„Next in Jazz“-Konzert im Stadtsaal
Die Jugend hat bei der Jazzwoche Burghausen den letzten Ton

27.03.2023 | Stand 17.09.2023, 0:23 Uhr
Rainer Wetzl

Nach dem Auftritt des Landes-Jugendjazzorchesters war dem Publikum im Burghauser Stadtsaal eines klar: Um den bayerischen Musiknachwuchs muss man sich keine Gedanken machen. −Foto: Wetzl

Wenn die großen Stars abgezogen sind, schlägt die Stunde der Jugend. Mit erfrischender Spielfreude und abseits der gängigen Jazzpfade ist das Schlusskonzert der Burghauser Jazzwoche seit Jahren eine etablierte Hommage an die Zukunft. Drei Gruppen hat die IG Jazz am Sonntagnachmittag unter dem Motto „Next in Jazz“ in den Stadtsaal eingeladen und die hätten kaum unterschiedlicher sein können. Geboten wurde eine hoch interessante Mischung, die von symphonisch durchkomponierten Werken bis hin zu fulminanten Klangclustern reichte.

Die größte Begeisterung kam beim Publikum gleich zu Beginn mit dem erstmals in Burghausen auftretenden Landes-Jugendjazzorchester auf. Ihr Leiter Harald Rüschenbaum lieferte mit 30 Nachwuchsmusikern im Alter von 16 bis 25 Jahren einen Bigband-Sound, der so richtig zum Mitswingen animierte. Hier spielten die besten Jungjazzer des Landes, die sich viermal im Jahr zum Proben treffen. Da jagte eine Soloeinlage die nächste und die Zuhörer im zu drei Viertel gefüllten Saal kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus.

Neben den Instrumentalisten glänzten die fünf Sängerinnen und zwei Sänger, vor allem wenn sie a cappella schwierige Dissonanzen fein intonierten oder im Zusammenspiel mit der Band bei „You Make Me Very Happy“ einen mächtigen Sound schufen. Ja, da waren die Zuhörer glücklich.

In eine ganz andere Richtung führte Sängerin Maike Küster und ihre Band „Wir hatten was mit Björn“ dann das Publikum. Das Quartett mit drei Frauen hatte sich nach dem Studium in Essen vor acht Jahren bewusst diesen provokanten Namen gegeben, um darauf aufmerksam zu machen, wie männerbetont der Jazz noch immer ist. Posaune, Synthesizer und der Gesang prägen den Sound. Vor allem der Gesang. Er weckt Assoziationen an indische Tempelmusik, gleicht einer orientalischen Elegie ohne Ende. Mal empfindsam wie eine Biene an einer Blüte, danach wie ein Schrei einer aufgewühlten Seele – Maike Küster singt voller Leidenschaft und Empathie.

Für die meisten im Publikum ist dieses Hörerlebnis gewöhnungsbedürftig, der Beifall wird verhaltener. Und die Band setzt auch keine Kontraste, es fehlt ein wenig die Abwechslung. Doch unterm Strich war es ein unvergleichlich interessanter Vortrag, eine Synthese von Jazz und Orient. Und wer weiß – vielleicht gibt es davon in der Zukunft mehr.

Einen atemberaubenden Schlusspunkt der Jazzwoche setzte dann Daniel Manrique Smith mit der vierköpfigen Formation Jin Jim. Das heißt ganz original stand das Quartett nicht auf der Bühne. Der Schlagzeuger war krankheitsbedingt ausgefallen, innerhalb von zwei Tagen musste Ersatz gefunden werden. Lukas Mantel aus Zürich sprang kurzfristig ein, für Proben blieb praktisch keine Zeit mehr. Und da spielen diese Musiker extrem schwierig aufeinander abzustimmende Stücke, bei denen sich Schlagzeug und Flötist Smith im Wechselspiel die musikalischen Bälle zuwerfen. Und die waren erster Güte.

Mit einer Querflöte Rhythmen schlagen wie auf einer Trommel, das kann vermutlich keiner so hervorragend wir der aus Peru stammende Smith. Und dazu bringt er ungewohnte Tonmodulationen hervor und reizt die technischen Möglichkeiten des Instruments bis an bisher Ungehörtes aus. Auch der Bassist und Gitarrist sind ausgeprägte Spielerpersönlichkeiten. Heraus kommt eine Musik, die ungemein vielfältig ist, von leisen Tönen zu rockigen Clustern wechselt, die einen mitreißt. Auch das Publikum ist am Ende wieder in Bewegung gekommen – ein würdiges Ende der 52. Internationalen Jazzwoche Burghausen.

Rainer Wetzl