Landau
Landauer steht nach Weinfest in Handschellen da – vorm Gericht gibt‘s eine Geldstrafe

20-Jähriger beleidigt Polizisten auf Streife – Amtsgericht verurteilt ihn zu einer Geldstrafe von 1600 Euro

27.01.2023 | Stand 27.01.2023, 16:50 Uhr

−Symbolfoto: Archiv hem

Von Madeleine Klee

Das Feiern hat für einen 20-jährigen Landauer im Mai vergangenen Jahres in Handschellen geendet. Nach dem Weinfest in der Bergstadt soll der junge Mann eine Polizeistreife beleidigt haben. Und als er sich bei der anschließenden Kontrolle nicht ausweisen wollte, wollte er auch nicht mit auf die Dienststelle zur Identitätsprüfung. Als sich die Situation immer mehr aufheizte, haben ihm die Beamten Handschellen anlegen müssen. Deswegen hatte sich der Landauer vor dem Amtsgericht wegen Beleidigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte verantworten.

Die Feierlaune war bei vielen jungen Menschen offensichtlich noch groß nach dem Landauer Weinfest 2022. Deshalb traf eine Polizeistreife auf etwa 30 Feierwütige, die am Marienplatz vor einer Bar rauchten, fröhlich sangen und sich unterhielten. Weil sie um Auskunft gebeten wurden, verweilten die Beamten kurz vor Ort. „Da kam er auf mich zu und sagte: ‚Ich möchte gerne wissen, wie es den Bullen so geht“, sagte einer der Beamten vor Gericht aus. „Wem?“, erzählte er Richter Florian Grotz, wolle er ihm geantwortet haben. Woraufhin der Beschuldigte nochmals betont haben soll: „den Bullen.“ Er habe ihn dann weggeschickt. Aber auch das half offensichtlich nichts. Als die Beamten weiter marschierten, soll der Angeklagte ihnen unter anderem noch „ACAB“ und „Scheißbullen“ hinterhergerufen haben, wie auch die anderen Polizisten vor Gericht aussagten. Daraufhin haben die Beamten den Ausweis des Mannes sehen wollen, um eben Anzeige erstatten zu können.

Der 20-Jährige will niemanden beleidigt haben

„Das habe ich nicht eingesehen, weil ich nichts gemacht habe“, erklärte der Beschuldigte dem Richter. Er habe den Polizisten lediglich gefragt, wie es ihm gehe und auch die anderen Beamten habe er nicht beleidigt, wie er beteuerte. Das sei eine andere Gruppe von Jugendlichen gewesen. „Und dann sind die einfach auf mich los, als ich meinen Ausweis nicht hergeben wollte.“ Er habe daraufhin seine Arme angespannt, damit ihn die Beamten nicht gleich fesseln haben können. „Ich hab’ dann aber bald wieder locker gelassen, weil ich gemerkt habe, dass das eh nichts bringt.“ Dieser „passive Widerstand“, wie ihn Richter Grotz nannte, ist auch so in dem Video der Bodycam des Polizisten zu sehen, das vor Gericht gezeigt wurde.

„Außerdem haben die meine Uhr kaputt gemacht“, behauptete der Angeklagte. Weil der Beamte für den Schaden nicht persönlich aufkommen habe wollen, sei er so wütend geworden, dass er sie selbst gegen den Boden geworfen und sie so zerschmettert habe.

Ein ehemaliger Freund des Angeklagten, der auch am besagten Abend dabei war, war auch als Zeuge geladen. Er bestätigte die Geschichte des Beschuldigten, dass ein anderer Jugendlicher die Polizisten beleidigt haben soll. Als Richter Florian Grotz etwas genauer nachhakte, konnte sich der Zeuge allerdings an viele Details nicht mehr erinnern. Außerdem widersprach die Aussage vor Gericht auch teilweise dem, was er damals bei der Vernehmung gesagt hatte.

Weil der Angeklagte zum Tatzeitpunkt 19 Jahre alt war, war auch die Jugendgerichtshilfe geladen. Sie empfahl – falls es zu einer Verurteilung komme – eine Strafe nach Jugendstrafrecht. Der Angeklagte habe keinen Schulabschluss, zwei Ausbildungen zwar angefangen, aber nicht beendet. Außerdem wohne er derzeit bei den Eltern. Deswegen seien Reifeverzögerungen bei dem jungen Mann nicht auszuschließen.

Behauptung sei völlig unrealistisch

Staatsanwältin Anna Maria Barthel glaubte dem Angeklagten nicht. Dass man einen Polizisten im Dienst einfach so fragt, wie es ihm geht, sei völlig unrealistisch und eine „reine Schutzbehauptung“. Dagegen kam ihr die Aussage des Polizisten schon deutlich glaubwürdiger vor, wie sie in ihrem Plädoyer betonte. „Die Polizisten machen einfach ihren Job und müssen sich nicht dabei beleidigen lassen“, stellte sie klar. Sie forderte eine Geldauflage nach Jugendstrafrecht von 1600 Euro und zwei Freizeitarreste.

Rechtsanwalt Christian Ginzel sah den Sachverhalt alles andere als klar, wie er betonte. Es hätte genau so gut sein können, dass andere Jugendliche die Beamten beleidigt hätten. Er zweifelte daran, dass man, nachdem man gerade mal ein bis zwei Sätze miteinander gesprochen habe, jemanden nur an der Stimme aus einer Ansammlung von Menschen heraus hören könne. „Mich überzeugt das nicht.“ Den passiven Widerstand habe sein Mandant zugegeben, der sich aber auch, wie er hervorhob, im unteren Bereich bewege. Bezüglich der Beleidigung sei sein Mandant allerdings freizusprechen, forderte er.

Richter Florian Grotz und die Schöffenrichter waren offensichtlich anderer Meinung. So wurde der junge Mann schuldig gesprochen und zu einer Geldstrafe von 1600 Euro – einem Monatslohn – verurteilt, die er in Raten an den Förderverein des Mutter-Kind-Hauses Landau zu zahlen hat. Als Vollzugsleiter der Landauer Jugendarrestanstalt fand es der Richter nicht sinnvoll, den Angeklagten zu einem weiteren Arrest zu verurteilen. Schließlich habe er schon drei Vorstrafen wegen Körperverletzung, Drogenhandel und Diebstahl, woraufhin er schon einige Male Jugendarrest absitzen habe müssen. „Offensichtlich ohne Erfolg“, sagte der Richter mit Hinblick auf die aktuelle Straftat. Deshalb habe er sich für die höhere Geldstrafe entschieden, um so auf den jungen Mann noch einwirken zu können, erklärte er bei der Urteilsverkündung. Das Jugendstrafrecht fand Anwendung, weil auch der Richter Reifeverzögerungen beim Angeklagten feststellen konnte. „Wer aus Trotz seine eigene Uhr zerstört, verhält sich eher wie ein Jugendlicher“, betonte er.

Er sei durchaus der Meinung, dass der Polizist wegen des vorherigen Gesprächs den Angeklagten wiedererkannt habe und auch sonst fand er die Aussagen der Beamten glaubwürdig. Im Gegensatz zu dem, was der Bekannte des Beschuldigen vor Gericht sagte. Außerdem sei es „komisch“, einfach so einen Polizisten nach dem Befinden zu fragen. Da mache die Aussage des Beamten schon mehr Sinn. Richter Grotz ist sicher: „Sie wollten ihn einfach provozieren.“