfen haben sie keinen Anspruch.

Zehn Millionen Euro Wirtschaftsleistung

Neben den Studierenden hat der Campus mittlerweile aber auch rund 50 Arbeitsstellen geschaffen. "Wir legen all unseren Mitarbeitern eindringlich nahe, dass sie in die Umgebung ziehen sollen. Wir wollen hier präsent sein und dabei helfen, die Region weiterzuentwickeln", so Kunhardt. Durch Studierende und Mitarbeiter kommen so jährlich gut zehn Millionen Euro Wirtschaftsleistung in die Region.

Außerdem ist eine Hochschule laut Kunhardt auch immer ein Standortfaktor. Für Firmen wird es interessanter sich anzusiedeln, wenn vor Ort Fachkräfte ausgebildet werden und sich Synergien zwischen Forschung und Wirtschaft ergeben. Und dies geschieht bereits in großem Maße. Die Zeilarner Firma Schlagmann Poroton hat eine Stiftungsprofessur am ECRI, es besteht enge Zusammenarbeit mit dem Digitalen Gründerzentrum Rottal-Inn und im vergangenen Semester startete der Studiengang "Building Products and Processes" gemeinsam mit der Firma Lindner in Arnstorf. Dadurch entstehen schon während dem Studium Kontakte in die lokale Wirtschaft.

Kunhardt beschreibt Studierende als "Brückenbauer". Wenn die ausländischen Studierenden zurück in ihre Heimatländer gehen, bleiben die Verbindungen ins Rottal bestehen. Daraus können laut Kunhardt später auch wirtschaftliche Kontakte entstehen. "Wir hatten jetzt die ersten Absolventenjahrgänge. Über alle Studiengänge hinweg bleiben 60 bis 90 Prozent der ausländischen Studierenden hier in Bayern und Deutschland." Das sei exakt das bei der Gründung ausgelobte Ziel gewesen. "Unser Konzept geht auf. Wir tragen damit zur Bekämpfung des Fachkräftemangels in der Region bei."

Doch am ECRI soll nicht nur Fachwissen sondern auch europäische und demokratische Werte vermittelt werden. "Dadurch, dass die Studierenden hier am Campus sind, Deutsch lernen, unsere Kultur kennenlernen und uns wiederum mit ihrer vertraut machen, leisten wir auch wichtige Integrationsarbeit." Hochschulkoordinator Georg Riedl erzählt begeistert von einem Konzert bei dem Israelis und Palästinenser gemeinsam deutsche Weihnachtslieder gespielt haben. "Sowas ist wunderschön zu sehen und wir hoffen, wir können das auch bei russischen und ukrainischen Studierenden wiederholen, damit die Fehler der Vergangenheit nicht nochmals begangen werden."

Soziales Engagement ist den ECRI-Verantwortlichen ebenfalls ein Anliegen. "Wir haben zwar ein Sportangebot, doch die Studierenden sollen auch lokalen Vereinen beitreten. Genauso wollen wir, dass sie sich bei der Feuerwehr oder dem Roten Kreuz engagieren", erklärt Kunhardt. Die Erlöse aus dem diesjährigen Campusfest wurden beispielsweise an die Kinderkrebshilfe gespendet. "Wir wollen gesellschaftlich sichtbar sein. Dann können die Studierenden aus über 80 Nationen zu Botschaftern ihrer Kultur werden."

Studentenwohnheim ein "Ritterschlag"

Unisono loben die ECRI-Verantworlichen dabei die Zusammenarbeit zwischen Campus, Stadt, Landkreis und Freistaat. Dies werde auch bei den Planungen zum Erweiterungsbau sichtbar. "Derzeit werden ständig Absprachen getroffen, welche Bedürfnisse wir haben und wie diese nachhaltig umgesetzt werden können." Der Planungsauftrag sei an das Staatliche Bauamt erteilt, die Mittel vom Freistaat freigegeben worden.

Ein großer Schritt war in diesem Jahr auch die Eröffnung des Studentenwohnheims. "Wenn das Studentenwerk ein Wohnheim baut, das acht Millionen Euro gekostet hat, ist das so etwas wie der Ritterschlag für einen Hochschulstandort", betont Kunhardt.