Hauzenberg
Netz der Bürokratie und fehlender Mut als Hemmschuhe

Hürden, Chancen und Möglichkeiten der Digitalisierung in der Verwaltung sind Themen einer Gesprächsrunde im SWS-Campus Hauzenberg

02.06.2023 | Stand 15.09.2023, 21:59 Uhr

Über Probleme und Chancen der Digitalisierung diskutierten (v.l.) Prof. Dr. Thomas Meuche (Hochschule Hof), Bürgermeisterin Gudrun Donaubauer, FDP-Landtagsabgeordneter Alexander Muthmann, Emanuel Graf (Produktmanager ACP IT Solutions AG) und Lothar Fesl (Vorstand ACP IT Solutions AG). −Foto: Nick Kelldorfner

Deutschland hinkt im internationalen Vergleich weit hinterher, wenn es um Digitalisierung in Behörden und bei Verwaltungsprozessen geht. Dies ist auch bei einer Gesprächsrunde deutlich geworden, zu der Landtagsabgeordneter Alexander Muthmann im Namen der FDP-Fraktion in den SWS-Campus nach Hauzenberg eingeladen hatte.

Am Ende waren sich laut einer Pressemitteilung des Abgeordneten alle im Raum einig: Die Digitalisierung beginnt – dem Motto des Abends entsprechend – tatsächlich im Kopf und nicht im Rechner. Es gibt viele Hürden und Fallstricke und dennoch viele Chancen und Möglichkeiten, digital durchzustarten.

Nach dem Impulsvortrag von Prof. Dr. Thomas Meuche, dem Leiter des Kompetenzzentrums Digitale Verwaltung an der Hochschule Hof, diskutierte Muthmann mit Bürgermeisterin Gudrun Donaubauer, Lothar Fesl, Vorstand der ACP IT Solutions AG, und ACP-Produktmanager Emanuel Graf. Gemeinsam stellten sie fest: „Wir tun uns verdammt schwer, etwas zu verändern“.

Weit entfernt von einheitlicher, deutschlandweiter Cloud

Ursachen dafür gibt es viele, wie Meuche eingangs anführte. „Wenn die Daten schlecht sind, funktioniert das beste System nicht“, betonte er. Während andere Länder ihre Datensätze zentralisiert und auf Stand gebracht hätten, gäbe es in Deutschland viele einzelne Lösungen. „Und der Freistaat Bayern macht zudem immer gern das Gegenteil von allen anderen.“ Von einer einheitlichen, deutschlandweiten Cloud, auf die bei Bedarf alle Behörden und die Bürger zugreifen könnten, sei man meilenweit entfernt. Zudem verhinderten eingefahrene Prozesse, fehlender Mut auch zum Fehlermachen und nicht klar definierte Ziele eine Modernisierung.

„Und wenn die Führung nicht dahintersteht, kann das Team das nicht schaffen“, schilderten Fesl und Graf. Mit ACP entwickeln sie Alles-aus-einer-Hand-Lösungen nicht nur für internationale Kunden wie die US-Regierung, sondern auch für diverse Landkreise und Stadtverwaltungen. Eine davon ist die Stadt Hauzenberg, die aus der Corona-Not eine Tugend gemacht hat und ein virtuelles Bürgerbüro eingerichtet hat.

„Ich finde dieses Thema wichtig, habe dafür die richtigen Mitarbeitenden in der Verwaltung, die dafür auch die nötige Zeit bekommen“, schilderte Donaubauer. „Denn Digitalisierung darf kein Nebenbei-Thema sein.“ Und so hat sie in Hauzenberg als einer von wenigen Kommunen in Bayern auch eine hybride Stadtratssitzung eingeführt. Die Mitglieder können sich bei Bedarf digital zuschalten.

„Eine Chefin, die dieses Thema interessiert und die ihre Mannschaft machen lässt“, fasste Muthmann zusammen. Ein Ansatz, der auch Graf gefiel: „Ich würde mir wünschen, dass Dinge, die einfach umzusetzen sind, von den Vorgesetzten bis zu jedem einzelnen Mitarbeitenden schnell angegangen und realisiert werden“.

Meuche sagte, es sei vor allem wichtig, das Ziel klar zu definieren und sich nicht lange mit der Ist-Analyse aufzuhalten. „Und man sollte bei Prozessen beginnen, die bei den Mitarbeitenden den größten Frust verursachen und von der Freude über schnelle Ergebnisse abgelöst werden.“

Fachkräftemangel verschärft die Situation

Außer der immer größer werden Lücke im internationalen Vergleich im Bereich der Digitalisierung bereitet Muthmann vor allem die demografische Entwicklung Sorgen. „Von den 400.000 Beamten des Freistaats Bayern gehen in den nächsten Jahren 60.000 in Ruhestand“, rechnete er vor. Und schon jetzt seien wegen des Fachkräftemangels und der vielen lukrativen Jobs in der freien Wirtschaft viele Stellen schwer zu besetzen. „Deswegen geht es nicht darum, für eine Modernisierung beziehungsweise Digitalisierung immer neue Posten zu schaffen. Die Frage muss vielmehr sein: Wie können wir staatliche Prozesse vereinfachen und Arbeit sparen?“

Dafür braucht es vor allem Mut zur Veränderung, auch was den Datenschutz anbelangt. „Wir müssen erkennen, dass es den 100-prozentigen Schutz nicht gibt. Wir können lediglich die Systeme immer weiter verbessern und damit das Risiko minimieren“, stellte Donaubauer klar.

Für ihr Schlusswort erntete die Hauzenberger Rathauschefin laut der Pressemitteilung große Zustimmung aus der Runde, die sich am Ende einig war: Digitalisierung kann mit einfachen, schnellen Wegen beginnen und auch in kleinen Schritten zu Erfolgen führen. Die Runde in Hauzenberg hat gezeigt: Es gibt Auswege aus dem Netz der Bürokratie für die Digitalisierung.

− red