PNP-Interview
"Begeistert" von der Herzlichkeit in Passau: Zu Gast bei Ottfried Fischer

21.09.2019 | Stand 20.11.2023, 12:38 Uhr

"In den Wirtshäusern, da gibt’s Figuren, da sind wir Kabarettisten armselig dagegen", sagt Ottfried Fischer. Besonders viel gilt dort, wie im Kabarett, einer, der Dinge auf den Punkt bringt. −Foto: dpa

Jesus wusste schon immer den rechten Spruch, findet Ottfried Fischer: "Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen." Das Erinnern, sagt Fischer, sei damit eine "urchristliche Tugend". In seinem neuen Buch, das nächsten Freitag erscheint, erinnert sich Fischer an wichtige Stationen, Episoden, Menschen und Geschichten seines Lebens.

In kurzen Essays, in Gedichten und Anekdoten denkt er nach über die niederbayerische Herkunft, Erfolge, Münchner Zeiten und die Rückkehr nach Passau vor zwei Jahren. Seit Juni 2018 schließlich lebt Ottfried Fischer mit seiner Partnerin Simone Brandlmeier im rollstuhlgerecht umgebauten Haus seiner Großeltern am steilen Hang zwischen Fürstbischöflichem Opernhaus und Stephansdom.

"Heimat ist da, wo dir die Todesanzeigen etwas sagen" heißt sein Buch, und so bringe ich, zu Gast im Hause Fischer, eine PNP mit und schlage sie am Esstisch mit Blick vom Dom bis in die Innstadt von hinten auf. Der Schauspieler, Kabarettist, Schriftsteller und neuerdings Filmproduzent studiert lange. "Naa", sagt er, "da ist kein Bekannter dabei". "Samma froh, dass du keinen kennst", sagt Simone Brandlmeier. Fischer hat davor nie in Passau gelebt, als Kind war er hier oft mehrere Tage bei der Oma. "Wenn ich fernsehe, werde ich immer müde", sagt er und deutet auf die Couch. "Da ist früher mein Bett gestanden."

Herr Fischer, sind Sie zu Hause angekommen in Passau?
Fischer: Ich war wirklich begeistert von der Herzlichkeit der Menschen. Ich bin oft in der Fußgängerzone angesprochen worden: "Schön, dass Sie wieder da sind!" Viele trauen sich mich aber nicht ansprechen. Da sitze ich im Rollstuhl daneben, und die sagen zur Simone: "Kann man mit ihm reden? Dürf’ ma ihn was fragen? Mag er einen Apfel?" Manche überreichen mir auch was Spirituelles - einen Engel und Heiligenbildchen - und sagen zu Simone: "Dass er g’sund bleibt!" Das ist eher lustig. Und lieb gemeint. Und es wird immer ganz genau unterschieden: Für die einen bin ich der Sir Quickly, für die anderen der Benno Berghammer oder der Pfarrer Braun - jeder hat seine Figur, die er in mir sieht. Als ich mal im Dom angerufen habe um zu fragen, ob ich da barrierefreien Zugang habe, haben sie gefragt, ob ich mitzelebrieren möchte.

Den Moment, als er entschied, nach Passau zu ziehen, beschreibt Fischer eindringlich im Kapitel "Im Schatten der Träume". Nach Monaten im Krankenhaus und auf Reha dreht sich der Geist um die Zeit, die noch bleibt im Leben. Später irgendwann, würde er vielleicht ins Haus der Oma ziehen, am Lebensabend. "Glücklich . . . war ich in Passau", fällt ihm ein. Warum eigentlich warten? Als Ottfried Fischer aufwacht, steht Simone Brandlmeier an seinem Bett, da fährt es ihm wie ein Blitz ein und er sagt ihr auf den Kopf zu: "Wir ziehen nach Passau!" Seine Lebensgefährtin sitzt jetzt mit am Tisch und lächelt, als er es erzählt.

Frau Brandlmeier, haben Sie das gleich ernst genommen?
Simone Brandlmeier: Ja. Der Ottfried macht selten Scherze. Ich war schon sehr überrascht. Aber ich hab’s geglaubt.

Herr Fischer, Sie danken Ihrer Partnerin im Buch. Dank ihres Einsatzes könnten Sie ein menschenwürdiges Leben führen in einem eigenen Zuhause . . .
Fischer: Das läuft unter dem Begriff Pflege. Es geht um die vielen Dinge, die tagtäglich zu tun sind und die auch ein Pfleger zu tun hätte. Dass Simone das aufopferungsvoll übernommen hat, ist eine Leistung, die man ganz hoch einschätzen muss und der Grund für tiefe Dankbarkeit meinerseits.

Und wie geht es der Partnerin mit dieser Rolle?
Simone Brandlmeier: Gut! Ich weiß ja nicht seit gestern, dass der Ottfried Parkinson hat, es war absehbar, dass das irgendwann schlechter wird. Ich habe so viele gute Zeiten mit dem Ottfried erlebt - dann abzuhauen, wenn es ihm schlecht geht, das find’ ich nicht in Ordnung. Der Ottfried hat mich auch gefragt, ob ich das möchte, und er hätte auch akzeptiert, wenn ich nein gesagt hätte. Aber da sind wir beide zu katholisch (lacht): Wir bleiben zusammen in guten wie in schlechten Zeiten - auch ohne Trauschein!

•Ab 27. September im Handel, Ullstein, 208 Seiten, 20 Euro
•Am Mittwoch, 16. Oktober, um 20 Uhr stellt Fischer das Werk bei Bücher Pustet in Passau (Nibelungenplatz 1) vor, Helmut Degenhart moderiert, Karten gibt es unter 0851/5608913
•ARD "Brisant" am 25.09., ZDF "Volle Kanne" am 27.09.

Das ungekürzte Interview lesen Sie kostenlos mit PNP Plus und am 21. September im Feuilleton der Passauer Neuen Presse (Online-Kiosk).