Salzburger Festspiele
Durstig nach Liebe: "Così fan tutte" als Opernglück

08.08.2021 | Stand 21.09.2023, 4:06 Uhr
Hannes S. Macher

Wo endet die Vertraulichkeit unter Freundinnen? Elsa Dreisig als Fiordiligi und Marianne Crebassa als Dorabella in Mozarts Oper "Così fan tutte". −Foto: Salzburger Festspiele/Monika Rittershaus

In inniger Mädchenfreundschaft liegen sich die Schwestern Dorabella und Fiordiligi, die Verlobten von Ferrando und Guglielmo, voll Liebesglück in den Armen. Zärtlich streichen sie sich gegenseitig über die Haare und über die Wangen und kuscheln sich wie zwei unzertrennlich beste Freundinnen aneinander. Eine ästhetische überzeugende und auch erotisch flirrende Szene als reizender Mädelsabend zu zweit, die Regisseur Christof Loy an den Beginn seiner ebenso psychologisch tiefschürfenden und doch ungemein lockeren Inszenierung der Salzburger Festspiele gesetzt hat.

Dazu eine riesige mit zwei weißen Türen versehene, in gleißendes Licht getauchte weiße Wand, die die gesamte Bühnenbreite des Großen Festspielhauses einnimmt. Eine Treppe, auch ganz in Weiß, führt zum Orchestergraben hinunter, und dahinter auf der weißen Spielfläche zwei Paar schwarze Highheels als einzige Requisiten: Minimalismus in schönster Ausprägung, der den Fokus ausschließlich auf die psychologische Komponente von Liebessehnsucht, Liebesenttäuschung und Liebesglück von zwei jungen Paaren lenkt. Eine Inszenierung für alle Opernfreunde, die zeitgemäßes, intelligentes Musiktheater in Perfektion lieben und schätzen.

Cool ist nicht nur das Bühnenbild (von Johannes Leiacker), sondern coole Typen sind sie alle, die, in modisches Schwarz gekleidet, Lorenzo Da Pontes hanebüchenes Libretto ins 21. Jahrhundert transponieren und mit reichlich Witz und Wehmut, vor allem jedoch mit hinreißender Spielfreude hier agieren. Schließlich wollen Fernando und Guglielmo mit Unterstützung des alten Intriganten Don Alfonso die Treue ihrer Verlobten auf die Probe stellen. In einen vermeintlichen Krieg müssen sie ziehen, um hier in knallbunten Klamotten als schnöselige Nachwuchs-Playboys verkleidet zurückzukehren und die von Sehnsucht erfüllten und nach Liebe dürstenden Verlobten des jeweils anderen Partners mit Erfolg zu bezirzen. Zunächst fallen die beiden Frauen bekanntlich auf die Sprüche der Machos rein. Doch nach der Wut über ihre Flirts mit den jeweils falschen Partnern folgt das Happy End: Die echten Verlobten fallen sich in die Arme und Don Alfonso wird davongejagt.

Frisch und munter ist das alles als Wiederaufnahme der Neuinszenierung vom letzten Jahr in Szene gesetzt. Und welch ein Glück, wie die Nürnberger Generalmusikdirektorin Joana Mallwitz mit Vitalität und Feingefühl die mit Hingabe spielenden Wiener Philharmoniker durch Mozarts wunderschöne Musik mit all den hinreißend komponierten Koloraturen, Duetten, Terzetten und Quartetten führt. Grandios.

Doch der große Erfolg dieser mit Ovationen überschütteten Premiere in Salzburg ist nicht zuletzt den fantastischen jungen Sängerinnen und Sängern zu verdanken, die mit prächtigen Stimmen und ungemein witzig und mit ungebändigter Spielfreude agieren: Egal, ob Elsa Dreisig mit ihrem wunderbar geschmeidig geführten Sopran die blonde Fiordiligi oder Marianne Crebassa mit ebenso glasklarer Sopranstimme die schwarzhaarige Dorabella verkörpern, ein Traum junger Nachwuchssängerinnen mit großer Zukunft sind beide. Nicht minder fantastisch in Gesang und Darstellung Andé Schuen als Guglielmo mit warmer Baritonstimme und Bogdan Volkov als Ferrando mit einem feinen Mozart-Tenor. Dazu Lea Desandre als keineswegs kratzbürstige, sondern köstlich schnippische Kammerzofe Despina und Johannes Martin Kränzle in der Rolle des zunehmend hypochondrischer werdenden Intrigen-Strippenziehers Don Alfonso. Zweieinhalb Stunden Opernglück pur.

Hannes S. Macher



Wieder zu am 9., 15. und 19. August, Info und Karten unter 0043/662-8045-500