Bischofsreut
Ein Wolf in Siedlungsnähe?

Anwohner Florian Haidl berichtet von Sichtung rund 150 Meter von Ortsrand entfernt

01.06.2023 | Stand 16.09.2023, 21:10 Uhr

Der Wanderweg am Ortsrand von Bischofsreut ist beliebt, auch Traudi Kölbl (r.) geht hier mit ihrem Hund Paco oft eine Runde, genau wie ihre Freunden Silke und deren Partner Manfred – Florian Haidl (l.) hat im Unterholz (links) vor einer Woche einen Wolf gesehen. −Fotos: Löw

Dass es ein Wolf war, den er da im Unterholz gesehen hat als er in der vergangenen Woche Brennholz durch den Wald transportierte, das steht für Florian Haidl fest. So perplex sei er gewesen, dass er gar nicht dran gedacht habe, das Handy zu zücken und ein Foto von dem Tier zu machen. Ein paar Hundert Meter entfernt vom Haus seiner Eltern Am Weberberg bzw. von weiteren Wohnhäusern am Ortsrand von Bischofsreut war das. Jetzt will der 20-Jährige über seine Sichtung informieren, „damit sich die Anwohner und Spaziergänger bewusst sind, dass der Wolf auch bei uns herumstreunt“, sagt Haidl.



Es war kein Hund, den er da gesehen hat, das sei ohne Zweifel. Nach der Sichtung hatte Florian seinem Vater von dem Tier erzählt. Im Internet haben sie recherchiert – „auch nach diesen Fotos kann ich definitiv ausschließen, dass es ein Hund war“, ist der junge Mann überzeugt.

„Nicht überprüfbarer Hinweis“

Allerdings: „Der Fall stellt auf der Grundlage des standardisierten Monitorings einen nicht überprüfbaren Hinweis dar und ist für das Monitoring nicht weiter verwertbar“, heißt es von Seiten des zuständigen Landesamtes für Umweltschutz (LfU), wo solche Hinweise gesammelt werden. Hier ist man verständlicherweise auf nachvollziehbare Belege für eine Wolfssichtung angewiesen, um in irgendeiner Weise aktiv zu werden.

Auf Anfrage schreibt das Amt, dass der Wolf von Natur aus vorsichtig sei und dem Menschen ausweiche. Ansonsten verweist die Pressestelle darauf, dass Hinweise zu Wolf, Luchs und Bär ansonsten an das Bayerische Landesamt für Umwelt, Fachstelle Große Beutegreifer (fachstelle-gb@lfu.bayern.de) zu melden seien. Weitere Hinweise zum Vorgehen bietet zudem die Internetseite https://www.lfu.bayern.de/natur/wildtiermanagement_grosse_beutegreifer/hinweise_melden/index.htm.

Aber zurück zum Fall beim Anwesen Am Weberberg. Die Anwohner, die mittlerweile über die Familie Haidl von dem möglichen Wolf in der Umgebung erfahren haben, sind verunsichert. Der Vorfall war am vergangenen Dienstag am späten Nachmittag. Florian Haidl transportierte mit dem Bulldog über einen Feldweg am Ortsrand von Bischofsreut das Brennholz auf dem sog. „Betonplattenweg“. Von seinem Elternhaus zum Haus seines Onkels sei der mit zwei Spuren befestigte Feld- und Wanderweg quasi die kurze Verbindung zwischen den verstreuten Häusern von Bischofsreut. Und dabei entdeckte der junge Mann dann den Wolf im Unterholz.

In der Gegend direkt an der Grenze zum Nationalpark Sumava mit bekannter Wolfspopulation ist man bei den Anwohnern nun nicht begeistert. Mit seinen Nachbarn Traudi Kölbl, Silke Grimbs und deren Lebenspartner schildert Florian die Bedenken – gerade von Spaziergängern mit Hunden. Auch Haidmühles Bürgermeister Heinz Scheibenzuber ist informiert – und hat schon reagiert: Auf seine Bitte hin wird die Wald- und Wiesengruppe des Bischofsreuter Kneipp-Kindergartens laut Leiterin Lucia Madl das Waldspielgelände bis auf Weiteres erst einmal nicht mehr nutzen. „Das ist zwar nicht optimal, aber wir haben für die Gruppe ja noch ein weiteres Gelände bei der Hütte, also halten sich die Einschränkungen in Grenzen“, sagt Madl. Letztendlich müsse man halt abwarten, ob man weitere Beobachtungen macht, die dann auch dokumentiert werden können. Sicherheit gehe gerade bei Kindern vor.

Wobei in Sachen Sicherheit zumindest das LfU sagt: „Seit dem erneuten Vorkommen von Wölfen in Bayern (2006) sowie im gesamten Bundesgebiet (1996) gab es keinen Angriff auf Menschen durch Wölfe.“


Ein Video finden Sie unter www.pnp.de

VERHALTENSTIPPS

Laut LfU reagiert der Wolf auf den Anblick von Menschen vorsichtig, aber er ergreift nicht immer sofort die Flucht. Oft zieht sich das Tier langsam und gelassen zurück. Falls doch eine Begegnung stattfinden sollte, sind folgende Regeln zu beachten:

• Haben Sie Respekt vor dem Tier.

•Laufen Sie nicht weg. Wenn Sie mehr Abstand möchten, ziehen Sie sich langsam zurück.

•Falls Sie einen Hund dabeihaben, sollten Sie diesen in jedem Fall anleinen und nahe bei sich behalten.

• Wenn Ihnen der Wolf zu nahe erscheint, machen Sie auf sich aufmerksam. Sprechen Sie laut, gestikulieren Sie oder machen Sie sich anderweitig deutlich bemerkbar.

• Laufen Sie dem Wolf nicht hinterher.

• Füttern Sie niemals Wölfe - die Tiere lernen sonst sehr schnell, menschliche Anwesenheit mit Futter zu verbinden und suchen dann eventuell aktiv die Nähe von Menschen.

HINTERGRUND

Derzeit leben nach Zahlen des LfU in Europa zwischen 15000 und 20000 Wölfe. In Deutschland leben seit 1996 wieder Wölfe, im Jahr 2000 konnte das erste Mal Reproduktion nachgewiesen werden, so die Information auf der Homepage. Die in Deutschland beheimateten Wölfe entstammen größtenteils der Zentraleuropäischen Tieflandpopulation. Hin und wieder werden jedoch im Süden Deutschlands abwandernde Wölfe aus der Alpenpopulation nachgewiesen.

Gezählt werden können die Territorien und wie diese besetzt sind. Im Monitoringjahr 2019/20 wurden 128 Rudel, 35 Paare und 10 territoriale Einzeltiere in Deutschland nachgewiesen.

Auf der Suche nach einem geeigneten Territorium können gerade junge Rüden sehr weite Strecken wandern und so jederzeit überall in Bayern auftauchen. Findet sich ein geeignetes Territorium, so kann sich eine Wolf dauerhaft ansiedeln.