PNP-Gesundheitsserie
Diese fünf Beschwerden können Arzneitees lindern

Apothekerin Sigrid Billig klärt über die vielfältige Wirkung des Heißgetränks auf

07.03.2021 | Stand 20.09.2023, 23:41 Uhr

Tees können unter anderem zur Entspannung beitragen. −Foto: Pixabay

Tee ist nicht gleich Tee. Worin Unterschiede bestehen und welche Superkräfte darin enthalten sind, erklärt die Ingolstädter Apothekerin Sigrid Billig.



Grob lässt sich die Bandbreite an Tees laut Billig in zwei Kategorien einteilen: Zum einen gibt es "Durstlöscher beziehungsweise Wellnesstees", wozu beispielsweise Früchtetees mit Äpfeln, schwarzer Johannisbeere oder Hibiskusblüten zählen, und zum anderen "Tees mit medizinischer Wirkung". Damit ein Tee als Arzneitee gilt, muss er vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte – wie ein Medikament – zugelassen sein. "Das erkennt der Verbraucher an der Zulassungsnummer, die garantiert, dass der Tee Arzneibuch-Qualität besitzt, also den europäischen Vorgaben bezüglich Identität, Reinheit und Wirkstoffgehalt entspricht." Kräutertees aus Supermärkten oder Drogerien gelten als Lebensmittel, weshalb diese Qualität nicht nachgewiesen werden muss.

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Welchen psychologischen und medizinischen Wert Tees haben, verdeutlicht Billig mit einem Zitat des Dichters und Apothekers Theodor Fontane: "Ruhe, Stille, Sofa und eine Tasse Tee geht über alles." Denn dieses Getränk kann bei verschiedenen Beschwerden Linderung verschaffen. Hier eine Übersicht zu klassischen Anwendungsfeldern von Arzneitees:

1. Tees für einen gesunden Schlaf



Lavendel, in der Fachsprache Lavandula angustifolia, ist die "Arzneipflanze des Jahres" 2020. Das im Lavendel enthaltene ätherische Öl verkürzt laut Billig die Einschlafzeit und verlängert die Schlafdauer . Zudem wirkt es antibakteriell, entzündungshemmend und krampflösend. "Da ätherische Öle leicht flüchtig sind, sollte der Tee beim Ziehen abgedeckt werden und aufgrund der schlechten Wasserlöslichkeit der ätherischen Öle ist die Zugabe von Milch sinnvoll."

2. Tees gegen Husten

Als pflanzliche Alternative bei trockenem Reizhusten können Betroffene auf Eibischwurzel, Isländisch Moos und Malvenblüten beziehungsweise -blätter zurückgreifen. Bei diesen schleimhaltigen Stoffen unterscheidet sich allerdings die Zubereitung von der herkömmlicher Tees, da der Schleim bei hohen Temperaturen zerstört wird: Deswegen wird der zerkleinerte Inhaltsstoff mit kaltem Wasser übergossen und mehrere Stunden in einem abgedeckten Gefäß stehen gelassen. "Da sich eventuell vorhandene Keime in dieser Zeit stark vermehren können, sollten Kaltauszüge immer frisch und nicht auf Vorrat hergestellt werden, zudem empfiehlt sich ein kurzes Erhitzen vor der Einnahme."

Bei unproduktivem Husten empfiehlt Billig zur Erleichterung des Abhustens Thymiankraut, Primel- oder Süßholzwurzel. "Bei Halsentzündung hilft Gurgeln mit Salbeitee und bei Schnupfen bringt eine Inhalation mit Kamillentee Linderung." Anhand dieser Beispiele wird ersichtlich, dass Arzneitees ganz unterschiedlich angewendet werden können – nicht ausschließlich in Form einer Tasse Tee.

3. Tees bei Harnwegsinfekten



"Ein weiterer Bereich, bei dem gerne zu Arzneitees gegriffen wird, sind Harnwegsinfekte." Hier kommen Brennnesselblätter, Goldrutenkraut, Birkenblätter, Schachtelhalmkraut und Bärentraubenblätter zum Einsatz. Bärentraubenblättern enthalten allerdings einen hohen Anteil an Gerbstoffen, deswegen können als Nebenwirkungen bei empfindlichen Personen Reizungen der Magen- und Darmschleimhäute mit Übelkeit und Erbrechen auftreten. Bei längerem unkritischen Gebrauch können Vergiftungserscheinungen wie Erbrechen beobachtet werden. "Deshalb sollte die Anwendung ohne ärztlichen Rat nicht über eine Woche hinaus und höchstens fünfmal im Jahr erfolgen."

4. Tees gegen Blähungen und Bauchkrämpfe



"Zudem möchte ich noch das Gebiet der Verdauung ansprechen: Fenchel, Anis und Kümmel kommen bei Blähungen und Krämpfen häufig zum Einsatz." Auch hier ist eine Besonderheit bei der Teezubereitung zu beachten: Damit sich die volle Wirkung der ätherischen Öle entfalten kann, sollten die Früchte in einem Mörser angestoßen oder zumindest zwischen zwei Löffeln angequetscht werden. Ansonsten gilt dasselbe wie bei den Lavendelblüten: Tasse zum Ziehen abdecken, am besten ein wenig Milch dazugeben. Bei Verdauungsproblemen rät Billig zu bitterstoffhaltigen Stoffen wie Enzianwurzel, Löwenzahn und Tausendgüldenkraut, da sie die Magensaft- und Galleproduktion anregen. "Am hilfreichsten ist in diesem Fall eine Tasse Tee vor dem Essen."

5. Tees bei einem nervösen Magen



Bei einem nervösen Magen empfiehlt Billig Schafgarbe, Süßholzwurzel und Kamille. Diese Stoffe wirken antimikrobiell sowie entzündungshemmend. Allerdings kann eine längere Einnahme von Süßholzwurzel Nebenwirkungen wie Ödembildung, Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen mit sich ziehen. "Dies soll als Beispiel dafür dienen, dass man sich bewusst machen sollte: Wo eine Wirkung, da auch Nebenwirkungen." Der Satz des Paracelsus gelte auch hier: "All Ding sind Gift, nichts ohn’ Gift, allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist."

Billig empfiehlt gerade bei Vorerkrankungen eine enge Absprache mit Ärzten und Apothekern: "Patienten mit fortgeschrittenen Herz- oder Nierenerkrankungen müssen die Flüssigkeitszufuhr einschränken, bei länger anhaltenden Beschwerden sollte ärztlicher Rat eingeholt werden." Auch bei bekannten Magen- und Lebererkrankungen sei vor einer Teekur der Arzt zu konsultieren.