Altötting. "Die Pandemie ist beendet" – das war am 2. Dezember auf einem Aushang vor der Praxis des Altöttingers Dr. Hans-Ulrich Mayr, Facharzt für Innere Medizin und Nephrologie, zu lesen. Mayr begründet das damit, dass der Beweis erbracht worden sei, dass es keine Pandemie gibt und der PCR-Test keine Aussagekraft habe. "Und wenn Sie weiter eine Maske tragen, sind Sie selber schuld. Aber bitte nicht in unserer Praxis." Mehrere Altöttinger sind auf den Aushang Mayrs, der für die AfD im Altöttinger Stadtrat sitzt, aufmerksam geworden. Das Landratsamt Altötting hat die Landesärztekammer Bayern und den Ärztlichen Bezirksverband Oberbayern eingeschaltet.
Mayr beteuert jedoch, dass er sich in seiner Praxis an die Vorgaben hält. "Bei dem Aushang handelte es sich um einen Test", sagte er und erklärte, dass er ein Filmteam im Haus gehabt habe, das Aufnahmen für einen Science-Fiction-Film gedreht habe, der nächstes Jahr erscheinen soll. Nur deshalb sei der Zettel an der Tür gehangen. Ergänzend teilte er mit, dass in seiner Praxis die Regeln des Infektionsschutzgesetzes befolgt werden. "In meiner Praxis ist bisher kein Fall von Covid-19-Erkrankung vorgekommen und dies ist auch dem strikten Einhalten der Hygiene-Regeln geschuldet." Keinesfalls wolle er seinen Patienten schaden, die oft nach einer Nierentransplantation oder schweren Herzerkrankungen zu ihm kämen. "Wer sollte auf die Idee kommen, dass ein solchermaßen in der Verantwortung stehender Arzt mit mehr als 40-jähriger Berufserfahrung seine Patienten während einer Pandemie zusätzlich in Gefahr bringt?", fragt er. Nach Informationen unserer Zeitung stellt sich das jedoch anders dar. Seit Wochen soll Mayr dem Personal untersagen, während der Arbeit Mund-Nasen-Bedeckungen zu tragen.
Bezirksverband-Geschäftsführerin Alexandra Wiltsch möchte den Vorfall nach Mayrs Erklärung nicht auf sich beruhen lassen. "Wir werden korrespondieren und die Sache klarstellen." Natürlich habe auch ein Arzt Meinungsfreiheit, aber er muss seinen Beruf richtig ausüben, so Wiltsch. Dazu gehört auch, den anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu beachten. Möglich sei, das Fehlverhalten mit einer Rüge und einer Geldstrafe bis 5000 Euro zu ahnden, in extremeren Fällen könne auch ein Antrag auf ein berufsgerichtliches Verfahren gestellt werden, hier können bis 100000 Euro fällig werden.
Auch das Landratsamt Altötting werde ein Ordnungswidrigkeitsverfahren nach der 9. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung einleiten. Im Verfahren könne Mayr dann seine Begründungen vorbringen, so Pressesprecher Dr. Robert Müller. Eventuell werden Zeugen vernommen. 5000 Euro können auch hier fällig werden. Es handle sich um den ersten so gearteten Fall im Landkreis, so Müller.
In Bayern komme es aber immer häufiger vor, dass Ärzte die Maskenpflicht verweigern, Corona leugnen oder falsche Atteste ausstellen, heißt es aus der Pressestelle der Bayerischen Landesärztekammer. "Auch unter Ärzten gibt es große Kontroversen", sagt Alexandra Wiltsch. Einige seien sich sicher, dass Corona keine schwerwiegenden Folgen habe. Im Bezirksverband setze man in solchen Fällen vorrangig auf Gespräche, denn "uns ist es wichtig, dass sich der Arzt korrekt verhält".
Mayrs Ablehnung gegenüber dem Tragen von Masken wird auch in seinem Internetblog deutlich. Dort kritisiert er die Pflicht dazu, bezeichnet sie als "Maskentheater". Dazu trägt er selbst keine Mund-Nasen-Bedeckung. Er habe ein Attest, das ihn von der Maskenpflicht befreie, da er an einer Lungenerkrankung leide, erklärt er. Das führte am Donnerstag auch zu einem Streit im Altöttinger Alten- und Pflegeheim St. Klara und schließlich zu einer Anzeige bei der Polizei Altötting.
Von einer Allgemeinärztin sei Mayr am Donnerstag in das Heim gerufen worden – so schreibt er es in der Anzeige, die der Heimatzeitung vorliegt. Zwei Patientinnen sollten untersucht werden. Mayr habe die Maske aufgrund gesundheitlicher Probleme im Zimmer der ersten Patientin abgesetzt, was Heimleiter Georg Sigl-Lehner mitbekam. Er verwies Mayr des Hauses. Die zweite Patientin, die laut Mayr schwer krank sei, habe er nicht mehr untersuchen können. Mayr zeigte Sigl-Lehner an. Die Vorwürfe: versuchte Körperverletzung und Behinderung in der Ausübung einer dringenden ärztlichen Tätigkeit und Misshandlung – da sich der Gesundheitszustand der Bewohnerin möglicherweise ohne seine Behandlung lebensbedrohlich verschlechtern könne. Aufgrund der Mehrkosten, die durch eine spätere Behandlung entstehen können, wirft er dem Heimleiter Veruntreuung vor. Bettina Rieger, caritativ-pädagogischer Vorstand der Jacob-Friedrich-Bussereau-Stiftung, zu der das Klaraheim gehört, bestätigte den Vorfall und dass Georg Sigl-Lehner, der auch Präsident der Vereinigung der Pflegenden in Bayern ist, das Tragen von Masken durchsetzen wollte. Weiter wolle man sich derzeit nicht äußern.
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