Landkreis Traunstein
Eine katastrophale Kombination: Schneebruch und Borkenkäfer

22.04.2019 | Stand 19.09.2023, 23:15 Uhr

Das Nadeldach hat sich gelichtet. Förster Helmut Gattinger und Wolfgang Madl begutachten die vielen abgebrochenen Fichten im Trostberger Stadtwald. −Fotos: Frei

"Nach diesem Sommer wird im Forstrevier keine gesunde Fichte mehr stehen." Diese Katastrophennachricht hat ein Forstrevierleiter aus Niederbayern dieser Tage gemeldet. Ähnlich schlimme Verhältnisse befürchten Wolfgang Madl, Abteilungsleiter Forsten des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Traunstein, und Forstrevierleiter Helmut Gattinger auch im nördlichen Landkreis Traunstein. Die Bäume sind von den vergangenen trockenen Jahren, von den heißen Sommern, der üppigen Samenbildung im Herbst und den vielen Stürmen stark geschwächt. Der extreme Schneebruch im Winter und das wieder viel zu trockene, warme Frühjahr bieten jetzt die besten Voraussetzungen für einen Borkenkäferbefall großen Ausmaßes.

Der Siebeneichenforst in der Nähe von Lindach, an der Gemeindegrenze zu Traunreut, ist zu einem Teil im Besitz der Stadt Trostberg. Der Staatliche Förster Gattinger ist für die Bewirtschaftung des Stadtwaldes verantwortlich. Er führt in ein Areal mit reinem Fichtenbestand. Auf dem Boden liegen alle paar Meter abgebrochene Gipfel und Äste, viele Stämme sind gebogen oder gebrochen. Dieses Schlachtfeld hat der schneereiche Winter hinterlassen. Die schweren Schneemassen, in die es auch noch reingeregnet hatte, hätten den Bäumen buchstäblich das Genick gebrochen, sagt Madl.

Im Dienstgebiet des AELF Traunstein seien über 100.000 Festmeter Schadholz durch den Bruch entstanden. Am schlimmsten war es im südlichen Landkreis. "So ein Schneebruch kommt alle 15 Jahr mal vor", berichtet der Forstoberrat. Schlimm sei es aber, wenn dieser Schaden mit der Käferproblematik zusammenfällt. So wie jetzt. "Wenn der Käfer heißhungrig aus dem Winterschlaf erwacht, freut er sich, dass das Buffet angerichtet ist", sagt Madl und deutet auf die vielen abgebrochenen Fichtenteile. Hinzu kommen die anderen Bäume, die von der Trockenheit geschwächt sind. Denn es hat im Januar zwar in kurzer Zeit sehr viel geschneit, das hat aber bei weitem nicht gereicht, um die trockenen Böden zu durchfeuchten. Bereits jetzt, im April, herrsche an südlichen Hängen schon wieder Waldbrandgefahr. Der Waldboden und das alte Laub sind strohtrocken.

Deshalb sei es heuer besonders wichtig, dass die Waldbesitzer schnell handeln. Im Moment seien die Schädlinge dabei, ihre erste Brut anzulegen – aufgrund des warmen Frühjahrs wieder einmal viel früher als noch vor zehn Jahren. Das komplette Schadholz aus dem Wald rauszubringen, ist dieses Jahr aber noch komplizierter als sonst. An einem normalen Käferloch kann man konzentriert arbeiten. Der Schneebruch hat die Bäume aber flächendeckend erwischt. Die Gipfel und Äste liegen überall herum. In manchen Gebieten habe es pro Hektar 90 bis 100 Bäume erwischt, berichtet Forstrevierleiter Helmut Gattinger. "Das heißt, die Käfer fangen überall zu fressen an. Wenn ich einen geschädigten Baum übersehe, freut sich der Käfer."
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