Das Kößlbach-Tal − ein Naturparadies

23.11.2011 | Stand 23.11.2011, 15:34 Uhr

Um es gleich vorwegzunehmen: Die hier vorgeschlagene Kößlbach-Tour ist für Spaziergänger und Familien mit Kleinkindern, die mit dem Kinderwagen ausrücken wollen, nicht geeignet. Dazu ist der Flusspfad − insbesondere im oberen Bereich − größtenteils zu schmal, zu ungesichert und zu anspruchsvoll. Man braucht auf jeden Fall gutes Schuhwerk sowie eine solide Ausdauer. Doch wer sich für eine weitgehend unberührte Naturflusslandschaft mit seltener Fauna und Flora begeistern kann, der wird auf Schritt und Tritt belohnt.

Diese Natur-Tour, unmittelbar entlang des Großen Kößlbaches − der übrigens in der Nähe von Münzkirchen entspringt − bis zum Weiler Kneiding im Herzen des Sauwaldes umfasst eine Strecke von (einfach) knapp sieben Kilometern. Der Einstieg zu diesem Naturerlebnis erfolgt am besten bei der Höllmühle (acht Kilometer von Passau, Bushaltestelle vorhanden) an der Mündung des Kößlbaches in die Donau. Zwar wirkt der Forstweg mit seinen zum Teil morastigen Staunässebereichen und herumliegenden Holzresten auf einen begeisterten Naturwanderer auf Anhieb nicht gerade einladend. Doch wird ihn spontan der geradezu dschungelartige Uferbewuchs dieses dynamischen Flusses, umsäumt von Auen- und Schluchtwäldern, in seinen Bann schlagen. Säulenartig recken sich in dem tief eingeschnittenen Erosionstal zwischen Passau und Linz vor allem Schwarzerlen und Eschen dem Sonnenlicht entgegen. In dieser Baumgesellschaft befinden sich an den Hängen ebenso Bergahorne, Eichen, Linden, Hainbuchen, Rotbuchen, Tannen, Fichten und Ulmen. Besonders das Prachtexemplar eines Baumveteranen − eine fast zur Gänze mit Moos bewachsene Flatterulme an der Einmündung eines Seitenbächleins − verlangt dem Wanderer unweigerlich Respekt ab. Typisch für diese Lichtbaumart, die vornehmlich vereinzelt wächst und ein Alter von 250 Jahren erreichen kann, sind zahlreiche, verzweigte Stockausschläge, die man an diesem Solitär gut beobachten kann.

Wildblumenin voller PrachtWie bereits erwähnt, liegt die Betonung bei einer Wanderung durch dieses Tal auf einem erholsamen Naturgenuss. Stattlich nimmt sich die Liste von Wildblumen aus. Die Frühlingsknotenblume ist im Kößlbach-Tal ebenso heimisch wie etwa die Rote Pestwurz, das Breitblättrige Knabenkraut, das Wilde Silberblatt, der Wald-Geißbart, das Wald-Vergissmeinnicht, der Waldmeister, die Gemeine Kratzdistel, der Rote Fingerhut, das Echte Johanniskraut oder der Gemeine Beinwell. Die Auflistung der botanischen Kostbarkeiten, zu denen auch noch der seltene, bis zu 1,5 Meter hohe Straußfarn zu zählen ist − der ansonsten nur noch im Bayerischen Wald vorkommt −, ist damit längst nicht erschöpft.

Gleiches gilt für die artenreiche Fauna dieses Engtales, in dessen Wildwasser einst sogar die Flussperlmuschel vertreten war. Aus der Sicht des Artenschutzes am herausragendsten ist wohl das Vorkommen der Gelbbauchunke. Dieser kleine Lurch hat bereits seit geraumer Zeit einen Stammplatz auf der "Roten Liste". Hier, in den kleinen Tümpeln im Auenbereich und in den Pfützen des Waldweges, kann er noch überleben.

Auch der Biber hat hier einen optimalen Lebensraum. Ebenso findet der Feuersalamander in diesem Bachtal beste Lebensbedingungen. Auf den aus dem Wasser ragenden, abgeschliffenen Felsen kann man immer wieder die Wasseramsel in ihrer typischen wippenden Bewegung beobachten. Auch der "Edelstein" unter den gefiederten Bewohnern des Kößlbach-Tales, der Eisvogel, soll hier sein Refugium haben. Das allein schon dürfte ein Qualitätssiegel für die Natur dieses Wildflusstales sein.

Falteraller ArtBesonders gut vertreten sind an den Ufern des Kößlbaches die Falter. Häufig zeigt sich in diesem Jahr der Große Schillerfalter. Aber auch der Kleine Fuchs, das Schachbrett, der Zitronenfalter, das Landkärtchen, der Trauermantel, der Schwalbenschwanz und – als besondere Attraktion – die Spanische Flagge fühlen sich in dieser Flussaue sichtlich wohl. Gleiches gilt beispielsweise ebenso für die Blauflügel-Prachtlibelle. Was dagegen den Fischbestand in den glasklaren Fluten anbetrifft, bekommt kurioserweise auch der aufmerksame Wanderer auffallend wenig zu Gesicht.

Nach gut zwei Stunden Fußmarsch auf einer ausgesprochenen Naturerlebnis-Tour kann sich der Wanderer im Gastgarten beim Wirt z’Kneiding an einem (von Mai bis Oktober) im Felsenkeller naturgekühlten Bier oder Most erfrischen und an einer deftigen Innviertler Jause laben. Da der Wirt seine Getränke über die Dorfstraße serviert und das noch viele Jahre für seine Gäste tun will, werden durchfahrende Verkehrsteilnehmer mit dem originellen Verkehrsschild "Wirtwechsel" zu Disziplin angehalten. Damit man sich nach dem Aufstieg im Kößlbach-Tal nicht umsonst auf eine Einkehr im urigen Wirtshaus in den Räumen einer ehemaligen Hammerschmiede freut, nachstehend die Öffnungszeiten: Mittwoch bis Freitag ab 15 Uhr, Samstag ab 13 Uhr, Sonntag und Feiertage ab 10 Uhr. Ehe man gestärkt talwärts den Rückweg antritt, sollte man dem granitenen Kneidinger Kircherl aus dem Jahre 1862 mit einem Panoptikum an Heiligenfiguren einen Besuch abstatten, das der örtliche Kulturverein in Schuss hält.